Leitsatz (amtlich)

Die einem Nachlassverwalter zu bewilligende Vergütung wird durch das Nachlassgericht festgesetzt.

Die Festsetzung gegen die Staatskasse entsprechend den Regelungen über die Vergütung von Berufsvormündern ist nicht möglich. Die Besonderheiten der Nachlassverwaltung schließen die Festsetzung gegen die Staatskasse aus.

Der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters ist auch ohne die Möglichkeit, subsidiär die Staatskasse in Anspruch zu nehmen, hinreichend gesichert.

 

Normenkette

FGG § 56g Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 7, § 75 S. 1; BGB § 1915 Abs. 1, § 1987

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 26.02.2003; Aktenzeichen 87 T 58/03)

AG Berlin-Hohenschönhausen (Aktenzeichen 62/61-VI 253/97)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird bei einem Verfahrenswert i.H.v. 1.186,30 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die sofortige weitere Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das LG statthaft, §§ 75 S. 1, 56g Abs. 7 und 5 S. 2 FGG. Sie ist auch zulässig, insb. ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 29 Abs. 1 S. 2 und 4, 22 Abs. 1 FGG.

II. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 56g Abs. 5 S. 2, 27 FGG.

Gemäß §§ 75 S. 1, 56g Abs. 7 und Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FGG i.V.m. §§ 1975, 1962 BGB setzt das Nachlassgericht auf Antrag eine dem Nachlassverwalter zu bewilligende Vergütung fest (BayObLG v. 26.1.2000 - 1Z BR 107/99, BayObLGReport 2000, 46 = MDR 2000, 584 f.). Die Rechtspflegerin des AG ist davon ausgegangen, dass eine solche Festsetzung nicht gegen die Staatskasse erfolgen kann, so dass sie den entsprechenden Antrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen hat. Dies ist nicht zu beanstanden. Das LG hat die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) daher zu Recht zurückgewiesen.

Allerdings ist es zutreffend, dass es sich bei der Nachlassverwaltung um eine besondere Art der Nachlasspflegschaft handelt, vgl. § 1975 BGB, so dass über § 1915 Abs. 1 BGB die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Vormundschaft einschl. der §§ 1835 ff. BGB grundsätzlich in Betracht kommt. Nach § 1915 Abs. 1 BGB gilt dies aber nur, soweit sich aus dem Gesetz nicht etwas anderes ergibt. So ist es hier. Die Besonderheiten der Nachlassverwaltung schließen eine Festsetzung der Vergütung des Nachlassverwalters gegen die Staatskasse aus. Weder kommt bis zum 31.12.1998 eine entsprechende Anwendung des § 1836 Abs. 2 S. 4 BGB i.V.m. § 1835 Abs. 4 S. 1 BGB in ihrer damaligen Fassung, noch für die Zeit danach des § 1836a BGB in Betracht (Staudinger/Marotzke, BGB, 2002, § 1987, Rz. 4; Jochum/Pohl, Nachlasspflegschaft, 2. Aufl., Rz. 949 a.E.). Nach diesen Vorschriften konnte der Vormund die ihm zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen, wenn der Mündel mittellos war.

Die Nachlasspflegschaft dient der Befriedigung der Nachlassgläubiger sowie der Haftungsbeschränkung des Erben, § 1975 BGB. Ihre Anordnung erfolgt deshalb im vorrangigen Interesse der Gläubiger sowie des Erben (Staudinger/Marotzke, BGB, 2002, § 1975, Rz. 18; Siegmann in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1987 Rz. 1; Firsching/Graf, Nachlassrecht, 8. Aufl., Rz. 4.785). Insoweit besteht bereits ein wesentlicher Unterschied zur sonstigen Nachlasspflegschaft, die der Sicherung des Nachlasses und der Ermittlung der Erben dient. Hierfür ist der Staat jedenfalls subsidiär zuständig, § 1960 Abs. 1 und 2 BGB (Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl., § 1960 Rz. 1), so dass bei der Nachlasspflegschaft auch ein öffentliches Interesse an ihrer Anordnung besteht. Entsprechend besteht im Gegensatz zur Nachlasspflegschaft, §§ 1960 Abs. 2, 1915 Abs. 1, 1785 BGB, keine staatsbürgerliche Pflicht, das Amt des Nachlassverwalters zu übernehmen, § 1981 Abs. 3 BGB. Fiskalische Interessen spielen bei der Nachlassverwaltung grundsätzlich keine Rolle, weshalb der Nachlassverwalter in jedem Fall eine angemessene Vergütung verlangen kann, § 1987 BGB, während bei der Nachlasspflegschaft der Grundsatz der ehrenamtlichen Führung besteht, §§ 1960 Abs. 2, 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 S. 1 BGB.

Im Unterschied zum Nachlasspfleger, der gesetzlicher Vertreter des unbekannten Erben ist, hat der Nachlassverwalter die rechtliche Stellung eines amtlich bestellten Organs zur Verwaltung einer fremden Vermögensmasse mit eigener Parteistellung im Rechtsstreit (RGZ 135, 305 [307]; Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl., § 1975 Rz. 4; Firsching/Graf, Nachlassrecht, 8. Aufl., Rz. 4.786). Er ist damit weder gesetzlicher Vertreter des Erben noch einzelner Nachlassgläubiger (RGZ 135, 305 [307]). Der Nachlassverwalter steht insoweit dem Testamentsvollstrecker und in erster Linie dem Insolvenzverwalter näher als dem Nachlasspfleger (RGZ 135, 305 [307], Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Aufl., § 1975 Rz. 4; Staudinger/Marotzke, BGB, 2002, § 1975 Rz. 19; Siegmann in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1987, Rz. 1; Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., § 1987 Rz. 1; Bamberger/Roth/Lohmann, BGB, § 1987 Rz. 1). Die Vergleichbarkeit mit dem Insolvenzverwalter spiegelt sich vor allem auc...

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