Leitsatz

16 Jahre alte Zwillinge nahmen - vertreten durch ihre Mutter - ihren Vater auf Zahlung von "Sonderbedarf" für Nachhilfeunterricht und für eine Klassenfahrt nach Hamburg sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde mangels hinreichender Erfolgsaussicht zurückgewiesen.

Hiergegen legten die Antragsteller Beschwerde ein, die teilweise Erfolg hatte.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, den Kindern stehe gegen ihren Vater kein Anspruch auf angemessene Beteiligung an den Kosten für Sonderbedarf gemäß den §§ 1601 ff., 1610 Abs. 2 BGB zu. Bei den entstandenen Kosten für den Nachhilfeunterricht und die Klassenfahrt handele es sich nicht um Sonderbedarf i.S.d. § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Zum Sonderbedarf gehörten alle zur Deckung des Lebensbedarfs notwendigen, unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Kosten. Wann ein Bedarf außergewöhnlich hoch sei, lasse sich nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen. Dabei seien die Höhe des laufenden Unterhalts, der Lebenszuschnitt der Beteiligten und die Art und der Umfang der besonderen Aufwendungen zu berücksichtigen. Unregelmäßig sei der Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deswegen bei der Bemessung des laufenden Unterhalts nicht berücksichtigt werden konnte, da die Vorschrift des § 1613 Abs. 1 BGB dem Schutz des Unterhaltsschuldners vor Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht mehr rechnen musste, Vorrang vor den Interessen der Unterhaltsgläubiger einräume, die ihren Bedarf vorausschauend kalkulieren könnten.

Die Kosten für die Klassenfahrt seien deswegen kein Sonderbedarf, weil sie nicht außergewöhnlich hoch und mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren. Dass die Klassenfahrt im Sommer 2005 stattfinden würde, war den Kindern bzw. ihrer Mutter bereits im Herbst 2004 bekannt, zumal sie den Vater am 09.10.2004 auf die bevorstehende Klassenfahrt bereits hingewiesen haben will. Die Antragsteller hätten daher nach Auffassung des OLG ausreichend Gelegenheit gehabt, Rücklagen für die Klassenfahrt zu bilden und - soweit dies mit dem laufenden Unterhalt nicht möglich war - ihren Vater auf höheren Unterhalt in Anspruch zu nehmen.

Hinsichtlich der Kosten für den Nachhilfeunterricht fehle es an einem ausreichenden Vortrag der Antragsteller zur Unvorhersehbarkeit. Die Notwendigkeit von Nachhilfestunden werde im allgemeinen durch die Entwicklung der schulischen Leistungen angekündigt. Sie trete daher regelmäßig nicht unerwartet ein. Außerdem vergehe ein gewisser Zeitraum, bis ein geeigneter Nachhilfelehrer gefunden und entsprechende Stunden vereinbart werden könnten. Unvorhersehbar sei der Nachhilfeunterricht daher nur dann, wenn er wegen vorübergehender Schulschwierigkeiten oder längerfristiger Erkrankung kurzfristig notwendig werde und keine geeigneten Vorkehrungen für die Inanspruchnahme des Unterhaltsschuldners auf Erhöhung des laufenden Kindesunterhalts mehr getroffen werden konnten.

Nach dem Vortrag der Antragsteller hätten sich ihre schulischen Leistungen bereits seit der Trennung ihrer Eltern im Jahre 2004 kontinuierlich verschlechtert mit der Folge, dass im Juni 2004 die Nachhilfe erforderlich wurde. Damit bestand für sie ausreichend Zeit, ihren Vater auf höheren laufenden Unterhalt in Anspruch zu nehmen.

Ihnen stehe allerdings nach ihrem Sachvortrag und bei entsprechender Auslegung ihres Antrages wegen der Nachhilfekosten ein Anspruch auf angemessene Beteiligung für Mehrbedarf gemäß den §§ 1601 ff. BGB gegen ihren Vater zu. Mehrbedarf sei derjenige Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig - jedenfalls eines längeren Zeitraums - anfalle und das Übliche derart übersteige, dass er mit den Regelsätzen nach der Düsseldorfer Tabelle nicht erfasst werden könne, aber vorhersehbar sei und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhalts berücksichtigt werden könne.

Er sei konkret zu ermitteln und führe - wenn beide Eltern eigenes Einkommen haben - zu einer anteiligen Erhöhung der Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils. Diese Voraussetzungen sah das OLG als erfüllt an.

Der Vater könne sich nicht ohne Weiteres auf seine Leistungsunfähigkeit berufen. Zwar werde Mehrbedarf nur geschuldet, wenn und soweit dem Pflichtigen wenigstens der notwendige Selbstbehalt verbleibe. Von seinen laufenden Einkünften sei er nicht in der Lage, sich an dem Mehrbedarf der Kläger ohne Gefährdung seines notwendigen Selbstbehalts zu beteiligen.

Die Kinder hätten jedoch dargelegt, dass ihr Vater - zumindest im Zeitpunkt der Trennung ihrer Eltern - über einsetzbares Vermögen in Form von Lebensversicherungen verfügte. Gemäß § 1603 Abs. 2 Nr. 1 BGB sei der unterhaltsverpflichtete Elternteil gegenüber seinen minderjährigen Kindern verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu seinem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Hierzu gehöre auch die Verwertung des Vermögensstamms, sofern diese nicht unwirtschaftlich oder unbillig sei. Ob dem Vater die Verw...

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