Leitsatz (amtlich)

Das Bezugsrecht der zugunsten der Ehefrau des Bäckermeisters abgeschlossenen Rentenversicherung ist nicht widerruflich, wenn ihr unmittelbar im Versicherungsschein ab dem Erreichen des 60. Lebensjahres durch die Versicherung eine Rente "gewährt" wird; der nach Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Insolvenzverwalter fällig gewordene Rückkaufswert fällt damit nicht in die Insolvenzmasse.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 15.09.2005; Aktenzeichen 7 O 425/04)

 

Tenor

Die Berufungen des Beklagten und des Streithelfers gegen das Urteil des LG Berlin vom 15.9.2005 - 7 O 425/04 - werden zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Der Streithelfer trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Wert der Beschwer beträgt 8.353,13 EUR.

 

Gründe

I. Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen wird, die mit der Klage begehrte Feststellung ausgesprochen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den nach Kündigung des Rentenversicherungsvertrages durch den Streithelfer mit Schreiben vom 13.10.2003 (Anlage K 3) abgerechneten Betrag i.H.v. 10.441,41 EUR nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen.

Dagegen wenden sich der Beklagte und sein Streithelfer mit ihrer Berufung, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgen. Sie machen geltend, dieser Betrag, der sich aus der Beitragsrückvergütung nebst Gewinnguthaben und Zinsen zusammensetzt, falle in die Insolvenzmasse und sei daher an den Streithelfer als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin auszuzahlen, weil der Klägerin die Ansprüche aus dem zwischen ihrem Ehemann und dem Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag erst mit dem Eintritt der bedingungsgemäßen Leistungspflicht - dem Beginn der Rentenzahlungspflicht im Erlebensfalle - zustehen sollten und bis dahin der Versicherungsnehmer - respektive der an dessen Stelle getretene Streithelfer - verfügungsbefugt geblieben sei und die Bezugsberechtigung der Klägerin habe wirksam widerrufen können. Da ihr kein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei, habe ihre Anwartschaft auf die Rentenleistungen bis zum Erlebensfall in einer bloßen Hoffnung bestanden. Das LG habe insoweit die Auslegungsregeln des § 330 BGB i.V.m. § 166 VVG übergangen, die für alle Lebensversicherungsverträge und damit auch den vorliegenden Rentenversicherungsvertrag Anwendung fänden.

Wegen der Berufungsbegründung im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 21. und 22.11. 2005 (Bl. 130 ff., 134 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen; wegen ihres diesbezüglichen Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 28.12.2005 (Bl. 145 ff. d.A.) verwiesen.

II. Die Berufung ist nicht begründet.

Die vom Beklagten am 13.10.2003 ggü. dem Streithelfer gem. § 7 Ziff. 2 AVB abgerechnete Beitragsrückvergütung nebst Gewinnguthaben und Zinsen i.H.v. insgesamt 10.441,41 EUR steht nicht der Insolvenzmasse, sondern der Klägerin zu. Denn der Klägerin wurde in dem Versicherungsvertrag vom 2.12.1974 ein unwiderrufliches Bezugsrecht auf den Erlebensfall eingeräumt.

1. Auch wenn es in § 7 Ziff. 2 AVB heißt, dass im Falle der Kündigung nach Wahl des Versicherungsnehmers entweder die Versicherung in eine beitragsfreie nach § 8 Ziff. 1 umgewandelt oder "eine Beitragsrückvergütung gewährt" wird, wird in der zweiten Alternative nicht etwa die Rückabwicklung des Versicherungsvertrags geregelt. Denn zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei Lebensversicherungen - die sowohl Kapital- als auch Rentenversicherungen umfassen - gehört auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrags; das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme. Die Begünstigung ist in der Regel so zu verstehen, dass das Recht des Bezugsberechtigten sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdende Leistungen umfassen soll (BGH v. 18.6.2003 - IV ZR 59/02, BGHReport 2003, 992 m. Anm. Baroch Castellví = VersR 2003, 1021 [1022]; BGHZ 45, 162).

2. Unzweifelhaft handelt es sich bei dem vom Ehemann der Klägerin als Versicherungsnehmer abgeschlossenen Versicherungsvertrag um einen Vertrag zugunsten Dritter, soweit ihr in § 9 A. Ziff. 1 der dem Versicherungsschein vom 2.12.1974 zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen - AVB - ein eigener, unmittelbarer Anspruch gegen den Versicherer auf die dort vorgesehenen Rentenleistungen vom tariflich vereinbarten vollendeten 60. Lebensjahr ab eingeräumt wurde. Dieser sogen. Erlebensfall ist jedoch nicht eingetreten und kann auch nicht mehr eintreten, weil es zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertrags gekommen ist mit der Folge, dass der Beklagte lediglich zur Leistung des Rückkaufswertes verpflichtet ist. Ob die Klägerin auch insoweit berechtigt ist, hängt davon ab, ob sie das Recht auf die Versicherungsleistung sofort oder erst mit dem Eintritt des Versicherungsfa...

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