Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren die Parteien eines Wohnungsmietvertrages eine Sicherung der Wohnanlage durch Videoüberwachung, kann der Mieter keine darüber hinausgehenden Sicherheitsmaßnahmen wie etwa Sicherheitsbeschläge an der Balkontür erwarten, wenn diese nicht ausdrücklich vereinbart sind.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Urteil vom 05.02.2008; Aktenzeichen 6 C 374/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5.2.2008 verkündete Urteil der Zivilprozessabteilung 6 des AG Tiergarten abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Der von dem Kläger an die Beklagte zu zahlende Mietzins war weder gem. § 536 Abs. 1 BGB gemindert, noch hat der Kläger gegen die Beklagte gem. § 536a Abs. 2 Ziff. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz der ihm durch die Anbringung von Sicherheitsbeschlägen entstandenen Kosten i.H.v. 1.009,12 EUR.

Der Umstand, dass die Balkontür in der vom Kläger angemieteten Wohnung in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.8.2006 bis zum 15.7.2007 nicht über Sicherheitsbeschläge verfügte, stellt keinen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.

Unter einem Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand zu verstehen (BGH NJW 2000, 1714; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., III B Rz. 1328 ff.). Maßgeblich sind daher die Vereinbarungen der Parteien (BGH NJW 2005, 218). In der Regel wird für die Bestimmung des Umfangs des vertragsgemäßen Gebrauchs die Verkehrsanschauung als Auslegungshilfe herangezogen. Daher muss in Zweifelfällen anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden, was der Vermieter schuldet, bzw. welchen Standard der Mieter auf Grund seines Vertrages vom Vermieter verlangen kann (BGH NJW 2004, 3174; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 536, Rz. 18).

Der zwischen den Parteien am 15.11.2005 geschlossene Mietvertrag enthält in § 21 (sonstige Vereinbarungen), dort unter Ziff. 4 einen Hinweis auf die "Anlage 3: Vereinbarung zur Gebäudesicherung/Videoüberwachung". Die Anlage 3 enthält folgende Regelung:

"Der Mieter ist in Einzelheiten durch den Vermieter darüber in Kenntnis gesetzt, dass und in welchen Bereichen des Mietobjektes und der gesamten Wohnanlage Sicherungen gegen unbefugte Eindringlinge und unbenutztes Benutzen der Wohnanlage getroffen werden. Diese Sicherung findet durch Videokameras statt. Diese Überwachung dient dem Sicherheitsinteresse aller Mieter, sonstigen Nutzern oder Besuchern der Anlage. Der Mieter erklärt ausdrücklich sein Einverständnis mit dieser Sicherung und den im Einzelnen bezeichneten und zu installierenden bzw. installierten Sicherungsanlagen und deren Betrieb."

Weitere Regelungen zur Gebäudesicherung bzw. zum Sicherheitsstandard der Wohnung enthält der Mietvertrag nicht. Insbesondere enthält der Mietvertrag keine Vereinbarung dahingehend, dass die Balkontür über Sicherheitsbeschläge verfügt.

Aufgrund der vorstehend wiedergegebenen vertraglichen Regelung durfte der Kläger davon ausgehen, dass eine Sicherung des Mietobjektes gegen unbefugte Eindringlinge, und damit gegen einen Einbruch, in bestimmten, ihm mitgeteilten Bereichen, durch Videokameras stattfindet. Eine darüber hinausgehende Sicherung des Mietobjektes haben die Parteien nicht vereinbart und durfte der Kläger auch unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nicht erwarten. Mietwohnungen sind in der Regel auch dann nicht über das übliche Maß hinaus mit Einrichtungen versehen, die gegen Einbrüche schützen sollen, wenn sie sich in einer hochwertigen Wohnanlage befinden. Insbesondere sind Balkontüren in Mietwohnungen üblicherweise - und zwar gleich, ob sie im ersten oder - wie hier - im dritten Stock belegen sind - nicht mit Sicherheitsbeschlägen ausgestattet. In Abweichung von der Üblichkeit haben die Parteien vorliegend vereinbart, dass das Mietobjekt in bestimmten, dem Kläger mitgeteilten, Bereichen durch Videokameras gesichert wird. Der Kläger durfte aufgrund dieser Vereinbarung keine weiteren darüber hinausgehenden Sicherheitsmaßnahmen erwarten, insbesondere durfte er nicht davon ausgehen, dass die Balkontür mit Sicherheitsbeschlägen ausgestattet ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass nach dem Vortrag des Klägers im Zuge der Vertragsanbahnung der Sicherheitsaspekt ausführlich erörtert worden und modernste Sicherheitsausstattungen angepriesen worden sein sollen. Unstreitig erhielt der Kläger anlässlich dieses Gespräches einen Prospekt ausgehändigt, der, wie der Kläger vorträgt, "alle Attribute der Wohnanlage nochmals herausstellte". Dieser Prospekt enthält unter der Rubrik "Ausstattung" u.a. den Hinweis auf eine Videoüberwachung von Tiefgarage sowie Tiefgaragenein- und ausfahrt und eine Video-Gegensprechanlage. Weitere Hinweise auf Sicherheitsausstattungen, insbeso...

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