Leitsatz (amtlich)

1. Die Ausschlussfrist des § 156 Abs. 2 Satz 1 KostO wird durch die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Kostenrechnung des Notars auch dann in Lauf gesetzt, wenn der Kostenschuldner zuvor die Kostenrechnung dem Notar gegenüber beanstandet und der Notar den Kostenschuldner weder auf die Möglichkeit des Antrages nach § 156 Abs. 1 Satz 1 KostO hingewiesen hat noch die Beanstandung des Kostenschuldners selbst dem LG gem. § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO vorgelegt hat. [entgegen OLG Düsseldorf JurBüro 2007, 373; OLG Düsseldorf NotBZ 2001, 36; KG (1. ZS) KGReport Berlin 2001, 326; OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 647; KG (25. ZS) NJW-RR 1998, 645]

2. Die Ausschlussfrist des § 156 Abs. 3 Satz 1 KostO wird durch die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung der Kostenrechnung des Notars auch dann in Lauf gesetzt, wenn dir zugrunde liegende Kostenberechnung nicht den formellen Anforderungen des § 154 Abs. 2 KostO entspricht. (entgegen OLG Hamm ZNotP 2004, 166) KG

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 18.04.2012; Aktenzeichen 82 OH 210/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Kostengläubigers wird der Beschluss des LG Berlin vom 18.4.2012 - 82. OH. 210/11 - abgeändert:

Der Antrag der Kostenschuldnerin vom 11.12.2011 auf Entscheidung des LG wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 535,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kostengläubiger beurkundete am 16.4.2007 zu seiner UR. Nr. 25/2007 ein Kaufangebot der Kostenschuldnerin betreffend ein Wohnungseigentum.

Der Kostengläubiger erteilte hierzu die Kostenberechnung vom 17.4.2007. Nach der zweiten Mahnung des Kostengläubigers vom 8.1.2008 wandte sich die Kostenschuldnerin mit Schreiben vom 9.1.2008 an den Kostengläubiger und behauptete, sie sei betrogen worden, sie habe seinerzeit die Unterschrift auf einem leeren Blatt Papier leisten müssen.

Mitte 2008 ließ der Kostengläubiger der Kostenschuldnerin die vollstreckbare Ausfertigung der Kostenberechnung vom 8.4.2008 zustellen. Unter dem 17.6.2008 teilte der Gerichtsvollzieher dem Kostengläubiger mit, dass ein erster Vollstreckungstermin fruchtlos verlaufen sei. Am 15.7.2008 bezahlte die Kostenschuldnerin die Kostenforderung.

Erst als Ende 2011 das notarielle Handeln des Kostengläubigers im Zusammenhang mit sog. "Schrottimmobilien" in der Öffentlichkeit thematisiert wurde, hat die Kostenschuldnerin mit Schreiben vom 11.12.2011 ihre Zahlung zurückgefordert. Der Kostengläubiger hat dieses Schreiben dem LG als Notarkostenbeschwerde vorgelegt.

Das LG hat die Kostenberechnung des Kostengläubigers aufgehoben und die Rückerstattung des gezahlten Betrages angeordnet. Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Kostengläubigers, mit der dieser die Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung sowie die Zurückweisung des Antrages der Kostenschuldnerin verfolgt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie wegen der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird auf den Beschluss des LG Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde des Kostengläubigers ist begründet.

Der Antrag der Kostenschuldnerin war zu verwerfen, weil dieser bereits unzulässig ist.

1. Das Rechtsmittel des Kostengläubigers ist als einfache Beschwerde i.S.v. § 156 Abs. 3 KostO n.F. zulässig.

Nach der Übergangsvorschrift in Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des FGG-Reformgesetzes ist vorliegend § 156 Abs. 3 KostO in seiner seit dem 1.9.2009 geltenden Fassung anzuwenden. Danach sind lediglich auf Verfahren, die bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, weiter die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf danach eingeleitete bzw. beantragte Verfahren ist dagegen neues Recht anzuwenden. Auf den Erlass der Kostenberechnung oder auf die Erhebung von Beanstandungen der Kostenschuldnerin gegenüber dem Kostengläubiger kommt es nicht an (vgl. KG FGPrax 2011, 251; BGH NJW-RR 2012, 209).

2. Die Beschwerde des Kostengläubigers ist begründet, weil der Antrag der Kostenschuldnerin bereits unzulässig ist.

a) Die als Antrag i.S.v. § 156 Abs. 1 Satz 1 KostO geltende Beanstandung der Kostenschuldnerin vom 11.12.2011 ist verspätet erfolgt und damit gem. § 156 Abs. 2 KostO ausgeschlossen.

Die von der Kostenschuldnerin zunächst beim Kostengläubiger mit dem Schreiben vom 11.12.2011 vorgebrachte Beanstandung der Kostenberechnung gilt mit deren Weiterleitung durch den Kostengläubiger an das LG gem. § 156 Abs. 1 Satz 3 KostO als Antrag der Kostenschuldnerin i.S.v. § 156 Abs. 1 Satz 1 KostO (Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Tiedtke, KostO, 18. Aufl., § 156 Rz. 33; Hartmann, KostO, 42. Aufl., § 156 Rz. 10).

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