Rz. 1

Für nach dem 16.8.2015 eingetretene Erbfälle gilt in Kroatien das nach den Regeln der EuErbVO bestimmte Recht. Zwar ist Kroatien erst nach der Verabschiedung der EuErbVO der EU beigetreten (mit Wirkung zum 1.7.2013). Der Betritt führt aber zur Übernahme des gesamten bestehenden Rechtsrahmens der EU (acquis communitaire) im Beitrittsstaat.

 

Rz. 2

Kroatische Gerichte sind demnach gem. Art. 4 EuErbVO zuständig, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien hatte. Kroatisches Erbrecht ist anzuwenden, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Kroatien hatte und nicht zulässigerweise eine anderweitige Rechtswahl getroffen hat, Art. 21 EuErbVO. Das Nachlassverfahren wird in Kroatien grundsätzlich im Auftrag der Gerichte von den Notaren betrieben, die auch das ENZ ausstellen.[1]

 

Rz. 3

Von deutschen Nachlassgerichten ausgestellte ENZ sind nach Art. 69 Abs. 1 EuErbVO unmittelbar wirksam; in der Praxis werden entsprechende ENZ auch akzeptiert. Problematisch ist allerdings, dass deutsche Oberlandesgerichte[2] inzwischen die strittige Auffassung vertreten, dass Grundstücksdaten eines im Ausland belegenen Grundstücks nicht in das ENZ aufgenommen werden können. Diese Rechtsauffassung erschwert die Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle, obwohl Sinn und Zweck der Verordnung ist, den freien Verkehr von Personen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Erbfällen zu erleichtern.[3] Die kroatischen Grundbuchämter weigern sich in diesem Fall nämlich, Umschreibungen vorzunehmen, so dass in der Praxis letztlich doch wieder ein kroatisches Erbverfahren erforderlich wird, obwohl nach der EuErbVO keine Zuständigkeit hierfür besteht. Hintergrund ist, dass im kroatischen Erbverfahren die Erbmasse konkret festgestellt wird und die Grundbuchämter daraufhin die Umschreibung veranlassen. Vor Erlass der genannten obergerichtlichen Entscheidungen haben deutsche Nachlassgerichte die Grundstücksdaten nach Art. 68 EuErbVO informatorisch aufgenommen und das kroatische Grundbuchamt, das eigenständig prüft, ob der Erblasser der Eigentümer war, hat dann die entsprechende Umschreibung veranlasst. Die Oberlandesgerichte München und Nürnberg haben die Verfahren nicht dem EuGH vorgelegt, so dass abzuwarten ist, welche Ansicht sich durchsetzen wird. Möglicherweise wird die Problematik auch mittelfristig durch eine europarechtsfreundliche Rechtsprechung der kroatischen Gerichte gelöst. In Österreich, dessen Katasterrecht dem Kroatiens aus historischen Gründen stark ähnelt, hat der Oberste Gerichtshof aufgrund der deutschen Rechtsprechung entschieden, dass Erben bei Vorlage eines ENZ auch ohne konkrete Grundbuchangaben einzutragen sind.[4]

Im Übrigen ist es sinnvoll, der kroatischen Behörde neben dem ENZ auch das ENZ-Formular in kroatischer Sprache zum Abgleich zur Verfügung zu stellen.

 

Rz. 4

Vor Geltung der EuErbVO galt in Kroatien das Gesetz der ehemaligen Föderation Jugoslawien "zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten für bestimmte Verhältnisse" (IPRG) vom 15.7.1982,[5] das durch Gesetz vom 8.10.1991 in das Recht der souveränen Republik Kroatien übernommen worden ist. Danach galt gem. Art. 30 Abs. 1 das Heimatrecht des Erblassers. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit des Erblassers war das Recht des Heimatstaates anzuwenden, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte. Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit hatte aber die kroatische stets Vorrang vor allen anderen, Art. 11 IPRG. Eine Rechtswahl kannte das kroatische Internationale Erbrecht nicht.

 

Rz. 5

Seit dem 29.1.2019 ist ein völlig neues und überarbeitetes IPR-Gesetz in Kraft, welches das alte Gesetz abgelöst hat.[6] Mit dem neuen Gesetz wird auf die vielfältigen Änderungen von der Unabhängigkeit der Republik Kroatien bis hin zum Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union reagiert. Auf dem Gebiet des Erbrechts wird nunmehr in Art. 29 des neuen IPR-Gesetzes vollumfänglich auf die EuErbVO verwiesen und auf eigene nationale Regelungen verzichtet. Art. 30 IPRG verweist bezüglich der Formvorschriften von Testamenten auf das Haager Testamentsformübereinkommen (siehe hierzu Rdn 6).

 

Rz. 6

Das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961[7] gilt kraft ausdrücklicher Erklärung der Republik Kroatien über die Staatensukzession gegenüber dem niederländischen Außenministerium vom 5.4.1993 für Kroatien auch nach Erlangung der Unabhängigkeit fort.[8] Seine kollisionsrechtlichen Vorschriften sind in Art. 30 IPRG inkorporiert. In gleicher Weise gilt auch das Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973[9] für Kroatien. Letzteres ist in die Art. 151 ff. des kroatischen Erbgesetzes inkorporiert worden.

[1] Art. 6 Zakon o provedbi Uredbe (eu) br. 650/2012 (NN RH Nr. 152/14), im Folgenden: Durchführungsgesetz zur EuErbVO.
[3] Vgl. auch EuGH NJW 2018, 1377.
[4] OGH, Beschl. v. 15.5.2018, Az.: 50b35/18k, Zak 2018/518, S. 275.
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