Leitsatz

  • Minderheitenschutz bei beschlossenem Reparaturauftrag an das Mitglied einer Mehrheitsgruppe; grundsätzlich müssen vergleichende Kostenangebote eingeholt werden

    Gerichtliche Reduzierung einer beschlossenen Sonderumlage

 

Normenkette

§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 25 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

1. Im Wohnungseigentumsrecht widerspricht es regelmäßig ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn mit den Stimmen einer Mehrheitsgruppe ohne vergleichende Kostenangebote ein Reparaturauftrag an ein weiteres Mitglied der Mehrheitsgruppe beschlossen wurde. Allein ein Stimmrechtsausschluss des vorgesehenen Vertragspartners gem. § 25 Abs. 5 WEG bietet einer Minderheitsgruppe nicht ausreichenden Schutz. Im Interesse des Minderheitenschutzes ist es auf jeden Fall geboten, als Mindestvoraussetzung für eine derartige Auftragsvergabe das Vorliegen alternativer Kostenangebote zu verlangen, die sämtlichen Miteigentümern auch rechtzeitig bekanntgegeben werden, möglichst schon vor der Eigentümerversammlung, damit das Preis-/Leistungsverhältnis hinreichend abgeschätzt werden kann. Gerade bei der Beauftragung eines Mitgliedes einer Mehrheitsgruppe kann Misstrauen aufkommen, dem durch diese Vorgehensweise zu begegnen ist.

2. Unerwartete Mehrausgaben, die nicht im Wirtschaftsplan veranschlagt sind, können zu Recht durch beschlossene Sonderumlagen finanziert werden; sind die Beträge dann abrechnungsreif, ist eine Abrechnung in die Jahresabrechnung aufzunehmen. Im vorliegenden Fall wurde jedoch die mit DM 100.000,- beschlossene Sonderumlage (für beschlossenes Entziehungsverfahren und für weitere beschlossene Instandsetzungsmaßnahmen) durch den Senat auf DM 50.000,- gekürzt. Eine solche gerichtliche Anpassung eines Eigentümerbeschlusses sei auch geboten, weil mit seiner völligen Ungültigerklärung der Umlagenzweck, eine gesamtschuldnerische Haftung aller einzelnen Miteigentümer abzuwenden, verfehlt würde. Rechtsfolgen seien hier keine anderen als sonst, wenn etwa Wirtschaftspläne oder Jahresabrechnungen nur für teilweise unwirksam erachtet würden und der übrige Teil aufrecht erhalten bleibe.

3. Aufgrund teilweisen Obsiegens und Unterliegens in dieser Gesamtsache Gerichtskostenverteilung jeweils hälftig zulasten der Antragsteller und zulasten des Verwaltungsvermögens der Gemeinschaft; keine außergerichtliche Kostenerstattung; Geschäftswert der III. Instanz: DM 36.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 05.05.1993, 24 W 1146/93)

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Gegen die verhältnismäßige Reduzierung einer Sonderumlagebeschlussfassung über DM 100.000,- auf DM 50.000,-, also eine eigenmächtige gerichtliche Anpassung eines Eigentümerbeschlusses, bestehen meinerseits nach wie vor rechtliche Bedenken. Kann richterliche Gestaltung bei einem nicht teilbaren und i. d. R. auch nicht teilbar gewollten Beschluss wirklich so weit gehen, den Mehrheitswillen zu ersetzen und "Teilgültigkeiten" festzustellen?

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