1 Leitsatz

Eine Klage, die auf die Unterlassung des Betriebs einer "Gaststätte mit Musikdarbietungen" gerichtet ist, wird den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht gerecht.

2 Normenkette

§ 253 Abs. 2 ZPO

3 Das Problem

Grundstückseigentümer K geht gegen Grundstückeigentümer B vor. B betreibt auf seinem Grundstück die Gaststätte "Z". K behauptet, der Betrieb der Gaststätte verursache Störungen bis spät in die Nacht und den frühen Morgen, was durch die gaststättenrechtliche Erlaubnis nicht abgedeckt sei. Er könne deshalb Unterlassung des Betreibens einer Gaststätte mit Musikdarbietungen verlangen. Die erteilte Gaststättenkonzession habe keinen Einfluss auf zivilrechtliche Abwehransprüche.

4 Die Entscheidung

Die Klage ist nach Ansicht des LG unzulässig! Eine Unterlassungsklage müsse nämlich die beanstandete Handlung so konkret wie möglich beschreiben, damit Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen seien, der Beklagte sich erschöpfend verteidigen könne und in der Vollstreckung Klarheit über den Verbotsinhalt bestehe. Diesen Anforderungen werde die Klage auf Unterlassung "des Betriebs einer Gaststätte mit Musikdarbietungen" nicht gerecht. Es handele sich um keinen eindeutig definierten Fachbegriff, sodass in der Vollstreckung Unklarheit über den Verbotsinhalt bestünde. Aus der klägerseits vorgebrachten Fundstelle von Elzer (in Mes, Beck'sches Prozessformularbuch, 14. Aufl. 2019, 5. Klage eines Wohnungseigentümers auf Unterlassung) ergebe sich nichts anderes. Die großzügigere Rechtsprechung für Geruchs- gelte nicht für Geräuschimmissionen (Hinweis auf BGH, Urteil v. 30.10.1998, V ZR 64/98).

5 Hinweis

Der Fall spielt im originären Grundstücksrecht. Die Verweisung des LG auf die Klage eines Wohnungseigentümers zeigt aber, dass die Grundsätze 1:1 auch im Wohnungseigentumsrecht anwendbar sind. Danach gilt: Die Wohnungseigentümer untereinander haben Anspruch auf Unterlassung jeglicher Lärmbelästigungen, die über das zumutbare Maß (§ 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 WEG) hinausgehen und die durch sie selbst verursacht werden. Um zulässig zu sein, muss eine auf Unterlassung gerichtete Klage des Inhalts, dass dieses Maß überschritten ist, den Voraussetzungen des in § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO formulierten Bestimmtheitsgebots genügen. Es bedarf also einer genauen, das Gericht nach § 308 ZPO bindenden Angabe des Streitgegenstands, die mit einem hinreichend bestimmten Sachantrag korrespondiert. In einem Antrag auf Vornahme von Handlungen, mit denen ein bestimmter Erfolg erreicht werden soll, muss der Kläger allerdings nur den angestrebten Erfolg bestimmt bezeichnen. Er darf die Auswahl zwischen verschiedenen, zur Herbeiführung des Erfolgs geeigneten Mitteln dem Schuldner überlassen und ist hierzu sogar verpflichtet, wenn es sich – wie hier – um einen Anspruch auf Beseitigung einer Störung handelt. Wegen der Besonderheiten der immissionsrechtlichen Unterlassungsklage sind in diesem Bereich Klageanträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art (z. B. Geräusche und Gerüche) zu unterlassen, mithin zulässig. Der Kläger sollte indes die zu unterlassende Beeinträchtigung und die Grenze des zulässigen Lärms möglichst genau beschreiben. Die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Geräuschbelästigung kann aber nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden. Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist.

Muster: Unterlassungsantrag bei Geräuschen

Ich beantrage, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, mich durch eine Geräuschentwicklung über 35 Dezibel (A) bzw. 25 Dezibel (A) in der Zeit von 22 Uhr bis 7 Uhr werktags bzw. 8 Uhr an Sonn- und Feiertagen der zu seinem Teileigentum gehörenden Klimaanlage, in der Benutzung meines Sondereigentums zu stören.

6 Entscheidung

LG Offenburg, Urteil v 17.5.2021, 2 O 513/20

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