Entscheidungsstichwort (Thema)

In der Regel keine Vorteilsausgleichung durch Anrechnung von Steuervorteilen auf Schadensersatzforderungen eines Kapitalanlegers

 

Leitsatz (amtlich)

a)Eine schadensmindernde Anrechnung von Steuervorteilen, die sich im Zusammenhang mit dem darlehensfinanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken ergeben, kommt im Schadensersatzprozess des Anlegers grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt.

b) Etwas anderes gilt nur, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben.

c) Die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten würde unzumutbar erschwert, wenn ihm wegen eines rechtlich nicht gesicherten möglichen Vorteils über einen weiteren Zeitraum das Risiko auferlegt würde, ob der Schädiger die noch ausstehende Ersatzleistung erbringt.

(Anschluss an BGH, Urt. v. 30.11.2007 - V ZR 284/06; v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06; v. 31.5.2010 - II ZR 30/09 sowie v. 15.7.2010 - III ZR 336/08)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Werden die beim Erwerb einer Eigentumswohnung als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen zurückgezahlt, hat der Erwerber diese bei Zufluss als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern. Für die steuerliche Behandlung macht es keinen Unterschied, ob bei der Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts die früheren Werbungskosten von dem damaligen Vertragspartner zurückgezahlt oder von einem Dritten erstattet werden, erforderlich ist nur, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Zahlung und den Einnahmen besteht. Zu den Werbungskosten gehören insbesondere auch die Schuldzinsen, die im Falle des Erwerbs eines Vermietungsobjektes für das zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlasste Darlehen geleistet werden.

2. Die Darlegungslast für die steuerlichen Vorteile und deren etwaige Anrechnung trifft grundsätzlich den Schädiger, wobei an die Schlüssigkeit des Vorbringens in Fällen der vorliegenden Art allerdings – insbesondere auch hinsichtlich etwaiger Rückforderungsansprüche der Finanzbehörden, die eine Anwendung der allgemeinen Regeln über die Vorteilsausgleichung ausschließen – keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Der Geschädigte hat eine sekundäre Darlegungslast, der er durch Vorlage der Steuererklärungen genügt.

 

Normenkette

BGB § 249; ZPO § 287; EStG § 11 Abs. 1, §§ 9, 21

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Urteil vom 18.02.2009; Aktenzeichen 17 U 355/08)

LG Karlsruhe (Urteil vom 22.02.2008; Aktenzeichen 10 O 583/06)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 17. Zivilsenats des OLG Karlsruhe vom 18.2.2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht auf die Berufung des Klägers die Zahlungsklage i.H.v. weiteren 7.813 EUR nebst 4 % Zinsen seit 19.4.2007 abgewiesen hat.

Der Urteilstenor zu I. 1. wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte in teilweiser Abänderung des Urteils der 10. Zivilkammer des LG Karlsruhe vom 22.2.2008 verurteilt, an den Kläger 21.715,43 EUR nebst 4 % Zinsen aus 12.894,78 EUR seit 18.1.2007, aus 4.447,40 EUR seit 19.4.2007 und aus 4.373,25 EUR seit 26.4.2007 zu zahlen, Zug um Zug gegen kostenneutrale Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Übertragung des im Wohnungsgrundbuch von W., Blatt des AG W. eingetragenen Wohnungseigentums, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. V. 4, W. mit sämtlichen im Grundbuch eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen und Beschränkungen, auf die Beklagte erforderlich sind.

Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Rz. 1

Der Kläger verlangt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau von der beklagten Bausparkasse Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem finanzierten Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung.

Rz. 2

Der Kläger und seine Ehefrau erwarben im Jahre 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung in dem Objekt V. 4 in W. . Der Kaufpreis betrug 76.930 DM. Zur Finanzierung des Kaufs schlossen die Anleger mit der L. bank (L-Bank), die hierbei von der Beklagten vertreten wurde, einen Darlehensvertrag über ein tilgungsfreies Vorausdarlehen i.H.v. 87.000 DM sowie zwei Bausparverträge bei der Beklagten. Die Vermittlung der Eigentumswohnung und der Finanzierung erfolgte durch Unternehmen der H. Gruppe (im Folgenden: H. Gruppe), die seit 1990 in großem Umfang Anlageobjekte vertrieb, die die Beklagte in Zusammenarbeit mit verschiedenen Banken finanzierte. Die Darlehensvaluta wurde in der Folge ausgezahlt.

Rz. 3

Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückabwicklung des kreditfinanzierten Kaufs der Eigentumswohnung. Er begehrt insb. die Rückerstattung erbrachter Zahlungen i.H.v. 21.715,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinzsatz seit Rechtshängigkeit, außerdem die Feststellung, dass aus dem Darlehensvertrag gegenüber ihm und seiner Ehefrau keine Zahlungsansprüche bestehen, jeweils Zug um Zug gegen Auflassung des Miteigentumsanteils, und ferner die Feststellung, dass die Beklagte ihm über den Zahlungsantrag hinaus sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der Eigentumswohnung steht. Seine Ansprüche hat der Kläger insb. auf ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden der Beklagten gestützt. Der Schaden belaufe sich unter Berücksichtigung gezahlter Darlehenszinsen i.H.v. 22.460,08 EUR und erhaltener Mieteinnahmen i.H.v. 744,65 EUR zum 31.12.2006 auf den geltend gemachten Betrag von 21.715,43 EUR. Steuervorteile müsse er sich nicht anrechnen lassen, da die Rückabwicklung des Erwerbs wegen des in der Schadensersatzzahlung enthaltenen Werbungskostenrückflusses zu einer Besteuerung führe, die ihm, dem Kläger, die erzielten Steuervorteile wieder nehme; erstattete Werbungskosten seien im Jahr ihres Zuflusses als Einkünfte aus der Einkommensart zu qualifizieren, in der sie vorher geltend gemacht worden seien. Der erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Zahlung und den Einnahmen liege hier vor, weil ihm, dem Kläger, sämtliche Schäden und damit auch Werbungskosten zu ersetzen seien, die ihm infolge des Erwerbs entstanden seien. Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers entgegen getreten, hat die Einrede der Verjährung erhoben und zudem geltend gemacht, der Kläger müsse sich jedenfalls auf den geltend gemachten Zahlungsanspruch die erlangten Steuervorteile anrechnen lassen, die er wegen Abschreibungen aus Verlusten aus Vermietung und Verpachtung für den Erwerb der Immobilie erzielt habe; diese beliefen sich nach ihren Berechnungen auf der Grundlage der vom Kläger zu den Akten gereichten Steuererklärungen bis einschließlich 2006 auf 7.813 EUR.

Rz. 4

Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers überwiegend stattgegeben und lediglich den Zahlungsantrag um die bis einschließlich 2006 erzielten Steuervorteile i.H.v. 7.813 EUR auf 13.902,43 EUR gekürzt sowie einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs abgewiesen. Die gegen das Berufungsurteil, soweit dieses der Klage stattgegeben hat, gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat der erkennende Senat zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter, soweit er damit vor dem Berufungsgericht keinen Erfolg gehabt hat.

 

Entscheidungsgründe

Rz. 5

Die Revision des Klägers ist im Wesentlichen begründet.

I.

