Leitsatz

Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Bedarf minderjähriger Kinder ist in § 1612b Abs. 5 BGB geregelt. Bis zur Entscheidung des BGH vom 26.10.2005 zur Geschäftsnummer XII ZR 34/03 wurde von Rechtsprechung und Schrifttum auch für volljährige Kinder eine Teil- oder Halbanrechnung des Kindergeldes auf den Tabellenbedarf des Kindes vertreten. Durch die Entscheidung des BGH (a.a.O.) wurde klargestellt, dass das Kindergeld bei volljährigen Kindern in vollem Umfang bedarfsdeckend auf den Unterhaltsbedarf angerechnet werden muss. Teilweise wurde gleichwohl weiterhin vertreten, dass dies nicht für privilegierte Volljährige gelte.

 

Sachverhalt

Der am 9.9.1985 geborene Kläger nahm seinen Vater auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch. Seine Eltern lebten getrennt. Er selbst war Schüler, erzielte kein eigenes Einkommen und lebte im Haushalt seiner Mutter.

Der Beklagte erzielte ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.487,00 EUR monatlich, die Mutter des Klägers ein solches i.H.v. ca. 1.178,00 EUR. Die Parteien gingen davon aus, dass der Beklagte dem Kläger Kindesunterhalt nach der 4. Altersstufe der 2. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle schuldet. Entsprechend hat sich der Beklagte in einer Jugendamtsurkunde zur Zahlung dieses Unterhalts abzüglich des hälftigen Kindergeldes (350,00 EUR - 77,00 EUR = 273,00 EUR) verpflichtet. Seit Oktober 2003 zahlte er diesen Betrag an den Kläger.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage auf weiteren Unterhalt in Höhe des abgesetzten hälftigen Kindergeldes von monatlich 77,00 EUR für die Zeit ab Oktober 2003 abgewiesen. Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung war der Kläger beim OLG nicht erfolgreich. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrte er weiterhin zusätzlichen Unterhalt i.H.d. hälftigen Kindergeldes.

Sein Rechtsmittel war nicht erfolgreich.

 

Entscheidung

In seiner Entscheidung vertrat der BGH auch weiterhin die Auffassung, dass eine analoge Anwendung des § 1612b Abs. 5 BGB auf volljährige Kinder nicht in Betracht komme. Vom Gesetzgeber sei die Geltung dieser Norm bewusst auf minderjährige Kinder beschränkt worden. Auch habe er bewusst privilegierte Volljährige minderjährigen Unterhaltsberechtigten nicht gleichstellen wollen. Eine Gleichstellung sei nur hinsichtlich der gesteigerten Erwerbsobliegenheit und des unterhaltsrechtlichen Ranges privilegiert Volljähriger geschehen.

Die Unanwendbarkeit des § 1612b Abs. 5 BGB auf den Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder führe auch nicht zu unbilligen Ergebnissen, insbesondere nicht zu einer Verminderung des Unterhaltsanspruchs mit Erreichen der Volljährigkeit. Die Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes gehe einher mit dem Anspruch des Kindes auf Auskehr des Kindergeldes. Das volljährige Kind könne neben dem Barunterhalt Auskehrung des vollen Kindergeldes an sich verlangen. Der Anspruch auf Auskehr des Kindergeldes stocke den Barunterhalt wieder auf den Tabellenbetrag auf, der bei volljährigen Kindern höher sei als bei Minderjährigen. Zudem werde hiermit erreicht, dass auch bei volljährigen Kindern das Kindergeld immer erst für den Unterhaltsbedarf verwendet werden müsse und damit einer Gefährdung des Existenzminimums entgegen wirke.

Im vorliegenden Fall verhalf dies dem Kläger jedoch nicht zum Erfolg, da wegen der anteiligen Mithaftung des anderen Elternteils ein den tatsächlichen Bedarf erfüllender Unterhalt realisiert werden konnte.

 

Hinweis

Die Entscheidung des BGH bringt Klarheit zu der Frage der Kindergeldanrechnung im Volljährigenunterhalt. Kindergeld ist in vollem Umfang auf den Bedarf des volljährigen Kindes anzurechnen, gleichgültig, ob es sich um einen privilegierten Volljährigen handelt oder nicht. Erst nach der Anrechnung des Kindergeldes wird die Haftungsquote der Eltern ermittelt.

Führt diese Berechnung im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass das volljährige Kind einschließlich des vollen staatlichen Kindergeldes weniger finanzielle Mittel zur Verfügung hätte, als ein minderjähriges Kind der 3. Altersgruppe, ist der Bedarfssatz des Kindes gegenüber den in der Düsseldorfer Tabelle festgeschriebenen Bedarfssätzen maßvoll anzuheben.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.01.2007, XII ZR 166/04

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