Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 14.01.2004; Aktenzeichen 24 O 386/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 14.1.2004 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin - 24 O 386/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin vom 15.1.2003 wird teilweise aufgehoben und die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.127,13 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.3.2002 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

Der Kläger trägt vorab die Kosten seiner Säumnis im Termin vom 15.1.2003. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Die Beklagten sind dem Kläger gem. §§ 7 Abs. 1, 18 StVG a.F., 823 BGB, § 3 Nr. 1, Nr. 2 Pflichtversicherungsgesetz zum Ersatz aller Schäden verpflichtet, die ihm aufgrund des streitigen Schadensereignisses vom 12.1.2002 auf der Britzer Straße in Berlin entstanden ist.

1. Die Berechtigung des Klägers Ersatzansprüche wegen der Beschädigung des Pkw Honda Accord mit dem amtlichen Kennzeichen ...-... geltend zu machen, ergibt sich aus § 1006 BGB. Nach der Aussage des Zeugen R.B. sowie nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Beklagten zu 1) ggü. dem LG und dem Inhalt der bei der Beiakte befindlichen Verkehrsunfallmeldung war der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt Fahrer und damit Besitzer des streitgegenständlichen Pkws. Mithin streitet für ihn die Vermutung aus § 1006 BGB, auch Eigentümer dieses Fahrzeugs gewesen zu sein.

2. Dem LG kann nicht darin gefolgt werden, wenn es ausführt, aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. S. stünde fest, dass die geltend gemachten Schäden an dem Honda Accord in ihrer Gesamtheit nicht auf einen Zusammenstoß mit dem bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Ford Fiesta zurückzuführen seien.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten auf S. 26 ausgeführt, die Kompatibilität für die an dem Unfall beteiligten Fahrzeugen festgestellten Schäden sei geometrisch, von der Schadensausbildung her und in Bezug auf den erforderlichen Energieaustausch gegeben. Als nicht beweisbar hat er lediglich eine Beschädigung des rechten Außenspiegels des klägerischen Fahrzeugs angesehen. Bei seiner ergänzenden Anhörung im Berufungsverfahren hat der Sachverständige ausgeführt, die Schäden seien eindeutig kompatibel. Er gehe mit Sicherheit davon aus, dass die beiden Fahrzeuge miteinander kollidiert seien, doch habe der Ford Fiesta zum fraglichen Zeitpunkt gestanden. Auf eine ergänzende Nachfrage hat er ausgeführt, es sei auch denkbar, dass der Ford Fiesta mit geringer Geschwindigkeit von vielleicht 1 km/h rückwärts gefahren und durch die Kollision zum Stillstand gekommen sei. Bei einer Geschwindigkeit des Ford Fiesta von 5 km/h seien die Schäden demgegenüber nicht mehr denkbar. Weiter hat der Sachverständige auf Befragen des Beklagtenvertreters erklärt, die Fahrmanöver der beteiligten Fahrzeuge seien eindeutig nachvollziehbar. Auch die Kollisionsstellung sei nachvollziehbar.

Es stellt sich daher die Frage, ob ein Anspruch auf Schadensersatz aus Verkehrsunfall bereits deshalb entfällt, weil der Anspruchsteller, hier der Kläger, das Unfallgeschehen nicht in allen Einzelheiten exakt vorträgt, sondern sich im Rahmen einer Beweisaufnahme Abweichungen zwischen dem behaupteten und dem tatsächlichen bzw. nach Beweisaufnahme feststehenden Hergang des Schadensereignisses ergeben. Nach Auffassung des Gerichts ist dies nicht der Fall. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zu den Anforderungen an die Darlegungslast (Substantiierung), wonach ein Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich ist, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die i.V.m. einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen und nähere Einzelheiten nur dann erforderlich sind, wenn diese für die Rechtsfolge von Bedeutung sind (BGH v. 23.4.1991 - X ZR 77/89, MDR 1992, 76 = NJW 1991, 2707 [2709]; v. 17.9.1998 - III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361, st. Rspr.), können Abweichungen im Sachvortrag des Klägers vom Ergebnis der Beweisaufnahme nur dann zur Klageabweisung führen, wenn diese Abweichungen für die in Anspruch genommene Rechtsfolge von Bedeutung sind.

Dies ist hier nicht der Fall. Fährt ein Kraftfahrer mit seinem Pkw rückwärts von einem anderen Straßenteil aus in die Fahrbahn ein, so spricht gegen ihn grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins. Dieser Beweis des ersten Anscheins würde nicht bereits dadurch entkräftet, dass der rückwärts Einfahrende beweist, dass sein Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision - möglicherweise nur für Sekundenbruchteile - bereits zum Stillstand gekommen ist, sondern erst wenn feststünde, dass sein Fahrzeug bereits so lange gesta...

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