Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) hat mit seinem Inkrafttreten am 1.12.2020 einschneidende Änderungen hinsichtlich der Änderung einer Verteilung der Kosten von Erhaltungsmaßnahmen gebracht.[1] Die Wohnungseigentümer können auf Grundlage von § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG mit einfacher Mehrheit nicht nur Einzelfallregelungen beschließen, sondern dauerhaft beschließen, dass die Kosten z. B. für die Reparaturen ihrer Fenster oder eines Fensteraustauschs oder auch entsprechender Maßnahmen wie an den Wohnungseingangstüren bzw. den Zugangstüren zum Sondereigentum, allein von den betreffenden Sondereigentümern zu tragen sind. Entsprechendes gilt auch für Bereiche des Gemeinschaftseigentums, an denen Sondernutzungsrechte begründet sind. Auch die Kosten von Erhaltungsmaßnahmen dieser Bereiche können den sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümern durch einfach-mehrheitlichen Beschluss auferlegt werden.

Maßstabskontinuität nur noch bei Folgebeschlussfassung

Nach alter Rechtslage war ein Beschluss, auch wenn die Kostenverteilungsänderung einen konkreten Einzelfall betraf, dann anfechtbar, wenn er die Gefahr einer Ungleichbehandlung von Wohnungseigentümern barg.

 
Praxis-Beispiel

Balkoninstandsetzung

Ausgangssituation

Von den in der Wohnanlage vorhandenen 10 Balkonen sind 5 instandsetzungsbedürftig. Die Wohnungseigentümer beschließen daher die Instandsetzung dieser Balkone. Die Kosten der Erhaltungsmaßnahme sollen lediglich von den 5 Wohnungseigentümern getragen werden, deren Balkone von der Instandsetzungsmaßnahme betroffen sind.

Alte Rechtslage

Dieser Beschluss regelt einen Einzelfall und war nach alter Rechtslage somit zumindest nicht nichtig. Allerdings konnte er erfolgreich mit einer Beschlussanfechtungsklage zu Fall gebracht werden. Zu berücksichtigen war insoweit, dass die Wohnungseigentümer von der ihnen gemäß § 16 Abs. 4 WEG a. F. verliehenen Beschlusskompetenz zwar Gebrauch machen konnten, dies aber nicht mussten. Wurden zu einem späteren Zeitpunkt die weiteren 5 Balkone instandsetzungsbedürftig, mussten die Wohnungseigentümer keine exklusive Kostenbelastung derjenigen Wohnungseigentümer beschließen, die von der Erhaltungsmaßnahme betroffen waren. Dies aber konnte die 5 Wohnungseigentümer benachteiligen, denen zuvor die Kosten für die Instandsetzung ihrer Balkone auferlegt worden waren. Diese mussten sich dann nämlich auch noch zusätzlich an den Kosten der Instandsetzung der übrigen Balkone nach dem gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel beteiligen.

Heutige Rechtslage

Dieser Aspekt spielt keine Rolle mehr. Auch dann, wenn zu einem Zeitpunkt lediglich einzelne Balkone instandsetzungsbedürftig sind, können die Wohnungseigentümer eine exklusive Kostenbelastung der betroffenen Wohnungseigentümer beschließen. Allein die Tatsache, dass nicht sämtliche Balkone instandsetzungsbedürftig sind, führt nicht zur Anfechtbarkeit des Beschlusses. Insoweit ist eine deutliche Verbesserung und Vereinfachung der Rechtslage eingetreten.

Der Umstand, dass im Rahmen der künftigen Beschlussfassung zu berücksichtigen sein wird, dass bereits einzelne Balkoneigentümer exklusiv kostenbelastet waren, begründet bei diesen Wohnungseigentümern einen Anspruch auf Gleichbehandlung bzw. Maßstabskontinuität. Würde also der weitere Beschluss über die Instandsetzung auch der übrigen Balkone nicht berücksichtigen, dass einzelne Wohnungseigentümer bereits exklusiv kostenbelastet waren und würde er diese Wohnungseigentümer in die Zahlungspflicht mit einbeziehen, würde der Beschluss im Anfechtungsfall für ungültig erklärt werden. Die bereits kostenbelasteten Wohnungseigentümer haben nämlich dann einen Anspruch auf Kostenfreistellung. Wichtig und maßgeblich aber bleibt das Ergebnis, dass die Wohnungseigentümer durchaus beschließen können, zu einem bestimmten Zeitpunkt zunächst nur einen Teil der Balkone instand zu setzen – und zwar unter exklusiver Kostenbelastung der entsprechend betroffenen Wohnungseigentümer.

Beschluss über Kostenverteilung ist in aller Regel bindend

Ist mit einer Erhaltungsmaßnahme ein Beschluss über die Verteilung der Kosten getroffen worden, steht einer späteren Änderung des Kostenverteilerschlüssels im Regelfall ein schutzwürdiges Interesse der Eigentümer entgegen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Die Balkonsanierung

Die Wohnungseigentümer hatten ursprünglich bestandskräftig beschlossen, die Sanierung der Balkone nach Miteigentumsanteilen zu verteilen. Später dann haben sie beschlossen, die Kosten nach laufenden Metern zu verteilen.

Ein derartiger Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Wohnungseigentümer haben das Gebot der Rücksichtnahme auf schutzwürdiges Vertrauen aus Inhalt und Wirkung des Erstbeschlusses hinreichend zu beachten. Gerade in Fällen, in denen mit einer Sanierungsmaßnahme nicht unerhebliche Kosten verknüpft sind, hängt die Zustimmung zur Durchführung der Maßnahme ganz entscheidend von der Verteilung der Kosten ab. Das Ausmaß der eigenen finanziellen Belastung wird auch regelmäßig...

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