Leitsatz (amtlich)

1) Das Befüllen eines Fahrzeugs mit den für die Fahrt notwendigen Betriebsmitteln gehört zu den Bedienvorgängen (vgl. BGH VersR 2003, 1031 f. - zitiert nach juris: Rz. 12 - zu AKB). Wer ein Fahrzeug bestimmungsgemäß - wenn auch fehlerhaft - bedient, gebraucht das Fahrzeug. Wird das Fahrzeug dadurch beschädigt, ist dieser Schaden durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht.

2) Dem steht nicht entgegen, dass sich nicht das Unfallrisiko oder die Gefährlichkeit des Treibstoffs verwirklicht hat, sondern ein allgemeines Lebensrisiko, das sich auch sonst bei der fehlerhaften Bedienung von Sachen verwirklichen kann. Denn das allgemeine Lebensrisiko ist kein dem jeweiligen Gebrauchsrisiko der genannten Sachen gegenüber stehender anderer Gefahrenbereich. Vielmehr verwirklicht sich das allgemeine Lebensrisiko, das in dem Unvermögen eines Menschen besteht, immer aufmerksam zu sein, für den Nutzer der Sachen bei einem Schadensfall zugleich mit dem Risiko, das dem Gebrauch der jeweiligen Sache innewohnt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.12.2010; Aktenzeichen 7 O 439/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 16.12.2010 geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte als Privathaftpflichtversicherung auf Erstattung derjenigen Schäden in Anspruch, die in Folge des falschen Betankens des von ihm genutzten, im Eigentum eines Dritten stehenden Pkw Audi A6 mit Benzin statt Diesel durch seine mitversicherte Ehefrau am Fahrzeug entstanden sind.

Zum Sachverhalt wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Unstreitig ist im zweiten Rechtszug nunmehr, dass die Ehefrau des Klägers mit dem Fahrzeug nach dem fehlerhaften Betanken mit Benzin noch eine gewisse Strecke gefahren ist.

Die Beklagte meint, der Sachverhalt des Falschbetankens sei von der Ausschlussklausel in 1.51 der Besonderen Bedingugnen und Risikobeschreibungen (BBR) erfasst und begehrt mit ihrer Berufung die Änderung des angefochtenen Urteils und die Abweisung der Klage.

Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Zu den Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist abzuweisen, denn dem Kläger steht kein Anspruch aus der Privathaftpflichtversicherung zu, weil der Leistungsausschluss in 1.5.1 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen zur (1) Privat-,... Haftpflichtversicherung BBR eingreift.

Danach ist nicht versichert die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-,... fahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.

Die Voraussetzungen des Risikoausschlusses liegen hier vor. Das LG hat die Entscheidung des BGH vom 13.12.2006 (IV ZR 120/05, BGHZ 170, 182 ff. = VersR 2007, 388 f.) berücksichtigt und teilweise wörtlich zitiert. Es hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass sich vorliegend nicht das Gebrauchsrisiko des Fahrzeuges verwirklicht habe, sondern das allgemeine Lebensrisiko. Die dem Fahrzeuggebrauch anhaftenden Gefahren sieht das LG im Unfallrisiko und in der Gefährlichkeit des Treibstoffs. Der Treibstoff sei hier nicht explodiert oder habe sich entzündet. Das Benzin habe vielmehr allein durch das Befüllen des Tanks den Motor beschädigt. Dieser Schaden sei auch ohne Nutzung des Fahrzeugs eingetreten. Das Einfüllen eines falschen Kraftstoffs könne nicht nur bei einem Kraftfahrzeug versehentlich stattfinden sondern auch bei diversen anderen Maschinen - etwa einem Rasenmäher.

Diese Ausführungen beruhen auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage und überzeugen im Ergebnis nicht.

Nach dem Wortlaut der oben zitierten Klausel setzt das Eingreifen des Risikoausschlusses nicht voraus, dass durch das vom Versicherungsnehmer oder einer versicherten Person genutzte Fahrzeug ein Schaden an Rechtsgütern Dritter verursacht werden muss. Vielmehr umfasst der Wortlaut auch den Fall, dass der Fahrzeugführer das im Eigentum eines Dritten stehende, aber von ihm benutzte Fahrzeug beschädigt.

Der Wortlaut der Formulierung, dass ein Schaden durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht wird, umfasst für einen juristischen Laien nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Fälle einer falschen Bedienung der Funktionselemente eines Fahrzeuges mit der Folge eines Schadenseintritts am Fahrzeug. Der BGH stellt in seiner Rechtsprechung ebenfalls darauf ab, ob das Fahrzeug selbst bedient wird und ob dabei ein Fehler auftritt. Die Zuordnung der schadensursächlichen Handlung zu einem anderen Gefahrenbereich erfolgt nach der Rechtsprechung dann, wenn nicht zum Fahrzeug gehörende oder nicht fest installierte Teile betrieben werden und einen Schaden verursachen. Dies war in der oben genannten Entscheidung e...

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