Leitsatz

  1. Kostenentscheidung des Gerichts erwächst in materieller Rechtskraft nur hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten (subjektive Grenzen der Rechtskraft)
  2. Rechtsmitteleinlegung durch den Verwalter gem. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG nur zur Vermeidung den Eigentümern konkret drohender Nachteile!
 

Normenkette

§§ 27 Abs. 2 Nr. 4, 45 Abs. 2 S. 2 WEG; § 683 BGB

 

Kommentar

  1. Die in einem vorausgegangenen Verfahren nach WEG getroffene Kostenentscheidung, durch die dem Verwalter wegen vollmachtloser Vertretung der Wohnungseigentümer Verfahrenskosten auferlegt worden sind, erwächst im Verhältnis zwischen ihm und den Wohnungseigentümern nicht in materieller Rechtskraft. Wie im Zivilprozess ist die materielle Rechtskraft allein auf die Beteiligten des Verfahrens begrenzt (sog. subjektive Grenzen der Rechtskraft). Dementsprechend wird auch die Auffassung vertreten, dass eine Kostenentscheidung zum Nachteil eines vollmachtlosen Vertreters als solche einen ihm im Innenverhältnis zu der vertretenen Partei etwa zustehenden Freistellungs- oder Rückgriffsanspruch nicht grundsätzlich ausschließt.
  2. § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG kann einem Verwalter auch eine gesetzliche Vertretungsmacht zur Einlegung eines Rechtsmittels einräumen; dieser Paragraph regelt ein gesetzliches Notverwaltungsrecht des Verwalters, in dessen Rahmen er Maßnahmen treffen kann, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines sonstigen Rechtsnachteils erforderlich sind. Eine nach dieser Vorschrift zulässige Maßnahme kann im Einzelfall auch die Einlegung eines Rechtsmittels namens der Wohnungseigentümer sein. Allerdings berechtigt nicht der drohende Fristablauf allein den Verwalter zu solchen Notmaßnahmen; eine solche Maßnahme ist nur dann erforderlich, wenn im Einzelfall den Wohnungseigentümern gerade durch den Fristablauf Rechtsnachteile drohen (wie dies hier jedoch zu verneinen war). Andernfalls würde jedenfalls in größeren Anlagen jeder Verwalter ohne Einschränkung zur Einlegung von Rechtsmitteln für die Wohnungseigentümer berechtigt sein, was auch in Widerspruch zu § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG steht. Die Einlegung eines Rechtsmittels ist also nur zur Abwendung von Rechtsnachteilen für die Wohnungseigentümer zulässig, wenn ihnen unter Berücksichtigung des Inhalts der anzufechtenden Entscheidung Nachteile durch deren Fortbestand drohen.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 29.04.2004, 15 W 121/04

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