Leitsatz

Eine volljährige Studentin nahm ihren Vater auf Zahlung von Unterhalt i.H.v. 846,00 EUR monatlich in Anspruch. Bei diesem Betrag war die anteilige Unterhaltsverpflichtung ihrer Mutter bereits berücksichtigt.

Das AG hat der Klägerin Prozesskostenhilfe nur teilweise bewilligt, soweit sie für die Zeit von Juli 2005 bis einschließlich Oktober 2005 Unterhaltsrückstände i.H.v. insgesamt 500,00 EUR und für die Zeit ab November 2005 monatliche Unterhaltsleistungen i.H.v. 415,00 EUR geltend machte. Im Übrigen hat das erstinstanzliche Gericht der Klägerin Prozesskostenhilfe verweigert und sie für verpflichtet gehalten, ihr Sparguthaben i.H.v. ca. 12.000,00 EUR für ihren Unterhaltsbedarf so einzusetzen, dass sie monatlich 562,50 EUR entnimmt.

Unstreitig stammte dieses Vermögen etwa zur Hälfte aus einer Zuwendung der Großmutter und im Übrigen aus der Veräußerung eines Kraftfahrzeugs, dass die Klägerin vor Aufnahme ihrer Ausbildung im September 2004 besessen hatte.

Gegen den teilweise PKH versagenden PKH-Beschluss legte die Klägerin Beschwerde ein unter Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung des BGH zur Anrechnung des Kindergeldes auf den Bedarf. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass sie über kein eigenes Vermögen mehr verfüge, zu dessen Verwertung sie im Übrigen nicht verpflichtet sei.

Unter Berücksichtigung einer anteiligen Unterhaltsverpflichtung ihrer Mutter belaufe sich ihr Bedarf noch auf 846,00 EUR monatlich.

Die Beschwerde der Klägerin hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war der Klägerin Prozesskostenhilfe für einen Unterhaltsrückstand für die Zeit von Juli 2005 bis einschließlich Oktober 2005 i.H.v. 2.224,00 EUR und für die Zeit ab November 2005 i.H.v. monatlich 846,00 EUR zu bewilligen.

Der Bedarf der Klägerin sei zutreffend vom AG mit 1.269,00 EUR monatlich festgestellt worden. Es bestehe auch ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt gegenüber den Eltern, die sich mit der Durchführung des Studiums der Klägerin ausdrücklich einverstanden erklärt hätten und deswegen im Verhältnis ihrer Einkünfte für die Kosten des Studiums aufkommen müssten. Die Frage, ob die Klägerin verpflichtet sei, ihr Vermögen ganz oder teilweise für ihren Unterhalt einzusetzen, bedürfe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BGH einer umfassenden Gesamtabwägung, für die sich das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nicht eigne. Neben der Frage der Zubilligung eines Notgroschens und dessen Höhe stelle sich die Frage der Zumutbarkeit des Einsatzes des durch die Veräußerung ihres Kfz erworbenen Vermögens angesichts der guten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eltern. Schließlich bedürfe es der Aufklärung, ob das von der Großmutter überlassene Vermögen der Finanzierung der Ausbildung dienen sollte oder ob es sich um eine Schenkung an das Enkelkind gehandelt habe, die die Eltern von ihrer Unterhaltsverpflichtung nicht entlasten sollte.

Das OLG verwies insoweit auf die Rechtsprechung des BGH (BGH v. 5.11.1997 - XII ZR 20/96, MDR 1998, 225 m. Anm. Hartung = FamRZ 1998, 367-370), wonach die Grenze der Unzumutbarkeit, den Stamm des Vermögens für den eigenen Unterhalt anzugreifen, enger zu ziehen sei als bei § 1577 Abs. 3 BGB. Der Tatrichter habe darüber im Einzelfall im Rahmen einer umfassenden Zumutbarkeitsabwägung zu entscheiden, die alle bedeutsamen Umstände und insbesondere auch die Lage des Unterhaltsverpflichteten berücksichtige.

Soweit im Schrifttum auf die Frage einer entsprechenden Anwendung des § 1577 Abs. 3 BGB eingegangen werde, werde dies überwiegend verneint.

Zur Frage der Zubilligung eines Notgroschens habe der BGH ausgeführt, dass auch dies nicht einheitlich beurteilt werden könne.

Das OLG hat der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des "Notgroschens" Pfandbriefe im Nennwert von 10.000,00 DM belassen und daneben unter dem Gesichtspunkt des sog. Affektionsinteresses drei Krügerrand-Münzen. Die Orientierung an Vorschriften des Sozialrechts bei der Bemessung eines solchen Freibetrages sei an sich nicht zu beanstanden. Die in diesen Vorschriften genannten Beträge wurden vom OLG jedoch überschritten.

Nach Auffassung des OLG habe das AG neben der Frage der Zubilligung eines Notgroschens weiter abzuwägen, ob ein Vermögenseinsatz überhaupt in Frage komme und ob die Zuwendung der Großmutter aus anderen Gründen anrechnungsfrei bleiben müsse.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 04.07.2006, 5 WF 89/06

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