Rz. 6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit hier noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch aus schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten zu. Die Vermittler hätten den Kläger und seine Ehefrau arglistig über die Höhe der zu erwartenden Mietpoolausschüttungen getäuscht, die bewusst unter Vernachlässigung erheblicher Kostenfaktoren unseriös kalkuliert und den Erwerbern versprochen worden seien. Die Beklagte, die mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet habe, habe die Vermutung, von der evidenten Fehlkalkulation gewusst zu haben, nicht widerlegt und hafte den Anlegern daher wegen eines aufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs. Die Ersatzansprüche des Klägers seien nicht verjährt, ihm stehe jedoch ein Zahlungsanspruch nur in der zuerkannten Höhe nebst Verzugszinsen i.H.v. 4 % (§ 288 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 1 Abs. 1 EGBG) zu. Er müsse sich die erlangten Steuervorteile i.H.v. 7.813 EUR anrechnen lassen. Möglicherweise durch die Rückabwicklung des finanzierten Kaufs entstehende künftige Steuernachteile seien im Rahmen des Zahlungsantrags nicht zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung künftiger Nachteile entspreche nicht der auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung beschränkten tatrichterlichen Schadensfeststellung. Es gebe bei Steuersparmodellen auch keine Grundlage für eine Vermutung oder Schätzung dahin, dass sich frühere Steuervorteile und - bei Zufluss der Ersatzleistung - spätere Steuernachteile auch nur annähernd entsprächen. Vielmehr sei in nicht wenigen Fällen davon auszugehen, dass sich die steuerrechtlich erheblichen Anknüpfungstatsachen über die Jahre hinweg grundlegend änderten. Ohne Berücksichtigung der Steuervorteile bestehe auch die Gefahr, dass die Anleger wirtschaftlich besser stünden als sie ohne das Geschäft gestanden hätten, da die steuerrechtliche Lage bei Rückabwicklung der Vermögensanlage keineswegs unumstritten sei, jedenfalls dann, wenn wie hier eine Schadensersatzleistung Zug um Zug gegen Eigentumsübertragung an den nicht mit dem Verkäufer identischen Darlehensgeber erst nach Ablauf der Spekulationsfrist von zehn Jahren zurückfließe. Aufgrund dessen sei der Kläger hinsichtlich künftiger steuerlicher Nachteile auf den Feststellungsausspruch betreffend die Ersatzpflicht für sämtliche weitere Schäden verwiesen.

II.

Rz. 7

1. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht dem Kläger die Steuervorteile schadensmindernd angerechnet hat, die er unstreitig i.H.v. 7.813 EUR wegen geltend gemachter Verluste aus Vermietung und Verpachtung erlangt hat.

Rz. 8

a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH eine Anrechnung von Steuervorteilen grundsätzlich nicht in Betracht, wenn die Rückabwicklung des Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt (vgl. nur BGH, Urt. v. 22.3.1979 - VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 114; Urt. v. 17.11.2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175; v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rz. 11; v. 6.3.2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rz. 28; v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rz. 7; v. 31.5.2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rz. 25 sowie v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 35 ff.; v. 20.7.2010 - XI ZR 465/07, WM 2010, 1555 Rz. 22, beide zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Da das Gericht über die Höhe des Schadens unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach freier Überzeugung zu entscheiden hat (§ 287 Abs. 1 ZPO) und eine exakte Errechnung von Steuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsächlichen mit der hypothetischen Vermögenslage angesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglichkeiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschiedlichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeiträumen häufig einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert, müssen in der Regel keine Feststellungen dazu getroffen werden, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der Schadensersatzleistung auswirkt (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175; v. 6.3.2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rz. 28; v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350, Rz. 13; v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rz. 13; v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 36 f.).

Rz. 9

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schädiger Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2005 - III ZR 350/04, WM 2006, 174, 175; v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rz. 13; v. 6.3.2008 - III ZR 298/05, WM 2008, 725 Rz. 28; v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rz. 13; v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 36 f., 45f.) oder er gar Verlustzuweisungen erhalten hat, die über seine Einlageleistungen hinausgehen (BGH, Urt. v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 55 m.w.N.).

