Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 10.04.2003; Aktenzeichen 631 O 116/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 10.4.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des LG Berlin wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 10.4.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 31 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Kläger trägt zur Begründung der Berufung vor:

Der Kläger sei im Rahmen der Anlageberatung durch den Zeugen Q. unvollständig, irreführend und damit falsch beraten worden. Der Zeichnungsschein sei nicht geeignet, über die Risiken der Gesellschaftsbeteiligungen zu informieren. Q. habe die Kapitalanlage als dermaßen solide, vernünftig und renditeträchtig angepriesen, dass der Kläger es schlichtweg für entbehrlich gehalten habe, Nachfragen zu stellen und die schriftlichen Erklärungen im Zeichnungsschein im Einzelnen zu studieren. Den Emissionsprospekt habe er nicht erhalten. Die Empfangsklausel im Prospekt sei unwirksam. Das LG hätte über die Behauptung des Klägers, dass der Emissionsprospekt dem Kläger nicht übergeben worden sei, Beweis durch Vernehmung der Zeugen Q. und M. erheben müssen.

Aber selbst wenn dem Kläger ein Prospekt vorgelegen hätte, so sei die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen. Die Aufklärungspflicht werde nicht schon dadurch erfüllt, dass dem Kunden schriftliche Unterlagen übergeben würden. Vielmehr sei es Aufgabe des Anlageberaters, dem Kunden seine eigene Einschätzung zu vermitteln und ihn umfassend über alle entscheidungsrelevanten Aspekte zu informieren.

Der Prospekt der Beklagten sei auch nicht leicht verständlich. Der Prospekt umfasse ca. 140 Seiten. Im Wesentlichen handele es sich um eine Prospektwüste, die von Laien nicht durchschaut werden könne. Ein Prospekt sei nicht geeignet, unerfahrene Anleger über die Risiken aufzuklären, wenn er so umfangreich und unübersichtlich sei, wenn der Leser schon nach wenigen Seiten so müde werde, dass ihn ein Weiterlesen mehr anstrengt als belehrt.

Ferner sei von einer strukturellen Unterlegenheit des Klägers auszugehen. Es sei zu berücksichtigen, dass sich der Kläger neben der Einmalzahlung zu Ratenzahlungen über 240 Monate und einem Einzahlungsvolumen von 75.600 DM verpflichtet habe. Die prospektierten steuerlichen Vorteile und/oder Gewinnerwartung würden entscheidend davon abhängen, ob die Beklagte nach Ablauf der dreijährigen Verlustphase neues Anlegerkapital werben könne. Das Konzept der Beklagten sei auf ein sog. Schneeballsystem zurückzuführen. Unklar sei auch, wie die Beklagte nennenswerte Gewinne erwirtschaften wolle.

Wegen der erheblichen Disparität von Chancen und Risiken sowie des strukturellen Ungleichgewichts sei von der Sittenwidrigkeit des Vertrages auszugehen. Insoweit werde auf die Ausführungen in der ersten Instanz Bezug genommen. Soweit das LG sich auf das Urteil des OLG Schleswig vom 13.6.2002 (OLG Schleswig, Urt. v. 13.6.2002 – 5 U 78/01, OLGReport Schleswig 2002, 387 = ZIP 2002, 1244) betreffend eine stille Beteiligung an der S.R. beziehe, habe es nicht berücksichtigt, dass die Sittenwidrigkeit unabhängig von der Frage eines 30 %- igen Vorabgewinns auch aus sonstigen Gründen bejaht worden sei. Ebenso habe das OLG Schleswig in seiner Entscheidung vom 5.12.2001 (OLG Schleswig v. 5.12.2001 – 5 U 28/02, OLGReport Schleswig 2003, 206 = AG 2003, 526 = ZIP 2003, 74) betreffend eine stille Beteiligung an der R. D. AG auch aus anderen Gründen die Sittenwidrigkeit bejaht. Daher könne der Kläger die Rückzahlung der Einlage verlangen.

Unzutreffend sei das LG davon ausgegangen, dass die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des Haustürwiderrufsgesetz entspreche. Eine Widerrufsbelehrung müsse so gestaltet werden, dass sie unmissverständlich und auch für den flüchtigen Leser den Beginn der Widerrufsfrist wiedergebe. Hier sei dies nicht der Fall. Der Argumentation der Beklagten, dass der S. 1 der Widerrufsbelehrung nur die Fristdauer bezeichne, der S. 2 den Fristbeginn nenne, könne nicht gefolgt werden. Denn auch S. 1 enthalte eine Angabe zum Fristbeginn.

Hilfsweise begehrt der Kläger die „Vergleichssumme” von 17.200 DM. Der Kläger meint, dass die Ausführungen des LG hierzu nicht überzeugend seien. Die Parteien hätten lediglich vereinbart, dass aus dem Beteiligungsverhältnis dieser Betrag an den Kläger ausgezahlt werden solle. Weiter hilfsweise verlangt der Kläger die Erstellung einer Abschichtungsbilanz und macht geltend, dass der Kläger auch an den stillen Reserven, dem Gesellschaftsvermögen und dem Geschäftswert zu beteiligen sei. In die Abschichtungsbilanz sei ein Schadensersatzansp...

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