Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 24.01.2006; Aktenzeichen 4 O 447/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.12.2008; Aktenzeichen XI ZR 454/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24.1.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 4 O 447/04 - geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.359,96 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf einen Betrag von 10.726,74 EUR seit dem 20.11.2004 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 28 % und die Beklagte 72 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Hinsichtlich des Sachverhalts und der erstinstanzlichen gestellten Anträge wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass der Kreditvertrag, soweit er die Beklagte betreffe, wegen sittenwidriger finanzieller Überforderung der Beklagten gemäß § 138 Absatz 1 BGB nichtig sei, weil ein eigenes Interesse der Beklagten an der Kreditgewährung nicht bestanden habe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, dass die Beklagte als echte Mitdarlehensnehmerin anzusehen sei und wendet sich insoweit gegen die Beweiswürdigung des LG. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 3.5.2006 sowie die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 6.2.2007 Bezug genommen. Nach einer gerichtlichen Auflage am 16.2.2007 hat die Klägerin das Darlehen neu abgerechnet unter Berücksichtigung eines ausgegebenen Kreditbetrages von 31.000 DM (Schriftsatz vom 16.4.2007 nebst Anlage BB 1).

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 19.331,12 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.10.2001 abzüglich einer am 17.4.2002 erfolgten Gutschrift i.H.v. 100 EUR, einer am 11.6.2002 erfolgten Gutschrift i.H.v. 157,97 EUR, einer am 30.12.2002 erfolgten Gutschrift i.H.v. 50 EUR, einer am 19.5.2003 erfolgten Gutschrift i.H.v. 25 EUR, einer am 5.6.2003 erfolgten Gutschrift i.H.v. 25 EUR, einer am 6.8.2003 erfolgten Gutschrift i.H.v. 50 EUR, einer am 3.9.2003 erfolgten Gutschrift i.H.v. 25 EUR, einer am 1.10.2003 erfolgten Gutschrift i.H.v. 25 EUR, einer am 29.1.2004 erfolgten Gutschrift i.H.v. 50 EUR, einer am 19.6.2004 erfolgten Gutschrift i.H.v. 75 EUR und einer am 19.11.2004 erfolgten Gutschrift i.H.v. 25 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 1.6.2006 sowie den Ausführungen in den Schriftsätzen vom 4.9.2006, 21.3.2007 und 14.6.2007. Insbesondere ist sie - unter Bezugnahme auf ein Urteil des OLG Celle vom 21.4.2004 - 3 U 14/04 - (NJW 2004, 2598) der Ansicht, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Frage, wofür der Kredit tatsächlich verwendet worden ist und ob die Beklagte demzufolge ein eigenes sachliches und/oder persönliches Interesse an der Kreditgewährung gehabt habe, bei der Klägerin liege. Gleiches gelte, soweit eine Teilnichtigkeit des Kredites infrage stehe.

II. Die Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, denn die Mitverpflichtung der Beklagten in dem Darlehensvertrag vom 29.8.2000 über einen Nettokreditbetrag von 37.000 DM verstieß - bis auf einen Teilbetrag von 6.000 DM - nicht gegen § 138 BGB. Nach der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme ist vielmehr davon auszugehen, dass die Klägerin i.H.v. 31.000 DM eigenes persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hatte und deshalb insoweit als echte Mitdarlehensnehmerin anzusehen ist, auf die die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit wegen krasser finanzieller Überforderung mitverpflichteter Angehöriger keine Anwendung finden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vergleiche statt vieler: NJW-RR 2004, 924 mit weiteren Nachweisen) ist im Wege der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob die in Anspruch genommene Partei Mitdarlehensnehmer oder nur Mithaftende ist. Ausgangspunkt bei dieser Auslegung ist der Vertragswortlaut und die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner (BGH WM 2005, 41 mit weiteren Nachweisen). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze spricht hier zunächst der Wortlaut des Vertrages dafür, dass die Beklagte Mitdarlehensnehmerin ist, denn sie wird im Kreditvertrag in gleicher Weise wie ihr damaliger Ehemann als Vertragspartnerin genannt. Zudem haben beide Ehepartner einen Kontoeröffnungsantrag für ein Girokonto gestellt. Auch wurde eine EC-Geldautomatenkarte sowohl für den Ehemann der Beklagten als auch für sie selbst...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge