Leitsatz (amtlich)

›1. Die gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 Miethöhegesetz (MHG) auf Erteilung der Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage ist gegen alle an dem Mietvertrag beteiligten Mieter zu richten. Die nur gegen einen oder einen Teil von mehreren Mietern desselben Mietverhältnisses erhobene Klage des Vermieters ist grundsätzlich unzulässig.

2. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Mietvertragsparteien vereinbart haben, daß die Willenserklärungen eines Mieters gleichermaßen für den oder die anderen Mieter verbindlich sind und die Mieter zur Vornahme und Entgegennahme solcher Erklärungen als gegenseitig bevollmächtigt gelten.‹

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 15.07.1985; Aktenzeichen 61 S 77/84)

 

Tatbestand

I. Der Beklagte hat gemeinsam mit Frau S. seiner späteren Ehefrau, durch schriftlichen Mietvertrag vom 25. November 1971 im Hause der Klägerin in Berlin 45 eine Dreizimmerwohnung für eine monatliche Miete in Höhe von 360,- DM gemietet. Nach der Ehescheidung ist die erste Ehefrau des Beklagten aus der Mietwohnung ausgezogen; seitdem bewohnt der Beklagte mit seiner jetzigen Ehefrau, der früheren Beklagten zu 2), die Wohnung.

Mit Schreiben vom 16. Juni 1982 forderten die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin den Beklagen und seine jetzige Ehefrau vergeblich auf, nach § 2 MHG einer Erhöhung der monatlichen Kaltmiete von 951,01 DM zuzustimmen. Das Amtsgericht hat der gegen den Beklagten und seine jetzige Ehefrau gerichtete Klage auf Zustimmung teilweise stattgegeben und die weitergehende Klage abgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin, nachdem sie die Berufung gegen die frühere Beklagte zu 2) zurückgenommen hat, ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

§ 18 Nr. 2 der vorgedruckten Vertragsbedingungen des Mietvertrages vom 25. November 1971 hat folgenden Wortlaut: ›Für die Rechtswirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt es, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird. Willenserklärungen eines Mieters gelten zur Vornahme und Entgegennahme solcher Erklärungen als gegenseitig bevollmächtigt‹.

Die mit der Berufung befaßte Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin hat gemäß Art. III Abs. 1 S. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1967 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 5. Juni 1980 dem Kammergericht folgende Rechtsfrage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

›Ist eine Klage auf Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses gemäß § 2 des MHG unzulässig, wenn nur einer von zwei Mietern der Wohnung verklagt wird, die Mietvertragsparteien aber vereinbart haben, daß Willenserklärungen eines Mieters auch für den anderen Mieter verbindlich sind und daß die Mieter zur Vornahme und Entgegennahme solcher Erklärungen als gegenseitig bevollmächtigt gelten?‹

Das Landgericht hält die Zustimmungsklage gegen den Beklagten im Hinblick auf die Regelung in § 18 Nr. 2 des Mietvertrages für zulässig. Dabei geht es davon aus, daß ein gegen den Beklagten ergehendes Zustimmungsurteil nicht nur die von ihm abgegebene Willenserklärung auf Zustimmung der Mieterhöhung ersetzt, sondern infolge der Regelung nach § 18 Nr. 2 des Mietvertrages zugleich die Zustimmung zur Mietzinserhöhung durch den Mitmieter des Beklagten, seine geschiedene Ehefrau. Das Landgericht meint, aus diesem Grunde könne es zu einer mit der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses nicht zu vereinbarenden Aufspaltung des Mietverhältnisses nicht kommen, weil die Mieterhöhung hiernach für beide Mieter verbindlich sei. Das Landgericht sieht sich jedoch durch den Rechtsentscheid des OLG Koblenz vom 13. Oktober 1983 - 4 W-RE 171/83 - (RiM 2, 1095) gehindert, seiner Rechtsauffassung gemäß zu erkennen.

Die Parteien haben Gelegenheit erhalten, zu dem Vorlagebeschluß Stellung zu nehmen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Vorlage ist zulässig.

Nach Art. III Abs. 1 3. MietÄndG können allerdings nur Rechtsfragen, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergeben oder den Bestand eines solchen Mietvertragsverhältnisses betreffen, zum Rechtsentscheid vorgelegt werden. Dabei muß es sich in beiden Fällen um Rechtsfragen des materiellen Mietrechts handeln. Fragen des Verfahrensrechts sind einem Rechtsentscheid grundsätzlich nicht zugänglich (BGH in NJW 1984, S. 1615; OLG Hamm in NJW 1982, S. 1401, 1402; OLG Schleswig REMiet; Nr. 11; Beschluß des Senats vom 14. Oktober 1985 - 8 RMiet 3920/85 -).

Verfahrensrechtliche (prozessuale) Rechtsfragen können jedoch unter der Voraussetzung zum Gegenstand eines Vorlagebeschlusses nach Art. III Abs. 1 des 3. MietÄndG gemacht werden, daß sie in einem engen inneren Zusammenhang mit einer Rechtsfrage des materiellen Wohnraummietrechts stehen und ihre Beantwortung sich aus dem materiellen Wohnraummietrecht ergibt (BGH, NJW 1984, S. 1615; 1616; Rechtsentscheid des Senats vom 9. August 1982 - 8 W REMiet 4905/81 = RiM 1, 700). Diese Voraussetzungen sind bei der Vorlagefrage gegeben: Die Vorlagefrage richtet sich zwar im Ergebnis auf die Zulässigkeit der Zustimmungsklage gemäß § 2...

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