Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahme unverschuldeter Zahlungsunfähigkeit im Rahmen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges sowie zu der Annahme unverschuldeter Zahlungsunfähigkeit durch den Mieter gem. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Urteil vom 01.02.2008; Aktenzeichen 15 C 345/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 1.2.2008 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 15 C des AG Schöneberg hinsichtlich Ziff. 2 des Urteilstenors abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung I.G., B., 1. OG, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Flur, einem Kellerraum, einem Bad/WC, einem Keller sowie Garten links vor dem Haus K.-L.-Straße ..., B. zu räumen und geräumt an die Klägerinnen zu übergeben.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 7.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.1.2009 bewilligt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Berufung der Klägerinnen richtet sich gegen das am 1.2.2008 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 15 C des AG Schöneberg, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Klägerinnen tragen zur Begründung ihrer Berufung vor:

1. Entgegen der Ansicht des AG sei die fristlose Kündigung nicht bereits bei Klageerhebung wirkungslos gewesen. Das Kündigungsrecht der Klägerinnen sei gem. § 543 Abs. 2 Ziff. 3a BGB entstanden, weil der Beklagte mit den Mietzahlungen für Februar und März 2007 in Rückstand geraten sei, am vierten Werktag des Monats März habe ein Rückstand i.H.v. 610,91 EUR bestanden. § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB sei nicht einschlägig, weil die Klägerinnen vor Ausspruch der Kündigung nicht vollständig befriedigt worden seien. Das AG gehe unzutreffend davon aus, dass zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung ein die Kündigung rechtfertigender Zahlungsrückstand bestehen müsse.

Die fristlose Kündigung sei jedoch durch den vollständigen Zahlungsausgleich nach Rechtshängigkeit gem. § 569 Abs. 3 Ziff. 2 BGB unwirksam geworden.

2. Das AG habe rechtsfehlerhaft die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung verneint. Der Beklagte habe seine Hauptpflicht zur Zahlung der vereinbarten Miete gem. § 535 Abs. 2 BGB verletzt. Hierbei seien Mietrückstände entstanden, die sogar die fristlose Kündigung rechtfertigten. Ein solcher Zahlungsverzug begründe auch das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses gem. § 573 Abs. 2 Ziff. 1 BGB. Die Nichtzahlung der Miete sei durch den Beklagten auch schuldhaft verursacht worden. Der Vortrag des Beklagten, dass er nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Ausgaben zu bestreiten, weil er Waren des täglichen Bedarfs und Kleidung habe erwerben müssen, rechtfertige keine andere Beurteilung. Nach der Entscheidung des BGH v. 16.2.2005 - VIII ZR 6/04 - habe der Mieter die Möglichkeit, sich im Rahmen der Verschuldensprüfung auf unvorhersehbare wirtschaftlichen Engpässe zu berufen. Diesbezüglich fehle jeglicher Vortrag des Beklagten. Der BGH habe in dieser Entscheidung weiter ausgeführt, dass im Rahmen der Prüfung des Verschuldens auch eine nachträgliche Zahlung zugunsten des Mieters zu berücksichtigen sei. Vorliegend habe der Beklagte die Mietrückstände erst im November 2007, also ca. 6 Monate nach Zugang der Kündigung, ausgeglichen. Ferner habe der Beklagte auch den Nachzahlungsbetrag aus der Heizkostenabrechnung von 420,73 EUR noch nicht beglichen.

Die Klägerinnen beantragen, unter Abänderung des Urteils des AG Schöneberg vom 1.2.2008 - 15 C 345/07 - den Beklagten zu verurteilen, die Wohnung im G., 1. OG, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Flur, einem Bad/WC, einem Kellerraum sowie einem Garten links vor dem Hause K. zu räumen und geräumt an die Klägerinnen zu übergeben.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte erwidert:

1. Das Räumungsbegehren sei nicht gerechtfertigt, selbst wenn davon ausgegangen werde, dass zum 4. Werktag des Monats März 2007 ein Rückstand von 559,95 EUR bestanden habe. Die Minderungsansprüche habe der Beklagte nur fallen gelassen, weil er den Beweis für die Anzeige der Mängel nicht habe führen können. Daher seien Rückstände, die ihre Grundlage in der Minderung hätten, nicht schuldhaft. Die behaupteten Mietrückstände lägen zudem unter zwei Monatsmieten. Bis zum Ausspruch der Kündigung am 25.5.2007 habe der Beklagte diesen Mietrückstand jedenfalls teilweise durch Zahlung abgebaut. Die Klägerinnen hätten bereits im März 2007 kündigen können, jedoch über 7 Wochen zugewartet. In dieser Zeit habe der Beklagte aber teilweise Zahlungen erbracht. Zwar habe der BGH in seiner Entscheidung v. 28.11.2007 - VIII ZR 145/07 - ausgeführt, ...

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