Leitsatz

  1. Fehlerhafte Abrechnung (insbesondere Verstöße gegen die BGH-Rechtsprechung zur Instandhaltungsrücklage und zu korrekten Heizkostenabrechnungen)
  2. Verfahrenskostentragung des Verwalters nach § 49 Abs. 2 WEG wegen verwalterseits gezeigter "Beratungsresistenz"
 

Normenkette

§§ 28, 49 Abs. 2 WEG

 

Kommentar

  1. Der Beschluss "Genehmigung der Abrechnung 2010 (Gesamt- und Einzelabrechnungen)" war insgesamt aufgrund einer Vielzahl von Fehlern für ungültig zu erklären. Die Rücklagendarstellung (vorliegend als Ausgabenpositionen) entsprach nicht aktueller BGH-Rechtsprechung (Urteil v. 4.12.2009, ZMR 2010 S. 300). Auch konnte dem protokollierten Beschluss nicht entnommen werden, worüber Eigentümer eigentlich beschlossen hätten. Bei Einzelabrechnungen kämen Abrechnungsspitzen in Betracht (Abrechnungsergebnis abzüglich der Soll-Vorauszahlungen der einzelnen Eigentümer) oder auch Abrechnungsfehlbeträge (Abrechnungsergebnisse minus Ist-Vorauszahlungen). Was eine BGH-Rechtsprechung bestimmt und festschreibt, ist im Übrigen lediglich als die aktuelle Erkenntnis der Rechtslage anzusehen; im Gegensatz zu Gesetzesänderungen gibt es insoweit kein Rückwirkungsverbot. Neue Rechtsprechung – bezogen auf alle Beschlüsse – kann damit bis zum Inkrafttreten des WEG zurückwirken, soweit nicht zwischenzeitlich rechtskräftige Gerichtsentscheidungen hierzu ergangen sind (vgl. hierzu insbesondere die "1. Jahrhundertentscheidung" des BGH vom 20.9.2000, ZMR 2000 S. 771).

    Auch die Abrechnung der Heizkosten entsprach im vorliegenden Fall nicht den Geboten laut BGH (Urteil v. 17.2.2012, ZMR 2012 S. 372), d.h. der Verteilung der im Abrechnungszeitraum tatsächlichen Kosten für verbrauchte Brennstoffe im Sinne der zwingenden Gesetzesbestimmungen in §§ 4 und 7 der Heizkostenverordnung.

    Schon in einem Vorprozess hat das Amtsgericht mit Urteil v. 22.12.2010 (539 C 27/10) die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es für die verbrauchsabhängige Einzelabrechnung hinsichtlich der Heizkosten nicht auf die abgeflossenen Kosten, sondern auf das verbrauchte Heizöl ankomme. Insoweit ist der Verbrauch in EUR nach dem Prinzip first-in/first-out zu den jeweiligen Einkaufspreisen des Heizöls als anteiliger Verbrauch der einzelnen Wohnungseigentümer zu errechnen. Vorliegend wirken sich die Abrechnungsmängel sowohl auf die Gesamtabrechnung wie auch auf alle Einzelabrechnungen aus, sodass nicht nur eine Teilungültigkeit der Beschlussfassung in Betracht kommt.

    Auch wenn Einzelabrechnungen nicht mehr ausschließlich aus der Gesamtabrechnung zu entwickeln sind, fordert der BGH inzwischen sowohl hinsichtlich der Instandhaltungsrücklage als auch bei den Heizkostenabrechnungen entsprechende Erläuterungen, die insbesondere von einem professionellen WEG-Verwalter nicht einfach ignoriert werden können. Insoweit wird auch auf vorhandene Abrechnungsmuster verwiesen (Stadt in ZMR 2012, S. 247/252 sowie Casser/Schultheis, ZMR 2011, S. 85; vgl. auch Schmid, ZWE 2012, S. 215).

  2. Da hier der Verwalter im neuerlichen Beschlussanfechtungsverfahren gewisse Beratungsresistenz erkennen ließ, war von seinem groben Verschulden nach § 49 Abs. 2 WEG auszugehen, also seiner Verpflichtung, die Verfahrenskosten zu tragen. Nach Hinweisen des Gerichts bereits im erwähnten Vorprozess hätte der Verwalter angesprochene Fehler jedenfalls nicht wiederholen dürfen, sodass hier von grobem Verschulden seinerseits auch in subjektiver Hinsicht auszugehen war.
 

Link zur Entscheidung

AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 06.06.2012, 539 C 11/12

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge