Leitsatz (amtlich)

Kommt es in örtlichem und zeitlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür eines Pkw, der im Haltestellenbereich eines Linienbusses steht, zu einer seitlichen Kollision mit einem anfahrenden Bus, so spricht der Anscheinsbeweis für eine Verletzung der Sorgfaltspflichten aus § 14 StVO.

Steht ein Pkw im Bereich einer längeren Bushaltestelle und der Fahrer zwischen Pkw und geöffneter Fahrertür, obwohl er den Bus in einer Entfernung von etwa 10-20 m anfahren sieht, und kommt es zu einer Kollision des Busses, der mit einem zu geringen rechten Sicherheitsabstand vorbeifährt, mit der geöffneten Fahrertür, so kann eine Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zu Lasten des Pkw-Halters angemessen sein.

Denn der Fahrer des Pkw handelt grob verkehrswidrig, wenn er in einer solchen Situation nach dem Aussteigen nach links nicht die Fahrertür vollständig schließt und sich von der Fahrbahn entfernt oder sich wenigstens vor oder hinter seinen Pkw begibt.

Das Aussteigen eines Mitfahrers nach links ist so lange zurückzustellen bis sich links kein Verkehr nähert, der dadurch gefährdet werden könnte.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 58 O 59/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine eingetragene Partnerschaft, nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 24.11.2007 in Berlin, Bundesallee 104/105; die Kollision zwischen dem in ihrem Eigentum stehenden, von ihr gehaltenen und dem Partner O geführten sowie am rechten Straßenrand im Bereich einer Bushaltestelle stehenden Pkw Saab-Cabriolet (um eine Mitfahrerin aussteigen zu lassen) und dem von der Zweitbeklagten gehaltenen und von dem Busfahrer M geführten, von der Haltestelle anfahrenden Linienbus ereignete sich beim Vorbeifahren des Beklagtenfahrzeugs an dem mit geöffneter oder sich öffnender Fahrertür rechts stehenden Klägerfahrzeug; dessen Fahrertür sowie die mittlere Seitenwand und die zweite Tür des Busses wurden beschädigt.

Der Haftpflichtversicherer der Zweitbeklagten regulierte den Schaden nach einer Quote von 1/3.

Das LG hat die Klage auf die restlichen 2/3 des Schadens nach Beweisaufnahme (Zeugnis der Mitfahrerin im Klägerfahrzeug sowie persönliche Anhörung des Fahrzeugführers der Klägerin und des Erstbeklagten) abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Vor dem Hintergrund der Sorgfaltspflichten aus § 14 StVO spräche gegen den Klägerfahrer O der Beweis des ersten Anscheins; diesen habe die Klägerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht in solchem Maße entkräftet, dass eine Mithaftung der Beklagten nach eine Quote von über 1/3 gerechtfertigt sei.

Es sei nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass der Seitenabstand vom Bus zum stehenden Klägerfahrzeug so gering gewesen sei, dass eine höhere Mithaftung geboten sei; der Fahrer des Klägerfahrzeugs hätte es unterlassen müssen, die Fahrertür zu öffnen und auszusteigen bis der von ihm wahrgenommene, an der Haltestelle stehende Bus vorbeigefahren sei.

Es könne auch nicht festgestellt werden, dass der Bus mit einem Seitenabstand von weniger als 50 cm den klägerischen Pkw passiert habe.

Das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten zum Beweise der Richtigkeit ihrer Unfalldarstellung sei nicht einzuholen gewesen, weil ein Abstand von etwa 50 cm nicht zu einer Mithaftung von über 1/3 führen würde; zudem sei die Frage, ob die Tür bereits vor dem Vorbeifahren des Busses geöffnet gewesen sei, nicht durch einen Sachverständigen zu klären.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin die Verurteilung der Beklagten wie in erster Instanz nach der restlichen Haftungsquote von 2/3 erstrebt.

Sie macht im Wesentlichen geltend:

Das angefochtene Urteil enthalte sowohl im Tatbestand als auch in den Gründen, insbesondere im Bereich der Beweiswürdigung, Fehler.

Die Ausführungen zum Anscheinsbeweis gegen die Klägerin würden unberücksichtigt lassen, dass der Erstbeklagte vom Fahrbahnrand angefahren sei und einen Spurwechsel vollzogen habe; es sei nach wie vor davon auszugehen, dass unfallursächlich allein der zu geringe Sicherheitsabstand des Busses vom stehenden Klägerfahrzeug gewesen sei, wobei Herr O bereits in der geöffneten Fahrertür gestanden habe, als der Bus von der Haltestelle losgefahren sei.

Dem LG sei auch insoweit zu widersprechen, dass Herr O mit einer Weiterfahrt des etwa 10-20 m entfernt an der Haltestelle stehenden Busses habe rechnen und bis dahin ein Aussteigen habe unterlassen müssen.

Unter Berücksichtigung des Fotos K 7 habe sich der Unfall nur ereignen können, weil der Bus nicht vollständig in der mittleren Fahrspur, sondern in die rechte Haltestellenspur gefahren sei.

II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 Z...

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