Rz. 10

Von diesen Grundsätzen abzugehen, besteht, anders als das Berufungsgericht meint, kein Anlass. Dies hat der III. Zivilsenat des BGH zu der vergleichbaren Begründung eines anderen OLG nach Erlass des Berufungsurteils ausdrücklich entschieden (Urt. v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 34 ff.). Der erkennende Senat schließt sich dem an. Maßgeblich für die Schadensbemessung ist zwar der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Dies schließt aber die Befugnis des Gerichts, künftige Entwicklungen einzubeziehen, nicht aus. Vielmehr erfasst § 287 ZPO grundsätzlich auch die Fälle, bei denen zur Bemessung des Schadens eine Zukunftsprognose erforderlich ist (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.2001 - II ZR 331/99, WM 2001, 2251, 2252 f.). Für die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung der Beteiligung an einem Steuersparmodell gilt nichts anderes. Dem entgegenstehende durchgreifende Gründe zeigen weder das Berufungsgericht noch die Revisionserwiderung auf. Vielmehr würde die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten unzumutbar erschwert, wenn - wie es das Berufungsgericht getan hat - die bereits bekannten Steuervorteile aus dem Anlagegeschäft auf den Schadensersatzanspruch angerechnet würden und es dem Geschädigten überlassen bliebe, die aus der Versteuerung der Ersatzleistung entstehenden Nachteile zu einem späteren Zeitpunkt - auf der Grundlage des Festsstellungsausspruchs über die Ersatzpflicht für die weiteren Schäden - geltend zu machen (BGH, Urt. v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 38); bei einer solchen Verfahrensweise würde man dem Geschädigten das Insolvenzrisiko des Schädigers überbürden, ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund vorhanden wäre.

Rz. 11

Die vom Berufungsgericht und der Revisionserwiderung angeführten Gesichtspunkte, die steuerrechtliche Lage bei Rückabwicklung der Vermögensanlage könne - je nach Fallgestaltung (so auch hier) - unklar sein und die Besteuerungsgrundlagen könnten sich über die Jahre hinweg derart geändert haben, dass frühere Steuervorteile und spätere Steuernachteile einander nicht mehr annähernd entsprächen, stellen keine solchen Gründe dar. Vielmehr erscheint die Lösung des Berufungsgerichts, die darauf hinaus läuft, das Risiko, ob eine Besteuerung der Schadensersatzleistung am Ende erfolgt, regelmäßig dem Geschädigten aufzuerlegen, unbillig, und zwar insb. auch dann, wenn - worauf sich die Revisionserwiderung im Streitfall beruft - die spätere Besteuerung der Schadensersatzleistung noch unklar ist. Der Geschädigte müsste bereits im anhängigen Verfahren die Übertragung der Eigentumswohnung gegen eine nicht vollständige Schadensersatzleistung anbieten, ohne den vollen, ihm gebührenden Ersatz zu erhalten; ihm würde zugemutet, wegen eines rechtlich nicht gesicherten möglichen Vorteils über einen weiteren Zeitraum das Risiko zu tragen, ob der Schädiger die noch ausstehende Ersatzleistung erbringt (BGH, Urt. v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 38; s. auch BGH, Urt. v. 31.5.2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rz. 31). In Fällen, in denen der Geschädigte, etwa bei Insolvenz des Schädigers, die ausstehende Ersatzleistung am Ende nicht realisieren kann, würde in seinem Vermögen ein dauerhafter Schaden verbleiben, beim Schädiger hingegen ein dauerhafter Vorteil. Dass dem Schädiger im Rahmen der Vorteilsausgleichung spätere Veränderungen aber grundsätzlich nicht zugute kommen sollen, entspricht - worauf die Revision zu Recht hinweist - bereits seit jeher der Rechtsprechung des BGH (vgl. zur Verjährung eines Nachzahlungsanspruchs des Finanzamtes: BGH, Urt. v. 18.12.1969 - VII ZR 121/67, BGHZ 53, 132, 137 f.).

Rz. 12

b) Nach diesen Maßgaben scheidet eine Anrechnung der dem Kläger unstreitig i.H.v. 7.813 EUR entstandenen Steuervorteile hier aus.

