Entscheidungsstichwort (Thema)

Risiko einer öffentlich-rechtlichen Untersagung der vertragsgemäßen Nutzung von Mieträumen

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 27.06.2003; Aktenzeichen 29 O 483/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 27.6.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des LG Berlin abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage des Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 2.552,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 27.12.2002 zu zahlen.

Die Kosten der ersten und zweiten Instanz hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Berufung des Beklagten richtet sich gegen das am 27.6.2003 verkündete Urteil des LG, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Der Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor: Die Mietsache sei mangelhaft gewesen. Die Räume seien baurechtlich nur als Wohnungen genehmigt gewesen. Zusätzlich und auch noch heute bedürfe die komplette Umwidmung zum Gewerberaum einer baurechtlichen Genehmigung. Insbesondere für die Nutzung als Gewerbe sei ein zweiter Fluchtweg aus Gründen des Brandschutzes notwendig.

Das Bauamt C.-W. habe auch nach dem Urteil des OVG Berlin vom 13.6.2002 die baurechtliche Umwidmung von Wohnraum zu Gewerberaum von einer Zweckentfremdungsgenehmigung abhängig gemacht. Bei Gesprächen am 19. und 23.4.2002 habe die Behördenmitarbeiterin S. des Bauamtes dem von ihm beauftragten Architekten erklärt, dass die Genehmigung der Umnutzung ohne Zweckentfremdungsgenehmigung und ohne Erfüllung der Brandschutzanforderungen (Brandschutztür beim Zugang zum ersten Obergeschoss) nicht erteilt werde. Diese Praxis habe sich rst mit Aufhebung der Zweckentfremdungs-VO am 27.7.2003 geändert.

Die Klägerin habe sich um die Zweckentfremdungsgenehmigung nicht gekümmert und nach Antragstellung auf entsprechende Anforderung des Bezirksamtes vom 5.6.2002 die Gebühren für die Bearbeitung des Antrages nicht gezahlt, so dass bis zur erneuten Kündigung vom 23.8.2002 der Antrag behördlicherseits nicht weiter bearbeitet worden sei. Jede Verzögerung der Aufnahme des Schulbetriebes, der bei Beseitigung der ggü. der Klägerin gerügten Mängel innerhalb kürzester Zeit hätte genehmigt und begonnen werden können, habe einen Vermögensschaden von schätzungsweise 12.254,40 Euro monatlich entgangenem Gewinn verursacht. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung hätten deshalb vorgelegen.

Dem Beklagten, der die zweckwidrige Nutzung noch nicht begonnen habe, sei es nicht zuzumuten gewesen, es auf eine illegale Nutzung ankommen zu lassen oder gar trotz brandschutztechnischer Mängel eine Kindertagesstätte zu betreiben und dabei das Risiko der Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder gar der Gefährdung von Menschenleben einzugehen,

Der Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des am 27.6.2003 verkündeten Urteils der Zivilkammer 29 des LG Berlin abzuweisen und auf die Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an ihn 2.552,29 Euro nebst Jahreszinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 27.12.2002 zu zahlen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:

Es sei zweifelhaft, ob der Beklagte für die Durchführung des Berufungsverfahrens ein Rechtsschutzbedürfnis habe.

Ferner sei zweifelhaft, ob die Berufungsbegründung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung entspreche.

Dem Beklagten sei schon im Hinblick auf die in Lit. 4.1 des Vertrages getroffene Regelung eine Kündigung des Vertragsverhältnisses im Hinblick auf etwaige Mängel verwehrt.

Ein Zweckentfremdungsverbot habe der vereinbarten Nutzung der Räume nicht entgegengestanden, da die zweite Verordnung über die Zweckentfremdung von Wohnraum vom 15.3.1994 wegen der Verfassungswidrigkeit automatisch außer Kraft getreten sei. Die Verordnung sei nach Bekanntwerden des Urteils auch nicht mehr angewandt worden.

Es sei nicht Aufgabe der Klägerin, sondern der Beklagten gewesen, sich um die Genehmigung zur Umnutzung zu kümmern. Sie, die Klägerin, habe keine Zahlungsaufforderung des Bezirksamtes erhalten.

II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.

Der Beklagte hat für die Durchführung des Berufungsverfahrens ein Rechtsschutzbedürfnis. Er war nicht verpflichtet, den von der Gegenseite angebotenen, unter der aufschiebenden Bedingung des Zahlungseinganges stehenden Vergleich anzunehmen.

Die Berufungsbegründung entspricht auch in jeder Hinsicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des für die Monate März bis August 2002 geltend gemachten Mietzinses gem. § 535 Abs. 2 BGB.

Der Mietzins ist bis zu...

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