Leitsatz

  1. Kündigung eines von der Gemeinschaft angemieteten Tiefgaragenstellplatzes durch die Verwaltung bzw. den von ihr beauftragten Anwalt ohne entsprechende Legitimation seitens der Gemeinschaft wegen "unerlaubter Untervermietung" des bisherigen Mieters
  2. Nachträglich beschlussweise Genehmigung der Kündigung und Ermächtigung der Verwaltung, erforderlichenfalls einen Räumungsanspruch gerichtlich geltend zu machen
  3. Die Gemeinschaft hat aus Treuepflichten gegenüber einzelnen Eigentümern allerdings den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten
 

Normenkette

§§ 15, 21 WEG

 

Kommentar

  1. Durch den von der Verwaltung ohne bisherige Legitimation der Gemeinschaft beauftragten Anwalt wurde ein gemeinschaftliches Mietverhältnis über einen Tiefgaragenstellplatz gekündigt, da der Mieter seinen angemieteten Stellplatz unerlaubterweise weitervermietete. Die Gemeinschaft genehmigte anschließend die Kündigung und ermächtigte die Verwaltung, "erforderlichenfalls" einen Räumungsanspruch gerichtlich geltend zu machen.

    Die Beschlussmängelklage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Revision wurde zur Klärung der Frage zugelassen, ob "die Genehmigung einer von einem vollmachtlosen Vertreter erklärten Kündigung rechtlich nach § 180 Satz 2 BGB überhaupt möglich sei". Die Revision wurde als zulässig erachtet, auch soweit sie sich gegen die beschlossene "Ermächtigung" der Verwaltung wendet, einen Räumungsanspruch ggf. gerichtlich durchzusetzen. Das erfolgreiche Rechtsmittel führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

  2. Der Beschluss entspricht grundsätzlich ordnungsgemäßer Verwaltung, da die Anfechtungsklägerin den Stellplatz rechtswidrig untervermietete (§ 540 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ob dem Verband infolge der Kündigung ein Herausgabe- bzw. Räumungsanspruch zusteht, ist erst in einem eventuell zur Durchsetzung der Ansprüche führenden Rechtsstreit zu klären. Ein Kündigungs- oder Kündigungsgenehmigungsbeschluss entfaltet keine Bindungswirkung für die Vorfrage, ob eine Kündigung wirksam ist (vgl. BGH, Beschluss v. 20.6.2002, V ZB 39/01). Eine selbstständige Anspruchsgrundlage wurde vorliegend durch den Beschluss nicht geschaffen.

    Ordnungsgemäße Verwaltung wäre nur dann zu verneinen, wenn für einen verständigen Wohnungseigentümer ohne Weiteres ersichtlich wäre, dass das mit der Beschlussfassung erstrebte Ziel aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen von vornherein nicht erreichbar wäre; hiervon konnte keine Rede sein. Dies gilt insbesondere auch für die höchstrichterlich noch nicht geklärte Problematik, ob und ggf. mit welchen Folgen die vollmachtlose Kündigung eines Mietvertrags nach § 180 Satz 2 BGB genehmigungsfähig ist (bejahend nach h.M.; generell ablehnend bei Gestaltungsrechten OLG Celle, OLG R 1999 S. 97). Nicht zu entscheiden war insoweit auch die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen § 545 BGB bei einer Untervermietung zur Anwendung gelangt.

  3. Allerdings war der beiläufige Parteivortrag in der Revision als entscheidungserheblich zu berücksichtigen, wonach zumindest ein weiteres Mitglied der Gemeinschaft einen ihm überlassenen Stellplatz ebenfalls untervermietet hatte und dies – anders als hier – nicht moniert wurde. Der insbesondere bei Mehrheitsbeschlüssen zum Tragen kommende Gleichbehandlungsgrundsatz lässt Differenzierungen jedoch nur zu, wenn dafür ein ausreichender Sachgrund besteht (vgl. Senat, Urteil v. 1.10.2010, NJW 2010 S. 3508, im kurzfristigen Vermietungsfall von Wohnungseigentum an Touristen in einer Ferienhauswohnanlage); ist ein solcher Sachgrund nicht ersichtlich, muss für eine Gleichbehandlung in der Gemeinschaft Sorge getragen werden, und zwar mit Rücksicht auf die auch dem Verband gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern bestehende Treuepflicht (vgl. auch BGH, Urteil v. 13.7.2012, V ZR 94/11 und BGH v. 10.11.2006, V ZR 62/06).
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 30.11.2012, V ZR 234/11

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