Rz. 13

aa) Die Revision macht zu Recht geltend, dass die Rückabwicklung des finanzierten Erwerbs zu einer Besteuerung führt, die dem Geschädigten die erzielten Steuervorteile wieder nimmt. Die vom Kläger erzielten Steuervorteile resultieren aus geltend gemachten Verlusten für Vermietung und Verpachtung und beruhen auf den Aufwendungen für den Kapitaldienst und die Nebenkosten, mithin auf Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung (§ 9 EStG). Steuervorteile, die sich - wie im Streitfall - durch den Ansatz von Werbungskosten zunächst ergeben haben, werden jedoch bei einer Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes durch die Besteuerung der Schadensersatzleistung im Veranlagungszeitraum ihres Zuflusses regelmäßig wieder korrigiert (vgl. näher Podewils, DStR 2009, 752, 755). Erstattete Werbungskosten sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nämlich im Jahr des Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) als Einkünfte aus der Einkommensart zu qualifizieren, in der sie zuvor geltend gemacht wurden (vgl. nur BFHE 171, 183, 184; 175, 546, 547; 198, 425, 427 f.; BFH/NV 1991, 316, 317; 2005, 188, 189 f. m.w.N.; ebenso zu einer dem Streitfall entsprechenden Konstellation: BGH, Urt. v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rz. 12 m.w.N.). Steuerrechtlich sind Einnahmen einer Einkunftsart auch die Rückflüsse von Aufwendungen, die zuvor bei der Ermittlung der Einkünfte dieser Einkunftsart als Werbungskosten abgezogen worden sind. Werden also als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen zurückgezahlt, hat der Erwerber diese bei Zufluss als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung der Besteuerung (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zu unterwerfen (BGH, Urt. v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rz. 8 m.w.N.). Daran ändert entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung auch der Umstand nichts, dass die Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts im Streitfall nicht zwischen den Parteien des Kaufvertrags erfolgt, wie es in dem im Übrigen einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Fall war, den der V. Zivilsenat des BGH zu entscheiden hatte (BGH, Urt. v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rz. 11 ff.); für die steuerliche Behandlung macht es keinen Unterschied, ob die früheren Werbungskosten von dem damaligen Vertragspartner zurückgezahlt oder von einem Dritten erstattet werden (BFH/NV 2000, 1470; BFH/NV 2005, 188, 189 f.). Erforderlich ist nur, dass ein innerer Zusammenhang zwischen der Zahlung und den Einnahmen besteht (BFH/NV 2005, 188, 190). Dieser liegt hier vor, da dem Kläger sämtliche Schäden aus dem finanzierten Erwerb und damit auch sämtliche Werbungskosten zu ersetzen sind, die infolge des Erwerbs entstanden sind (vgl. BGH, Urt. v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rz. 12). Zu den Werbungskosten gehören insb. auch die Schuldzinsen, die - wie hier - im Falle des Erwerbs eines Vermietungsobjektes für das zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlasste Darlehen geleistet werden (BFH BStBl. II 1999, 676 f.). Entsprechend hat der BFH die Steuerpflichtigkeit auch gerade für Schadensersatzleistungen bejaht, mit denen - wie im Streitfall - Finanzierungsaufwendungen ersetzt werden sollen, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden (BFH/NV 1995, 499, 500).

