1 Leitsatz

Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf dem Nachbargrundstück betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anders lautender Vereinbarungen grundsätzlich keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, soweit auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss.

2 Normenkette

§§ 133, 157, 242, 535, 536, 906 BGB

3 Das Problem

Müssen Anwohner Lärmbelästigungen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen, gilt dies nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur für Eigentümer, sondern auch für Mieter. Mangels einer ausdrücklichen Vereinbarung kann nicht davon ausgegangen werden, die Mietvertragsparteien hätten einen bei Vertragsabschluss vorgefundenen Wohnstandard zumindest stillschweigend dahin festlegen wollen, dass sich dieser Zustand in Bezug auf Umwelteinflüsse (z. B. Lärm) über die Dauer des Mietverhältnisses hinweg nicht nachteilig verändern darf und der Vermieter seinen Fortbestand jedenfalls im Wesentlichen garantiert. Bei Fehlen von ausdrücklichen Vereinbarungen im Mietvertrag muss der Vermieter, der nicht selbst Eigentümer oder Bauherr der Baustelle auf dem Nachbargrundstück ist, nicht dafür einstehen, dass sich ein bei Vertragsabschluss bestehendes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert.

4 Die Entscheidung

In dem vom AG Schöneberg entschiedenen Fall ging es um eine von einem Dritten betriebene Großbaustelle zur Errichtung einer vierstöckigen Wohnungseigentumsanlage mit Tiefgarage. Da die Baustelle ordnungsgemäß, d. h. unter Einhaltung sämtlicher behördlicher Auflagen betrieben wurde und auch die Ruhezeiten eingehalten worden sind, konnte sich der Vermieter mangels eigener Abwehrmöglichkeiten auf einen Ausschluss des Minderungsrechts des Mieters berufen. Dem Vermieter, der weder Eigentümer noch Bauherr auf dem Nachbargrundstück ist, kann nämlich nicht einseitig das Risiko einer lärmintensiven Nutzungsänderung auf dem Nachbargrundstück zugewiesen werden. Ferner genügt das Beschreiben nur allgemeiner Baugeräusche wie Hämmern, Bohren, Sägen und lautem Zurufen nicht der Darlegungslast für eine erhebliche Beeinträchtigung durch eine unter Beachtung der baurechtlichen Vorschriften betriebenen Baustelle.

5 Entscheidung

AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 25.11.2020, 6 C 93/20

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