Leitsatz (amtlich)

1. Streiten die Wohnungseigentümer darüber, ob sie untereinander verpflichtet sind, die von den Klägern, welche zugleich Nachbarn sind, begehrte Baulast zu bewilligen, streiten sie nicht um einen Anspruch, welcher sich allein aus der Teilungserklärung oder aus den Regelungen des WEG ergibt, sondern um einen eigenen gesetzlichen Anspruch der Grundstücksnachbarn aus §§ 1018, 242 BGB.

2. Der Baulastbewilligungsanspruch der Kläger steht für sich genommen nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer im Sinne von § 43 WEG a.F.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 29.06.2021; Aktenzeichen 22 O 78/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 29.06.2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 22 - Az. 22 O 78/19 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Bewilligung einer Baulast. Das Landgericht hat durch Zwischenurteil entschieden, dass die von der Beklagten geltend gemachte Schiedseinrede keine Anwendung findet. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Die Parteien waren Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ... in ... Berlin. Die Wohnungseigentumsanlage wurde aufgrund der notariellen Teilungserklärung vom 20.06.2012 (Anlage K1) in Wohn- und Teileigentum aufgeteilt.

Mit notariellem Vertrag vom 20.06.2012 (Anlage K2) erwarben die Kläger von den Eigentümern künftige Miteigentumsanteile an dem Grundstück Flur ..., damals Flurstück ... (bestehend aus zwei Grundstücksteilen: I + II) verbunden mit dem Sondereigentum an den Wohnungen Nr. 2 und 3. Das Flurstück ... wurde später in die Flurstücke ... und ... geteilt, wobei das in Wohnungseigentum aufgeteilte Wohnhaus auf dem Flurstück ... (I) steht und das Flurstück ... (II) bisher unbebaut ist. In § 15 des Wohnungseigentumskaufvertrags ist ein Wege- und Leitungsrecht zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks II vereinbart. Zur Schaffung der Durchfahrt ist der Rückbau der derzeit vorhandenen Rampe zum Kellereingang vorgesehen. Zudem bewilligen und beantragen die Vertragsparteien in § 15 Nummer 4 des Vertrages die Eintragung der Grunddienstbarkeit in den neu anzulegenden Grundbüchern der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten der Nrn. 1-4 als dem dienenden Grundstück. Wegen der Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf die zur Akte gereichte Anlage K2 Bezug genommen.

Mit weiterem notariellem Vertrag vom 13.09.2012 (Anlage K3) wurde die Teilungserklärung vom 20.06.2012 geändert. Es wurde eine Realteilung der Grundstücke und ein Wegerecht zugunsten der Eigentümer der Wohnungseinheit Nr. 2 vereinbart.

Die Kläger haben die Teilfläche A vermessen lassen. Später wurde auch die Realteilung der Grundstücke vollzogen. Die Kläger sind die eingetragenen Eigentümer des Grundstückes Flur ... Flurstück .... In allen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuchblättern wurde nachfolgend eine Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahr- und Leitungsrecht) zugunsten des jeweiligen Eigentümers dieses Grundstückes eingetragen.

Die Kläger beabsichtigen, das neu geschaffene Grundstück (das Flurstück ...) mit einem Wohngebäude zu bebauen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestands und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage mit Zwischenurteil vom 29.06.2021 für zulässig erklärt und zur Begründung ausgeführt, es handele sich nicht um eine Wohnungseigentumssache, auf die die Schiedsvereinbarung der Gemeinschaftsordnung Anwendung finden könnte. Insbesondere läge keine Streitigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 Nummer 1 WEG a.F. vor, denn es werde nicht über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, im Sinne einer Binnenstreitigkeit, gestritten. Es sei für eine Binnenstreitigkeit nicht ausreichend, wenn es sich um eine Sonderverbindung handelt, bei der sich Wohnungseigentümer gleichsam wie Dritte gegenüberstehen. Daher sei zum Beispiel auch die Geltendmachung schuldrechtlicher Ansprüche, welche auf die Verschaffung von Wohnungseigentum oder andere dingliche Rechte gerichtet seien, nicht erfasst. So liege der Fall hier. Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch stehe nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer. Die Kläger, welche allein "zufällig" auch Mitglieder der benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaft seien, nähmen die Beklagte als Nachbarin zur Nutzung ihres Grundstückes durch Bebauung in Anspruch. Sie würden insbesondere keine gemeinschaftsbezogenen Rechte geltend machen.

Gegen dieses Urteil, dass den Klägern am 05.07.2021 und der Beklagten am 02.07.2021 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit einem am 26.07.2021 bei Gericht eingegangenen Schrif...

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