Leitsatz (amtlich)

Art. 30 EuErbVO ist eine Ausnahmevorschrift, die gewährleisten soll, dass spezifische, meist historisch gewachsene, nachlassrechtliche Rechtsinstitute unabhängig von Art. 23 Abs. 1 EuErbVO wirksam bleiben. Als Ausnahmevorschrift ist Art. 30 EuErbVO aber eng auszulegen.

 

Normenkette

EuErbVO Art. 30

 

Verfahrensgang

AG Fürth (Beschluss vom 21.07.2017; Aktenzeichen VI 1103/16)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Fürth vom 21.07.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 21.07.2017 hat das Amtsgericht Fürth den Antrag der Alleinerbin auf Ergänzung des Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen.

Gegen diesen, der Beteiligten am 26.07.2017 zugegangenen Beschluss richtet sich deren beim Amtsgericht Fürth am 28.07.2017 eingegangene Beschwerde.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 02.08.2017 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

II. Die Beschwerde der Beteiligten ist zulässig (Art. 72 Abs. 1 EuErbVO; §§ 58, 63 FamFG), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das Amtsgericht Fürth hat in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, den Antrag der Alleinerbin auf Ergänzung des Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen.

Die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Umstände rechtfertigen keine andere Bewertung. Ergänzend ist hierzu lediglich auszuführen:

1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass das nach den Vorgaben des deutschen Erbrechts ausgestellte Europäische Nachlasszeugnis für eine Umschreibung des Grundbuchs bezüglich der sich im Nachlass befindlichen Immobilie auf die Erbin nach dem Grundbuchrecht in Österreich nicht ausreiche. Dem liegt der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 02.06.2016, GZ 2 R 114/16 zugrunde, in dem festgestellt wird, dass die Voraussetzungen für eine Eigentumseinverleibung weiterhin nach österreichischem Recht zu beurteilen seien und daher die genaue Bezeichnung der Liegenschaft (gemeint ist damit offenbar der Anteil, die Einlagezahl und die Katastralgemeinde) im Europäischen Nachlasszeugnis enthalten sein müsse. Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass Österreichische Grundbuchsgerichte daher keine Eigentumseinverleibungen mehr vornähmen, wenn Einlagezahl und Katastralgemeinde sowie die Anteilsbezeichnung nicht im Europäischen Nachlasszeugnis enthalten seien.

Die Auslegung der §§ 436 iVm 433 ABGB im Hinblick darauf, ob eine Einverleibung nach österreichischem Recht mit Rücksicht auf § 33 Abs. 1 lit. d) GBG idF ErbRÄG 2015 auch bloß aufgrund eines in Deutschland ausgestellten Erbscheins erfolgen kann, der keine in Österreich gelegene Liegenschaft enthält, ist auch in Österreich oberstgerichtlich noch nicht entschieden. Die durch die Entscheidung des Landesgerichts Klagenfurt entstandene Blockade der Eigentumseinverleibung nach österreichischem Recht kann nicht durch eine dem deutschen Recht zuwiderlaufende Auslegung der EuErbVO aufgelöst werden.

Die in einem anderen Mitgliedsstaat geltenden Vorschriften für die Eintragung eines Erben ins Grundbuch sind verfahrensrechtliche Vorschriften, die nicht unter Art. 30 EuErbVO zu subsumieren sind.

Art. 30 EuErbVO ist eine Ausnahmevorschrift, die gewährleisten soll, dass spezifische, meist historisch gewachsene, nachlassrechtliche Rechtsinstitute unabhängig von Art. 23 Abs. 1 EuErbVO wirksam bleiben. Als Ausnahmevorschrift ist Art. 30 EuErbVO aber eng auszulegen, da sonst der Grundsatz der Nachlasseinheit ausgehöhlt würde (Dutta/Weber/Schmidt, Internationales Erbrecht, 2016, Art. 30 EuErbVO Rn 3). Jedenfalls handelt es sich bei den österreichischen Vorschriften zur erleichterten Eintragung von Erben ins Grundbuch nicht um vergleichbare, spezifische nachlassrechtliche Rechtsinstitute sondern um grundbuchrechtliche Verfahrensvorschriften.

Gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. l EuErbVO ist aber die Eintragung von Rechten an unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausgeschlossen (OLG München, Beschluss vom 12.09.2017 - 31 Wx 275/17). Auch in den amtlichen Erwägungsgründen zur EuErbVO ist in Nr. 18 vermerkt, dass die Voraussetzungen für die Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden sollten. Andererseits sollte das nach dieser Verordnung erstellte Europäische Nachlasszeugnis im Hinblick auf die Eintragung des Nachlassvermögens in ein Register eines (anderen) Mitgliedsstaates ein gültiges Schriftstück darstellen - jedoch unabhängig von gegebenenfalls erforderlichen, weiteren Nachweisen.

2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 68 lit. l) EuErbVO (OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.04.2017, RPfleger 2017, 545; Beschluss vom 05.04.20...

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