Leitsatz (amtlich)

1. Die Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses gem. § 168 Abs. 3 VVG führt nur dann zu einer Unpfändbarkeit der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag, wenn der Vertrag auch die weiteren Voraussetzungen des § 851c Abs. 1 Nr. 1 - 4 ZPO erfüllt; ist dies nicht der Fall, kann Unpfändbarkeit nur durch eine Umwandlungsvereinbarung gem. § 167 VVG erreicht werden.

2. Die Vereinbarung des Verwertungsausschlusses gem. § 168 Abs. 3 VVG ist im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Versicherungsnehmers nicht gem. § 134 InsO anfechtbar, weil der Verwertungsausschluss keine unentgeltliche Verfügung des Versicherungsnehmers im Sinne dieser Vorschrift darstellt.

3. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers allein gibt dem Insolvenzverwalter kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Lebensversicherungsvertrages gem. § 314 BGB, weil im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung nicht auf die Interessen der Gläubigergemeinschaft, sondern weiterhin allein auf die Interessen des Versicherungsnehmers abgestellt werden darf.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 14.12.2010; Aktenzeichen 7 O 201/10)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Berlin vom 14.12.2010 -Az. 7 O 201/10 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen in Bezug auf den abgewiesenen Teil der Klage geändert:

Im Übrigen wird die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 84 % und die Beklagte 16 % zu tragen.

Die Kosten zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist durch Eröffnungsbeschlusses des AG Neuruppin vom 6.2.2009 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn R.Z.(im Folgenden Insolvenzschuldner) bestellt worden. Er nimmt die Beklagte in dieser Eigenschaft auf Zahlung i.H.v. insgesamt 14.582,32 EUR aus einem Renten- und einem Lebensversicherungsvertrag in Anspruch, die der Insolvenzschuldner in den Jahren 1995 bzw. 2002 mit der Beklagten abgeschlossen hatte.

Das LG hat mit seinem am 14.12.2010 verkündeten Urteil die Beklagte lediglich zur Zahlung von 2.332,32 EUR nebst anteiliger Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen unter Hinweis auf einen Kündigungsausschluss, den der Insolvenzschuldner unter dem 28.4.2008 mit der Beklagten vereinbart hatte, abgewiesen. Wegen des Weiteren Sach- und Streitstandes sowie wegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung im Einzelnen wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das dem Kläger am 20.12.2010 zugestellte Urteil (Bl. 59 - 66 d.A.) Bezug genommen.

Mit seiner am 14.1.2011 eingegangenen und -nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 21.3.2011 - am 15.3.2011 begründeten Berufung greift der Kläger die Abweisung der Klage i.H.v. 12.250 EUR nebst anteiliger Zinsen an und verfolgt in diesem Umfang seinen Zahlungsantrag weiter.

Er ist der Ansicht, ihm stehe der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen auch über den vom LG zugesprochenen Betrag hinaus zu, weil die Ansprüche gegen die Beklagte aus den Versicherungsverträgen Bestandteil der Insolvenzmasse und aufgrund seiner Kündigungserklärung insgesamt fällig gestellt worden seien. Der im April 2008 vereinbarte Kündigungsausschluss binde ihn als Insolvenzverwalter nicht, jedenfalls aber sei er durch die erklärte Insolvenzanfechtung hinfällig geworden. Unabhängig davon stehe ihm auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung der Versicherungsverträge zu, weil ihre Fortführung aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Abwägung aller Umstände für die Gläubigergemeinschaft unzumutbar sei. Letztlich ist er der Ansicht, das LG hätte auch unter der Prämisse, dass ein Kündigungsrecht nicht bestehe, die Klage im Übrigen nur als "zur Zeit unbegründet" abweisen dürfen, weil ihm die Versicherungsleistungen jedenfalls bei Eintritt der vertraglich vereinbarten Fälligkeit im Jahr 2019 als Teil der Insolvenzmasse -ggf. für eine Verteilung im Rahmen eines Nachtragsverfahrens- zur Verfügung stehen würden.

Der Kläger beantragt, nachdem er die Klage wegen weiterer, mit der Berufung geltend gemachter Hilfsanträge zurückgenommen hat, das am 14.12.2010 verkündete Urteil des LG Berlin zum Aktenzeichen 7 O 201/10 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 12.250 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.3.2010 zu zahlen; andernfalls die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, das angegriffene Urteil sei nicht zu beanstanden, weil der im April 2008 vereinbarte Kündigungsausschluss in den Grenzen des § 168 Abs. 3 VVG i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II Wirkung auch geg...

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