Kommentar

Bei der Auslegung einer Erklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ( § 133 BGB ). Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern ( § 157 BGB ). Die einem Vertragsformular entnommene Kündigungsklausel im Anstellungsvertrag des Fremdgeschäftsführers einer GmbH besagte, daß neben einer ordentlichen, fristgebundenen Kündigung auch eine fristlose Kündigung aus wichtigen Grund zulässig sei. Ein wichtiger Grund für die Gesellschaft liege insbesondere vor, „wenn der Geschäftsführer aus der Gesellschaft ausscheidet ”. Wegen angeblicher Verfehlungen des Geschäftsführers hatte ihn die Gesellschaft zunächst beurlaubt und später das Anstellungsverhältnis fristlos gekündigt.

Im Rechtsstreit ging es u. a. um die Wirksamkeit der Kündigung . Das OLG war der Ansicht, die fristlose Kündigung sei wegen des Ausscheidens des Klägers aus der GmbH wirksam gewesen; unter „Ausscheiden” sei auch die Abberufung des Klägers aus seiner Organstellung zu verstehen. Das wurde vom BGH beanstandet. „Aus der Gesellschaft ausscheiden” könne nur ein sogenannter Gesellschafter-Geschäftsführer , d. h. ein Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter ist, nicht aber ein Fremdgeschäftsführer wie der Kläger.

Bei der Auslegung der Klausel dürfe nicht allein auf eine vermutete Willensrichtung der Beklagten abgestellt werden. Dies würde zu einer unzulässigen Erweiterung des Vertragsgegenstandes führen und hätte zur Folge, daß jede – auch grundlose – Abberufung des Klägers dessen Dienstvertrag beenden würde. Zwecks Feststellung, ob ein wichtiger Grund (i. S. d. § 626 BGB ) vorlag, wurde die Sache an das OLG zurückverwiesen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 01.12.1997, II ZR 232/96

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge