Leitsatz

1. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gilt nicht für die ordentliche Kündigung.

2. Die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt voraus, dass die Pflichtverletzung schuldhaft begangen wird. Der Mieter muss das fehlende Verschulden darlegen und beweisen.

3. Im Fall der nachträglichen Zahlung entfällt das Verschulden nur dann, wenn der Rückstand "binnen kurzer Zeit" ausgeglichen wird.

4. Die ordentliche Kündigung nach § 573 BGB setzt keine Abmahnung voraus.

(Leitsätze der Redaktion)

 

Normenkette

BGB § 573 Abs. 2 Nr. 1

 

Kommentar

Zwischen den Parteien bestand ein Wohnraummietverhältnis zu einer monatlichen Miete von 490,48 EUR. Die Miete war jeweils am 3. Werktag eines Monats zu bezahlen. Ab Februar 2007 hat der Mieter nicht mehr die volle Miete bezahlt.

Es ergaben sich folgende Rückstände:

Monat geschuldet bezahlt Rückstand
Februar 490,48 EUR ------ 490,48 EUR
März 490,48 EUR 370,95 EUR 610,01 EUR
April 490,48 EUR 413,59 EUR 686,90 EUR
Mai 490,48 EUR 413,59 EUR 763,79 EUR

Der Vermieter hat am 25.5.2007 fristlos nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB, hilfsweise ordentlich nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gekündigt und am 13.9.2007 Räumungsklage erhoben. Am 9.11.2007 hat der Mieter die bis dahin bestehenden Rückstände bezahlt. Das Kammergericht hatte darüber zu entscheiden, ob das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 25.5.2007 beendet worden ist.

1. Fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe a BGB

Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Monate mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug gerät. Insoweit genügt es, wenn der rückständige Teil eine Monatsmiete übersteigt (§ 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Diese Voraussetzung war am 3. Werktag des Monats März 2007 gegeben. Allerdings wird eine fristlose Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam, wenn der Mieter den Rückstand innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung der Räumungsklage bezahlt. So lagen die Dinge hier: Die Räumungsklage wurde dem Mieter am 13.9.2007 zugestellt. Am 9.11.2007 – also vor Ablauf der 2-Monats-Frist – hat der Mieter bezahlt. Die Kündigung aufgrund § 543 Abs. 2 BGB war also unwirksam.

2. Ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB

Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter kündigen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Eine Pflichtverletzung in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Mieter seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt und ein Rückstand i. S. d. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB entsteht. Die Regelung des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht für die ordentliche Kündigung (grundlegend: BGH, Urteil v. 16.2.2005, VIII ZR 6/04; zuletzt: BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII ZR 145/07). Dieser Ansicht schließt sich das KG an.

Im Unterschied zu § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB setzt die ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB voraus, dass die Pflichtverletzung schuldhaft begangen wird. Aus § 280 Abs. 1 S. 2 BGB wird abgeleitet, dass der Mieter das fehlende Verschulden darlegen und beweisen muss (Rolfs in: Staudinger (2006), § 573 BGB Rdn. 41; Palandt/Weidenkaff, § 573 BGB Rdn. 22). Auch das KG vertritt diese Ansicht.

In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass es am Verschulden fehlen kann, wenn der Zahlungsverzug auf unverschuldete wirtschaftliche Schwierigkeiten zurückzuführen ist (Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 573 BGB Rdn. 30). Der Mieter hat hierzu vorgetragen, dass er seit Anfang 2005 arbeitslos sei und von ALG II lebe. Nach der Ansicht des KG genügt dies nicht. Das Verschulden entfällt nur dann, wenn konkrete Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass der Mieter im Februar 2007 in Zahlungsschwierigkeiten geraten ist. Dies muss der Mieter vortragen und beweisen.

Der BGH hat in dem Urteil vom 16.2.2005 (a. a. O.) ausgeführt, dass die nachträgliche Zahlung der Rückstände zugunsten des Mieters berücksichtigt werden kann, weil sie "ein etwaiges Fehlverhalten in einem milderen Licht erscheinen lässt". Nach der Meinung des KG entfällt das Verschulden nur dann, wenn der Rückstand "binnen kurzer Zeit" ausgeglichen wird. Vorliegend lag zwischen dem Zugang der Kündigung am 25.5.2007 und der Zahlung am 9.11.2007 fast ein halbes Jahr. Dieser lange Zeitraum schließt es nach der Ansicht des KG aus, dass die Zahlung verschuldensmindernd berücksichtigt wird.

Die Kündigung aufgrund § 573 Abs. 2 BGB war demnach wirksam.

Anmerkung

Abschließend führt das KG aus, dass der ordentlichen Kündigung nach § 573 BGB keine Abmahnung vorausgehen muss. Dies entspricht der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII ZR 145/07).

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Urteil vom 24.07.2008, 8 U 26/08, KGR Berlin 2008, 935 = DWW 2008, 379 m. Anm. Lützenkirchen, jurisPR-MietR 19/2008 Anm. 5

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