Leitsatz

Für den Änderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ist die Kostenmehrbelastung des Wohnungseigentümers maßgebend, der eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels verlangt. An einer durch ergänzende Auslegung der Gemeinschaftsordnung zu schließenden Regelungslücke zur Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels an veränderte Verhältnisse fehlt es in der Regel, weil abweichend zur früheren Rechtslage der gesetzliche Anspruch jedes Wohnungseigentümers auf Änderung des vereinbarten Kostenschlüssels nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG eine angemessene und interessengerechte Regelung für diese Fälle bereitstellt.

 

Fakten:

Vorliegend sieht die Gemeinschaftsordnung eine Umlage der Betriebs-, Instandhaltungs- und aller mit der Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums zusammenhängenden Kosten im Verhältnis der Miteigentumsanteile vor. Nach einer weiteren Bestimmung kann die Gemeinschaftsordnung durch einfache Mehrheit abgeändert werden, wenn dafür sachliche Gründe vorliegen und der einzelne Eigentümer dadurch gegenüber dem bisherigen Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt wird. Einer der Eigentümer hatte den über seinem Sondereigentum befindlichen Spitzboden mit einer Größe von zirka 70 m² als Wohnraum ausgebaut. In einer Eigentümerversammlung im September 2008 wurde der Antrag eines Eigentümers zur Abstimmung gestellt, einen neuen Kostenverteilungsschlüssel nach dem Verhältnis der Wohnflächen zu beschließen. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Mit der gegen die übrigen Eigentümer gerichteten Beschlussanfechtungsklage hat der Eigentümer nunmehr beantragt, diesen Beschluss für ungültig zu erklären und die beklagten übrigen Eigentümer zu verurteilen, ihre Zustimmung zu erklären, dass für die Verteilung der Kosten nunmehr das Verhältnis der Wohnflächen gelte. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kann jeder Eigentümer die Anpassung der Vereinbarung verlangen, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unbillig erscheint. Eine derartige Unbilligkeit ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Bei einer Neuverteilung der Kosten nach Wohnflächen ergäbe sich für den klagenden Eigentümer lediglich eine um 13 Prozent ermäßigte Belastung. Ohne insoweit eine starre Grenze darzustellen, kommt in aller Regel ein Änderungsanspruch nur dann in Betracht, wenn die Kostenmehrbelastung bei 25 Prozent liegt. Insoweit ist auch allein die Kostenmehrbelastung desjenigen Wohnungseigentümers maßgebend, der die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels verlangt. Der Zweck des Anspruchs aus § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ist nämlich nicht die Vermeidung der durch den bisherigen Kostenverteilungsschlüssel bei einem anderen Wohnungseigentümer entstehenden Vorteile. Der Zweck ist vielmehr die Beseitigung unbilliger Härten bei dem die Änderung verlangenden Eigentümer, die diesem bei einem Festhalten an dem bisherigen Kostenverteilungsschlüssel entstünden.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 11.06.2010, V ZR 174/09BGH, Urteil vom 11.6.2010 – , V ZR 174/09

Fazit:

Diese Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass auch aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG für einen Kostenverteilungsänderungsanspruch des einzelnen Eigentümers erhebliche Hürden zu nehmen sind. Soweit nachvollziehbar auf die Kostenbelastung des einzelnen Eigentümers abgestellt wird, bedeutet dies für vergleichbare Fälle einen Freifahrtsschein günstiger Unterhaltung einer Wohnflächenerweiterung.

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