Leitsatz

Gegenstand dieser Entscheidung des OLG Karlsruhe war die in der Praxis häufig auftauchende Frage, ob für die Zeit zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn einer weiterführenden Ausbildung Unterhalt an ein volljähriges Kind zu zahlen ist. Es ging primär darum, ob sich der Volljährige nach Abschluss einer und vor Aufnahme einer weiteren Ausbildung bemühen muss, eine Arbeitsmöglichkeit zu finden, um seinen Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit sicherzustellen oder ob und ggf. für welche Dauer während der Übergangszeit ein Unterhaltsanspruch gegen die Eltern besteht.

 

Sachverhalt

Der im Jahre 1991 geborene Antragsteller begehrte Verfahrenskostenhilfe für einen gegen seinen Vater gerichteten Antrag auf Zahlung von Kindesunterhalt für die Monate August und September 2011.

Im Juli 2010 hatte er das Abitur abgelegt und im Anschluss daran von September 2010 bis einschließlich Juli 2011 ein freiwilliges soziales Jahr im medizinischen Bereich abgelegt. Hieraus erzielte er ein bedarfsdeckendes Einkommen.

Anfang August 2011 nahm der Antragsteller ganztägig an einem 3-wöchigen Rettungshelferlehrgang teil. Im Oktober 2011 begann er mit einer 3-jährigen Ausbildung zum Krankenpfleger, mit der die weitere Wartezeit bis zur Zulassung zum angestrebten Medizinstudium überbrückt werden sollte.

Für die zwei Monate zwischen dem Abschluss des sozialen Jahres und dem Beginn der Krankenpflegerausbildung begehrte der Antragsteller von seinem Vater Unterhalt und begründete diesen Anspruch u.a. mit dem Recht eines volljährigen Kindes auf Erholung zwischen zwei Ausbildungsabschnitten.

Das AG hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Die hiergegen von dem Antragsteller eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts und hat den VKH-Antrag des Antragstellers mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückgewiesen, da ein schlüssiger Anspruch auf Kindesunterhalt für die Monate August und September 2011 und die hilfsweise von dem Antragsteller beantragte Erweiterung bis Dezember 2011 nicht dargetan worden sei.

Ein Volljähriger habe bei hinreichender Leistungsfähigkeit seiner Eltern nur dann Anspruch auf Unterhalt, solange er wegen Schulbesuchs, Studiums oder einer Ausbildung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne und müsse. Volljährige Kinder, die sich keiner Berufsausbildung unterzögen, seien grundsätzlich nicht unterhaltsbedürftig.

Nach dem Ende der Schulzeit könne der Volljährige zwar im Regelfall eine gewisse Zeit zur Erholung und Neuorientierung für sich in Anspruch nehmen. Eine solche unterhaltsrechtlich anzuerkennende Übergangszeit bestehe aber nicht in jedem Fall zwischen einzelnen Abschnitten des Ausbildungsweges des volljährigen Kindes. Sie sei dem Antragsteller insbesondere nicht für die Pause zwischen der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres und dem Beginn seiner Krankenpflegerausbildung zuzubilligen.

Für die hier geltend gemachten Zeiträume bestehe kein Unterhaltsanspruch. Dem Antragsteller sei vielmehr ein fiktives Einkommen anzurechnen. Zumindest in der Zeit nach Abschluss des Rettungshelferlehrgangs hätte er nach Auffassung des OLG seinen Unterhalt selbst verdienen können und müssen. Es sei nicht ansatzweise erkennbar, dass der Antragsteller in besonderer Weise erholungsbedürftig gewesen wäre. Auch sonstige Umstände, die den Antragsteller an einer Erwerbstätigkeit gehindert hätten, seien nicht ersichtlich.

 

Hinweis

Bislang gibt es zu der Frage der Erwerbsobliegenheit eines volljährigen Kindes zwischen Ende der Schulausbildung und Beginn einer weiterführenden Ausbildung wenig Rechtsprechung. In der Praxis ist es für volljährige Kinder häufig schwierig, für eine Übergangszeit eine bezahlte Aushilfstätigkeit zu finden, zumal die Nachfrage größer ist als das Angebot.

Gleichwohl - dies hat das OLG Karlsruhe ausdrücklich klargestellt - trifft das Kind die Obliegenheit, sich für unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennende Übergangszeiten um eine Beschäftigung zu bemühen und diese Bemühungen in nachvollziehbarer und nachprüfbarer Form zu dokumentieren.

Wird diesen Erfordernissen nicht Rechnung getragen, führt dies häufig zur Konsequenz der Anrechnung eines fiktiven bedarfsdeckenden Einkommens des Volljährigen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.03.2012, 2 WF 174/11

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