9.1 Bindungsfrist für Wahltarif innerhalb der allgemeinen Bindungsfrist

Nehmen Mitglieder an einem Wahltarif ihrer Krankenkasse teil, gelten zusätzliche Bindungsfristen. Die Mindestbindungsfrist beträgt ein Jahr bei Wahltarifen zur Nichtinanspruchnahme von Leistungen[1], Kostenerstattung und Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen. Bei den Selbstbehalt- und Krankengeldtarifen gilt eine 3-jährige Bindungsfrist. Die besondere Bindungsfrist berechnet sich bei allen Wahltarifen immer ab Beginn des Wahltarifs. Wahltarife zu den besonderen Versorgungsformen lösen keine eigenständige Bindungsfrist aus.

Die besonderen Bindungsfristen bei Wahltarifen sind bei Kassenwechsel im Kündigungsverfahren einzuhalten. Sie erlöschen jedoch bei der Beendigung der Mitgliedschaft kraft Gesetzes.

 
Praxis-Beispiel

Mindestbindungsfrist von 12 Monaten und zusätzlich einjährige Bindungsfrist für Wahltarif bei laufender Mitgliedschaft

Ein Arbeitnehmer ist seit dem 1.2.2024 Mitglied der Krankenkasse A. Die 12-monatige Bindungsfrist endet am 31.1.2025. Ab dem 1.5.2024 nimmt der Arbeitnehmer an dem Kostenerstattungs-Wahltarif der Krankenkasse A teil. Die dadurch ausgelöste einjährige Bindungsfrist läuft vom 1.5.2024 bis zum 30.4.2025.

Ergebnis: Die Bindungsfrist an die Krankenkasse A endet am 30.4.2025. Der Arbeitnehmer kann seine Mitgliedschaft unter Einhaltung der Kündigungsfrist frühestens zum 30.4.2025 bei der Krankenkasse A beenden und zum 1.5.2025 in die Krankenkasse B wechseln.

 
Praxis-Beispiel

Mindestbindungsfrist von 12 Monaten und zusätzlich einjährige Bindungsfrist für Wahltarif bei Arbeitgeberwechsel

Ein Arbeitnehmer ist seit dem 1.2.2024 Mitglied der Krankenkasse A. Die 12-monatige Bindungsfrist endet am 31.1.2025. Ab dem 1.5.2024 nimmt der Arbeitnehmer an dem Kostenerstattungs-Wahltarif der Krankenkasse A teil. Die dadurch ausgelöste einjährige Bindungsfrist läuft vom 1.5.2024 bis zum 30.4.2025. Die Bindungsfrist an die Krankenkasse A endet am 30.4.2025.

Am 30.11.2024 endet seine Beschäftigung und damit endet seine Mitgliedschaft bei der Krankenkasse A kraft Gesetz. Dadurch erlöscht neben der allgemeinen auch die besondere Bindungsfrist aufgrund des Wahltarifs. Der Arbeitnehmer nimmt zum 1.12.2024 eine neue Beschäftigung auf. Es besteht zum 1.12.2024 ein sofortiges Kassenwahlrecht.

9.2 Bindungsfrist für Wahltarif außerhalb der allgemeinen Bindungsfrist

Die Mitgliedschaft im Kündigungsverfahren kann bei einer Krankenkasse frühestens nach Ablauf der Mindestbindungsfrist gekündigt werden. Das ist bei Wahltarifen mit 3-jähriger Bindungsfrist generell zu beachten. Hier kann die Bindungsfrist für einen Krankenkassenwechsel (12 Monate) schon abgelaufen sein, während die Mindestbindungsfrist für den Wahltarif noch läuft. Auch bei der einjährigen Bindungsfrist kann diese Situation eintreten, wenn der Wahltarif nach Beginn der Mitgliedschaft abgeschlossen wurde.

 
Praxis-Beispiel

Bindungsfrist der Wahltarife

Ein Arbeitnehmer ist seit dem 1.2.2024 Mitglied der Krankenkasse B. Die allgemeine Bindungsfrist von 12 Monaten endet am 31.1.2025. Am 1.5.2024 beginnt ein neu abgeschlossener Wahltarif des Arbeitnehmers, der eine 3-jährige Bindungsfrist auslöst. Die besondere Bindungsfrist des Wahltarifs verläuft vom 1.5.2024 bis 30.4.2027.

Ergebnis: Die Bindung an die Krankenkasse B endet am 30.4.2027. Die Krankenkasse kann frühestens zum 1.5.2027 gewechselt werden.

Sofern jedoch die Mitgliedschaft z. B. durch einen Arbeitgeberwechsel kraft Gesetzes endet, erlischt neben der 12-monatigen Bindungsfrist auch die Bindungsfrist für den Wahltarif. Es würde ein sofortiges Kassenwahlrecht bestehen.

Für besondere Härtefälle muss die Satzung der Krankenkasse für Wahltarife ein Sonderkündigungsrecht regeln. Ein solcher besonderer Härtefall liegt beispielsweise vor, wenn eine freiwillige Mitgliedschaft zugunsten einer Familienversicherung gekündigt werden kann.

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