Rz. 14

bb) Die Beklagte hat keine Umstände darlegt, auf deren Grundlage dem Kläger auch unter Berücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung die erzielten Steuervorteile in einem erheblichen Umfang verbleiben werden. Die Darlegungslast für die Vorteile und deren Anrechnung trifft grundsätzlich den Schädiger - hier also die Beklagte -, wobei an die Schlüssigkeit des Vorbringens in Fällen der vorliegenden Art allerdings - insb. auch hinsichtlich etwaiger Rückforderungsansprüche der Finanzbehörden, die eine Anwendung der allgemeinen Regeln über die Vorteilsausgleichung ausschließen - keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH, Urt. v. 20.7.2010 - XI ZR 465/07, WM 2010, 1555 Rz. 22). Anders als das Berufungsgericht ausführt, trifft den Geschädigten insoweit nicht nur nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15, 22), sondern nach übereinstimmender Auffassung der hiermit befassten Senate des BGH eine sekundäre Darlegungslast, weil allein der Geschädigte den Zugang zu der Frage hat, welche Steuervorteile sich für ihn ergeben (vgl. nur BGH, Urt. v. 31.5.2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rz. 26; v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 45, jeweils m.w.N.). Er ist deshalb gehalten, für die Berechnung erforderliche Daten mitzuteilen (BGH, Urt. v. 31.5.2010 - II ZR 30/09, WM 2010, 1310 Rz. 26 m.w.N.). Seiner sekundären Darlegungslast hat der Kläger im Streitfall jedenfalls durch die Vorlage seiner Steuererklärungen Rechnung getragen, auf deren Grundlage die Beklagte die - unstreitig - erzielten Steuervorteile beziffert hat. Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat der Kläger aber schon in den Vorinstanzen dargetan, dass ihm diese Steuervorteile wieder genommen würden, da die Schadensersatzleistung wegen des in ihr enthaltenen Werbungskostenrückflusses ihrerseits zu versteuern sei. Dass er die ihm aus einer Versteuerung der Schadensersatzzahlung entstehenden Nachteile nicht konkret dargestellt und den unstreitig erzielten Steuervorteilen gegenüber gestellt hat, ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nach den oben dargelegten Grundsätzen unschädlich. Feststellungen dazu, in welcher genauen Höhe sich die Versteuerung der zu erstattenden Werbungskosten auswirkt, müssen in der Regel nicht getroffen werden, es sei denn, der Schädiger legt Umstände dar, auf deren Grundlage dem Geschädigten auch nach Anrechnung der aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlast außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben (BGH, Urt. v. 30.11.2007 - V ZR 284/06, WM 2008, 350 Rz. 13; v. 19.6.2008 - VII ZR 215/06, WM 2008, 1757 Rz. 13; v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 36, 45, jeweils m.w.N.). Es ist zunächst seine - des Schädigers - Sache, entsprechende Behauptungen aufzustellen (BGH, Urt. v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 46), wobei an diesen Vortrag allerdings - ebenso wie bei dem Geschädigten - keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH, Urt. v. 15.7.2010 - III ZR 336/08, WM 2010, 1641 Rz. 48).

Rz. 15

An entsprechendem Vortrag der Beklagten fehlt es hier. Auch die Revisionserwiderung verweist auf keinen Tatsachenvortrag, aus dem sich Umstände ergeben, auf deren Grundlage dem Kläger auch nach Anrechnung der aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlast außergewöhnlich hohe Steuervorteile verbleiben. Die Beklagte hat ihrer Darlegungslast damit jedenfalls nicht genügt.

Rz. 16

2. Hinsichtlich der Verzugszinsen verbleibt es bei der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe. Die Revision enthält keine Angriffe gegen die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht Verzugszinsen nur i.H.v. 4 % für gerechtfertigt erachtet hat (§ 551 ZPO).

III.

Rz. 17

Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil danach aufzuheben, soweit darin hinsichtlich der von ihm geltend gemachten Hauptforderung zu seinem Nachteil entschieden worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen zu treffen sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Beklagte zur Zahlung von weiteren 7.813 EUR nebst Zinsen verurteilen.

 

Fundstellen

BFH/NV 2011, 1279

BB 2011, 1026

DB 2011, 1158

DB 2011, 6

DStR 2011, 872

BauR 2011, 1164

DWW 2011, 238

EBE/BGH 2011

NJW-RR 2011, 986

EWiR 2011, 301

JurBüro 2011, 445

NZG 2011, 706

WM 2011, 740

WuB 2011, 597

ZAP 2011, 771

ZIP 2011, 868

ZfIR 2011, 431

MDR 2011, 654

VersR 2012, 868

GWR 2011, 309

StX 2011, 493

ZBB 2011, 209

BRAK-Mitt. 2011, 197

FMP 2011, 149

ImmoStR 2012, 32

Kreditwesen 2011, 709

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