Leitsatz (amtlich)

1. Gegenstand eines Werkvertrags kann eine gestalterische oder künstlerische Leistung sein. Das Leistungssoll eines solchen Vertrags ist bei Auftragserteilung oftmals noch unbestimmt und im Verlauf der Vertragsdurchführung näher zu konkretisieren.

2. Welche Vertragspartei hierzu im Wege der Leistungsbestimmung berechtigt ist und wie diese Befugnis auszuüben ist, ist durch Vertragsauslegung zu klären.

3. Vorbehaltlich eines etwaigen Gestaltungsspielraums des Unternehmers ist es grundsätzlich der Besteller, der zur näheren Konkretisierung der Leistung berechtigt ist. Die Leistungsbestimmung stellt dann zugleich seine Mitwirkungsobliegenheit dar.

4. Die Konkretisierung des Leistungssolls kann schrittweise und auf mehreren Stufen des Werkprozesses erforderlich sein.

5. Ist das Bestimmungsrecht ausgeübt und leistet der Unternehmer entsprechend, darf der Besteller das Werk nicht aus diesem Grund als nicht abnahmereif ablehnen.

6. Der Besteller darf die Ausübung seines Bestimmungsrechts auf einer Stufe des Werkprozesses nur dann einseitig wieder revidieren, wenn ihm außerdem ein Recht zur Leistungsänderung zusteht. Ein solches Recht zur Leistungsänderung kann auch durch vertragliche Vereinbarung begründet werden.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 2 O 1/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und fortan auch das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die restliche Vergütung für die Gestaltung eines Corporate Designs und einer Webseite sowie für die Produktion eines Imagevideos.

Die Klägerin betreibt eine Werbe- und Kommunikationsagentur, die Beklagte vermietet unter der Bezeichnung "b... " Yachten auf Mallorca bzw. plante im Jahr 2015 die Aufnahme einer solchen Tätigkeit.

Auf Anfrage der Beklagten unterbreitete ihr die Klägerin unter dem 8. September 2015 ein Angebot für die Erstellung eines Corporate Designs und einer Webseite gegen eine Vergütung von 24.100,- EUR (Anlage K 1, im Folgenden Angebot 1). Unter dem 25. September 2015 bot die Klägerin der Beklagten die Produktion eines Imagevideos an, das auf die Webseite eingestellt werden kann (Anlage K 2, im Folgenden Angebot 2). Das Angebot 2 umfasste ein näher detailliertes Leistungsverzeichnis, das u.a. die Organisation und Koordination der Dreharbeiten auf Mallorca und Tagessätze für die teilnehmenden Personen - Fotograf, Kameramann, Assistenz, Models etc. - vorsah. Die Gesamtvergütung der Klägerin nach dem Angebot 2 belief sich auf rund 23.000,- EUR zuzüglich Reisekosten, Spesen und sonstiger nicht bezifferter Positionen.

In der Folgezeit erbrachte die Klägerin diverse Leistungen für die Beklagte nach Maßgabe dieser Angebote. So führte sie u.a. einen "Markenworkshop" durch, gestaltete ein Corporate Design, ließ Visitenkarten und eine Messewand herstellen und führte im Oktober 2015 einen zweitägigen Drehtermin auf Mallorca durch. Für diesen Termin reisten neben der Produktionsleitung der Klägerin insbesondere ein Kameramann, ein Fotograf und diverse weibliche und männliche Models nach Mallorca. Dort traf das Filmteam auf die Geschäftsführerin der Beklagten und den ebenfalls für die Beklagten auftretenden Herrn F... . Die Beklagte konnte der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt nur eine Motoryacht für Dreharbeiten zur Verfügung stellen. Weitere Boote, die sie bestellt hatte, waren noch nicht an sie ausgeliefert. Im Verlauf von zwei Tagen drehte das Filmteam Videosequenzen an Bord der Yacht und am Ufer, auf denen das Boot und die Models zu sehen waren. Die Dreharbeiten wurden einvernehmlich beendet. Aus dem Videomaterial ließ die Klägerin ein Video schneiden, das sie sodann der Beklagten zukommen ließ.

Die Beklagte war nicht bereit, dieses Video als vertragsgemäß zu akzeptieren. In einer Mail vom 6. Dezember 2015 monierte Herr F... insbesondere, dass "Innenbilder von allen Kabinen aus verschiedenen Perspektiven" fehlten, (...) die die Dimensionen der Kabinen zum Ausdruck bringen, die Designelemente darstellen und dieses in Kombination mit Personen. Bei den in dem Video gezeigten Personen werde der Bezug zu "den Yachten von b... " nicht deutlich (vgl. Anlage B 1).

Die Klägerin hat der Beklagten diverse Rechnungen für ihre Leistungen gestellt, die bis auf einen Teilbetrag von 29.551,57 EUR bezahlt sind.

Die Klägerin ist der Ansicht, gemäß ihren Angeboten 1 und 2 von der Beklagten beauftragt worden zu sein und die beauftragten Leistungen, insbesondere auch das Imagevideo, vertragsgemäß erbracht zu haben.

Nach vorangegangenem Mahnv...

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