Leitsatz (amtlich)

Eine Anrechnung von Steuervorteilen, die sich aus einer Kapitalanlage ergeben (hier: Medienfonds VIP 2), ist dann vorzunehmen, wenn dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben oder er gar Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Einlageleistungen hinausgehen (im Anschluss an BGH WM 2010, 1641; BGH WM 2011, 740). Dabei ist die tatsächlich zu leistende Bareinlage maßgebend, auch wenn sie hinter der zu erbringenden Zeichnungssumme zurückbleibt. Wenn die Verlustzuweisungen die Einlageleistung übersteigen, ist die Grundannahme erschüttert, dass sich Verlustzuweisungen und Schadensersatzleistungen der Höhe nach in etwa entsprechen. Dies gilt auch dann, wenn infolge von Gewinnzuweisungen in späteren Jahren der aus der anfänglichen Verlustzuweisung resultierende Vorteil vermindert wird.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 20.06.2011; Aktenzeichen 37 O 138/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.01.2014; Aktenzeichen XI ZR 42/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.6.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin - 37 O 138/10 - teilweise abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 58.492,04 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2010 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von ihm gezeichneten Beteiligung an der F...VIP M...GmbH & Co. KG im Nennwert von insgesamt 120.000 EUR resultieren und die ohne Zeichnung dieses Fondsanteils nicht eingetreten wären.

3. Die Verurteilung gemäß den Anträgen zu Ziff. 1 und 2 erfolgt Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten auf Übertragung der vom Kläger am 12.12.2002 gezeichneten Beteiligung an der F ...VIP M...GmbH & Co. KG im Nennwert von 120.000 EUR sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.

4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der vom Kläger gezeichneten Beteiligung an der F...VIP M...GmbH & Co. KG im Nennwert von insgesamt 120.000 EUR sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befindet.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 1.761,08 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.5.2010 zu zahlen.

6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat der Kläger 11 % und die Beklagte 89 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. 10 % leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 20.6.2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 37 des LG Berlin, mit dem die Beklagte zum Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der am 12.12.2002 gezeichneten Anlage i.H.v. 120.000 EUR zzgl. 3 % Agio an dem geschlossenen Medienfonds F...VIP M ...GmbH & Co. KG (im Folgenden: M...VIP 2) verurteilt worden ist. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

1. Entgegen der Ansicht des LG sei zwischen den Parteien kein Beratungsvertrag zustande gekommen. Der Kläger habe im Jahre 2002 keine bankmäßige Geschäftsverbindung bei der Beklagten unterhalten, seinerzeit sei der Kläger vom Zeugen H...nicht beraten und betreut worden und im Hause der Beklagten - über die Dokumentation des streitgegenständlichen Zeichnungsvorgangs hinaus - nicht bekannt gewesen. Die Beklagte habe ein Beratungsgespräch in Ansehung der streitgegenständlichen Beteiligung ausdrücklich bestritten. Auch der Kläger habe sich an ein Gespräch mit dem Zeugen H...im Zusammenhang mit der Zeichnung des VIP M...2 nicht erinnern können, wie die Anhörung des Klägers im Termin am 23.11.2010 vor dem LG ergeben habe.

2. Auch bei unterstelltem Beratungsverhältnis bestünde die vom LG angenommene Aufklärungspflicht nicht. Das LG gehe von falschen Voraussetzungen aus, dass allein der aus der Provisionsvereinbarung zwischen der V...AG und der Beklagten resultierende Interessenkonflikt zwischen Kundeninteresse und eigenem Umsatzinteresse zur Rechtfertigung der Aufklärungspflicht genüge. Die Feststellung einer Pfli...

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