Leitsatz (amtlich)

Unterzeichnet nur einer von zwei Vorständen einer Aktiengesellschaft für diese einen Mietvertrag, ist zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz nicht erforderlich.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 10.10.2006; Aktenzeichen 91 O 44/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 04.11.2009; Aktenzeichen XII ZR 86/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten, wird das am 10.10.2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des LG Berlin abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 10.10.2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Entgegen der Auffassung des LG sei der Mietvertrag nicht durch Kündigung wirksam beendet worden. Das Recht zur ordentlichen Kündigung sei gem. § 3 Nr. 2 des Mietvertrages wirksam abbedungen worden. Die Änderungsvereinbarung vom 18.3.2002 genüge der Schriftform des § 550 BGB.

Die Beklagte beantragt, das am 10.10.2006 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Berlin abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Der Mietvertrag sei wirksam gekündigt worden. Zum einen lägen die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung vor, da sowohl der Ausgangsvertrag als auch die Änderungsvereinbarung nicht der Schriftform des § 550 BGB genügten. Darüber hinaus hätten bei Ausspruch der Kündigung auch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorgelegen.

II. Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Entgegen der Auffassung des LG kann nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis der Parteien über die Gewerberäume im 11. Obergeschoss des Hauses ... zum 30.9.2006 geendet hat.

Das Mietverhältnis ist durch die mit Schreiben vom 31.3.2006 erklärte Kündigung der Klägerin nicht wirksam beendet worden. Es lagen zum Zeitpunkt der Kündigung weder die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung gem. §§ 542 Abs. 1, 580a Abs. 2 BGB noch die einer außerordentlichen Kündigung gem. §§ 543, 569 Abs. 1 Satz 1, 578 Abs. 2 Satz 2 BGB vor.

Sowohl der Mietvertrag vom 2.7.2001 als auch die Änderungsvereinbarung vom 18.3.2002 genügen dem gesetzlichen Schriftformerfordernis. Der Mietvertrag gilt daher nicht gem. § 550 BGB mit der Folge der ordentlichen Kündbarkeit als für unbestimmte Zeit geschlossen.

Dem LG ist nicht zu folgen, soweit es in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertritt, dass die Änderungsvereinbarung formunwirksam sei, weil aus ihr heraus nicht zu ermitteln sei, ob der für die Klägerin unterzeichnende Vorstand K, auch für den weiteren bei der Parteibezeichnung genannten weiteren Vorstand G, unterzeichnet hat, oder ob der weitere Vorstand G. noch zusätzlich den Vertrag unterzeichnen sollte.

Der vom LG insoweit zitierten Rechtsprechung des BGH (BGH v. 5.11.2003 - XII ZR 134/02, BGHReport 2004, 218 = MDR 2004, 325 = NJW 2004, 1103; BGH v. 16.7.2003 - XII ZR 65/02, BGHReport 2003, 1124 m. Anm. Leo = MDR 2003, 1283 = NJW 2003, 3053) lagen jeweils Sachverhalte zugrunde, bei denen für die auf einer der beiden Vertragsseiten befindliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Person den Vertrag ohne Vertretungszusatz unterzeichnet hat. Der BGH hat in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass dann, wenn von mehreren Vermietern oder Mietern oder von mehreren Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich einer unterschreibt, zur Wahrung der Schriftform ein Vertretungszusatz erforderlich ist, weil andernfalls nicht ersichtlich wäre, ob der Unterzeichnende die Unterschrift nur für sich selbst oder aber zugleich in Vertretung der anderen leistet.

Derartige Zweifel können aber im vorliegenden Fall, wo sich auf der Mietseite nicht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern eine Aktiengesellschaft befindet, nicht auftreten.

Der BGH hat in Abgrenzung zu den beiden oben genannten Entscheidungen mit Urt. v. 6.4.2006 - XII ZR 132/03 - (BGH v. 6.4.2005 - XII ZR 132/03, BGHReport 2005, 1096 = MDR 2005, 1040 = NJW 2005, 2225) ausgeführt, dass das Fehlen eines Vertretungszusatzes der Wahrung der Schriftform nicht entgegenstehe, wenn eine Person für eine GmbH unterzeichne, denn da die Person nicht selbst Vertragspartei werden solle, könne ihre Unterschrift nur die Bedeutung haben, dass sie die GmbH vertreten wolle. Auch im vorliegenden Fall ist unstreitig und offenkundig, dass der Vorstand K. jedenfalls nicht für sich selbst, sondern in Vertretung für die Klägerin - eine Aktiengesellschaft, deren Namen sich un...

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