Leitsatz

Ist die "negative Komponente" eines Sondernutzungsrechts (hier: an einem Pkw-Stellplatz) schon in der Gemeinschaftsordnung begründet worden, so betrifft die spätere Zuordnung des Sondernutzungsrechts zu einem bestimmten Wohnungseigentumsrecht nur dieses und nicht auch die übrigen Wohnungseigentumsrechte. Die Festgebühr nach Nr. 14160 Abs. 5 KV-GNotKG fällt deshalb nur einmal an.

 

Normenkette

§ 13 WEG; 14160 Abs. 5 KV-GNotKG

 

Das Problem

 

Nach der Gemeinschaftsordnung ist der Bauträger berechtigt, an den in einem Lageplan mit den Nummern 26 bis 48 bezeichneten Pkw-Abstellplätzen Sondernutzungsrechte einzuräumen. In einem Erwerbsvertrag "kauft" Erwerber E nach näherer Konkretisierung durch eine Anlage zum Erwerbsvertrag das Sondernutzungsrecht an 2 Stellplätzen. Insoweit bewilligt der Bauträger und beantragt E, "die Zuordnung des Sondernutzungsrechts an dem Pkw-Abstellplatz gemäß § 2 Ziff. 2 dieses Vertrags in Verbindung mit Punkt 3 seiner Anlage in das Grundbuch einzutragen". In Vollzug dieser Vereinbarung beantragt der beurkundende Notar unter anderem die Vollziehung dieser Stellplatzzuordnung in das Grundbuch. Mit einer Kostenrechnung werden E hierfür zunächst Kosten in Höhe von 50 EUR in Rechnung gestellt. Mit einer weiteren Kostenrechnung berichtigt das Amtsgericht diese auf insgesamt 1.250 EUR. Zur Begründung führt es an, nicht nur das Sondereigentum des E, sondern alle Sondereigentumsrechte der Wohnungseigentumsanlage seien von der Begründung des Sondernutzungsrechts an dem Kfz-Stellplatz betroffen, sodass die nach dem GNotKG zu erhebende Festgebühr in Höhe von 50 EUR nicht einmalig, sondern 25-fach anzusetzen sei.

KV Nr. 14160 Ziff. 5 GNotKG

Sonstige Eintragung … 50 EUR

Die Gebühr wird erhoben für die Eintragung

5. einer oder mehrerer gleichzeitig beantragter Änderungen des Inhalts oder Eintragung der Aufhebung des Sondereigentums; die Gebühr wird für jedes betroffene Sondereigentum gesondert erhoben.

Hiergegen wendet sich E.

 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Der Kostenansatz des Amtsgerichts sei unzutreffend. Nach Nr. 14160 Abs. 5 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG falle eine Festgebühr in Höhe von 50 EUR für die "Änderung des Inhalts oder Eintragung der Aufhebung des Sondereigentums" an. Um eine solche Rechtsänderung handle es sich bei der Zuschreibung der Sondernutzungsrechte zum Sondereigentum des E.
  2. Weitere Eigentumsrechte seien von der Zuschreibung nicht betroffen. Für eine solche Betroffenheit bedürfe es einer unmittelbaren – positiven (erweiternden) oder negativen (beschränkenden) – Rechtsänderung bzw. Inhaltsänderung (Hinweis auf OLG München v. 23.4.2015, 34 Wx 122/15). Hieran fehle es. Die weiteren Miteigentumsanteile würden durch die Zuordnung der Sondernutzungsrechte zum Wohnungseigentum des A nicht in rechtlicher Weise berührt werden. Denn die sogenannte "negative Komponente" des Sondernutzungsrechts sei schon in der Gemeinschaftsordnung begründet worden. Die bloße Zuordnung des Sondernutzungsrechts zu einem Wohnungseigentumsrecht betreffe die anderen Wohnungseigentumsrechte nicht: Sie seien bereits und blieben von der Nutzung dieses Teiles des gemeinschaftlichen Eigentums ausgeschlossen.
  3. Dies gelte auch in Bezug auf die dem Bauträger vorbehaltenen Mitbenutzungsrechte an den Stellplätzen bis zur Veräußerung der letzten Wohnung. Hierdurch habe der Bauträger die verdinglichte "negative Komponente" der bereits begründeten Sondernutzungsrechte für die von ihm noch innegehaltenen Sondernutzungsrechte nicht ausgenommen. Die diesbezügliche Regelung in der Gemeinschaftsordnung diene allein dem Zweck, dem Bauträger die Nutzung der noch nicht veräußerten Flächen offenzuhalten.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Man unterscheidet zwischen Gegenstand (= Grenzen des Sondereigentums) und Inhalt des Sondereigentums (= Vereinbarungen nach § 5 Abs. 1 WEG). Aufheben – gegebenenfalls teilweise – kann man den Gegenstand des Sondereigentums; geändert wird sein Inhalt.
  2. Im Fall geht es um den Inhalt des Sondereigentums. Vom Inhalt und seiner Änderung ist von Gesetzes wegen jeder Wohnungseigentümer betroffen. Die herrschende Meinung – unter Führung des Bundesgerichtshofes – sieht das allerdings bei Sondernutzungsrechten anders. Sie meint, die Frage, wer "Berechtigter" eines Sondernutzungsrechts ist, sei allein eine Frage des Berechtigten und des Wohnungseigentümers, dem das Recht künftig zustehen soll. Wenn man es so sieht und dabei die Dogmatik "über Bord wirft", ist es richtig und wie vom Gericht entschieden, nur 50 EUR zu nehmen. Wer aber etwa mit mir darauf schaut, dass es um die Änderung einer Vereinbarung geht und die Veränderung für jeden Wohnungseigentümer verbindlich sein soll, der wird 50 EUR für jedes betroffene Wohnungseigentum ansetzen.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Die Wohnungseigentümer können ein Sondernutzungsrecht nicht durch einen Beschluss begründen. Möglich ist nur eine Vereinbarung. Diese ist allerdings nicht viel wert, wenn sie nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht wird. Für diesen dinglichen...

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