Leitsatz (amtlich)

1. Ein Betreiber von Geldspielautomaten kann nicht im Hinblick auf das EuGH-Urt. v. 17.2.2005 - Rs. C-453/02 (Linneweber) und Rs. C-462/02 (Akritidis) - Schadensersatz wegen bestandskräftig festgesetzter und gezahlter Umsatzsteuerbeträge verlangen.

2. Die nicht ordnungsgemäße Umsetzung von Art. 13 Teil B Buchst. f der Richtlinie 77/388/EWG durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1980 erfüllt nicht die Voraussetzungen eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs eines gewerblichen Betreibers von Glücksspielautomaten.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 02.07.2010; Aktenzeichen 23 O 40/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 26.04.2012; Aktenzeichen III ZR 210/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das am 2.7.2010 verkündete Urteil des LG Berlin - 23 O 40/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens mit der Maßgabe, dass die Klägerin zu 1) 33 %, der Kläger zu 2) 64 % und die Klägerin zu 3) 3 % der Kosten zu tragen haben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger betreiben Glücksspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die in Spielhallen den Verbrauchern zur Nutzung angeboten werden. Sie begehren von der Beklagten, ebenso wie weitere private Spielhallenbetreiber in zahlreichen Parallelverfahren, wegen nicht ordnungsgemäßer Umsetzung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (EWGRL 388/77) den Ersatz angeblich zu Unrecht festgesetzter und gezahlter Umsatzsteuerbeträge.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat mit dem am 2.7.2010 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein gemeinschaftsrechtlicher Staatshaftungsanspruch scheitere vor dem Hintergrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 10.6.2010 in der Rs. C-58/09 (Leo-Libera) jedenfalls an dem Erfordernis des unmittelbaren Kausalzusammenhanges zwischen dem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsrechtsnorm und den behaupteten Schäden. Zudem seien Schadensersatzansprüche der Kläger verjährt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihr Begehren nach Schadensersatz aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter verfolgen.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des am 2.7.2010 verkündeten Urteils des LG Berlin - 23 O 40/09 - die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 175.079,99 EUR zu zahlen, und zwar für

1990 5.706,88 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1991

1991 22.615,43 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1992

1992 45.542,06 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1993

1993 54.122,21 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1994

1994 47.093,41 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1995,

an den Kläger zu 2) 363.919,49 EUR zu zahlen,

und zwar für

1987 25.810,85 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1988

1988 9.723,46 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1989

1989 27.456,80 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1990

1990 43.976,78 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1991

1991 23.059,71 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1992

1992 70.493,20 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1993

1993 86.428,83 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1994

1994 76.969,85 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1995

und - als Rechtsnachfolger der Klägerin zu 4) - 65.061,43 EUR zu zahlen,

und zwar für

1987 23.932,36 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1988

1988 11.899,09 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1989

1989 11.607,94 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1990

1990 5.452,47 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1991

1991 12.169,56 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1992

sowie an die Klägerin zu 3) 27.777,02 EUR zu zahlen,

und zwar für

1987 8.926,39 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1988

1988 1.237,34 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1989

1989 1.105,96 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1990

1990 1.547,46 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1991

1991 1.018,49 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1992

1992 5.678,17 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1993

1993 8.263,21 EUR nebst 5 % Zinsen über Basis seit dem 1.7.1994.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint darüber hinaus, sämtliche Voraussetzungen des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs seien nicht gegeben. Etwaige Ansprüche der Kläger seien bereits mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt.

II.1. Die zulässige Berufung hat i...

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