Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagerücknahme bei Säumnis einer Partei. Terminsgebühr. Abgrenzung Nr. 3104 und Nr. 3105 VV RVG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rücknahme der Klage in einem Gerichtstermin in dem eine Partei (Gegenseite) nicht erschienen ist, begründet eine 1,2-fache Terminsgebühr.

 

Normenkette

VV RVG Nrn. 3104-3105; RVG § 55

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Beschluss vom 24.06.2010; Aktenzeichen 3 Ca 196/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 24. Juni 2010 – 3 Ca 196/10 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung des im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe der Klägerin im ersten Rechtszug beigeordneten Rechtsanwalts D. J. wird auf EUR 791,11 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Arbeitsgerichts, mit der die Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG des Arbeitsgerichts Ulm vom 24. Juni 2010 zurückgewiesen wurde.

Im Ausgangsverfahren machte die Klägerin die Unwirksamkeit einer Kündigung vom 20. April 2010 geltend. Nachdem die Beklagte gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Fax vom 15. Juni 2010 erklärt hat, dass sie aus der streitgegenständlichen Kündigung keine Rechte mehr herleitet und die Klägerin aufgefordert wurde, die Arbeit nach Wiedergenesung wieder aufzunehmen, ist zu dem auf den folgenden Tag, Mittwoch, dem 16. Juni 2010 anberaumten Gütetermin beim Arbeitsgericht Ulm lediglich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erschienen. Das Gericht hat ausweislich des Protokolls dem Klägervertreter die Abschriften des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 15. Juni 2010 übergeben und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierauf Klagrücknahme erklärt. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin mit Beschluss vom 17. Juni 2010 rückwirkend zum 14. Mai 2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und die Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigte beigeordnet.

Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 24. Juni 2010 hat das Arbeitsgericht Ulm die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf EUR 589,52 festgesetzt. In diese Berechnung hat das Arbeitsgericht, ausgehend von einem festgesetzten Gegenstandswert in Höhe von EUR 9.380,28, eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG in Höhe von EUR 340,60 und eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV RVG in Höhe von EUR 121,00 eingestellt. Darüber hinaus die Pauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von EUR 20,00 sowie Reisekosten und Tagegelder in Höhe von insgesamt EUR 39,80. Auf den sich ergebenden rechnerischen Wert von EUR 495,40 wurde dann nach Nr. 7008 VV RVG die Umsatzsteuer in Höhe von EUR 94,12 (richtigerweise: EUR 94,13) hinzugerechnet. In seinem Vergütungsantrag vom 21. Juni 2010 hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin demgegenüber eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG in Höhe von EUR 290,40 geltend gemacht.

Gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 24. Juni 2010 haben die Beschwerdeführer mit am 28. Juni 2010 beim Arbeitsgericht Ulm eingegangenem Schriftsatz Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 8. Juli 2010 hat der Vorsitzende die Erinnerung zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer mit am 15. Juli 2010 beim Arbeitsgericht Ulm eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und die Verletzung materiellen Rechts gerügt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. Juli 2010 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Verfügung vom 19. Juli 2010 haben die Beteiligten Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis 30. Juli 2010 erhalten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach dem Wert der Beschwer (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG) statthafte Beschwerde gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 8. Juli 2010, mit der die Erinnerung der Beschwerdeführer gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 24. Juni 2010 zurückgewiesen wurde, ist begründet. Dies führt zur Abänderung des angefochtenen Vergütungsfestsetzungsbeschlusses und zur Neufestsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung des Beschwerdeführers auf EUR 791,11.

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 8. Juli 2010 über ihre Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 24. Juni 2010 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt vorliegend EUR 201,12 und übersteigt damit den nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG vorgesehenen Beschwerdewert von EUR 200,00. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 8. Juli 2010 ist auch innerhalb der Beschwerdefrist von zwei Wochen nach § 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden. Insoweit ist unerheblich, dass der Beschluss vom 8. Juli 2010 weder eine Rechtsmittelbelehrung enthält noch förmlich zugestellt wurde, denn die Beschwerde ist bereits am 15. Juli 2010 und damit auf alle Fälle rechtzeitig beim Arbeitsgericht Ulm ein...

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