Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 19.07.2016; Aktenzeichen 68 VI 683/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 4), 5) und 9) wird der Beschluss des AG Schöneberg als Nachlassgericht vom 19.7.2016 geändert und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins vorliegen, der als testamentarische Erben der Erblasserin die folgenden Beteiligten mit dem genannten Anteil ausweist:

Beteiligte zu 7) zu 2/9 Anteil

Beteiligte zu 5) zu 2/9 Anteil

Beteiligte zu 9) zu 2/9 Anteil

Beteiligter zu 4) zu 1/18 Anteil

Beteiligter zu 11) zu 1/18 Anteil

Beteiligter zu 12) zu 1/18 Anteil

Beteiligter zu 13) zu 1/18 Anteil

Beteiligter zu 14) zu 1/18 Anteil

Beteiligter zu 15) zu 1/18 Anteil.

 

Gründe

I. Die am 25.9.2014 unverheiratet und kinderlos verstorbene Erblasserin hat ein handschriftlich verfasstes und von ihr unterschriebenes Testament hinterlassen, das auf den 5.2.2012 datiert ist. Überschrieben ist es mit den Worten:

"Mein vorläufig letzter Wille: - Testament - in Kürze".

Zu Punkt 1 des Testaments ordnete die Erblasserin Testamentsvollstreckung an. Aufgabe des Testamentsvollstreckers - des Beteiligten zu 1) - sollte es sein, zwei im Eigentum der Erblasserin stehende Eigentumswohnungen zu verwalten bzw. zu veräußern und das dann bestehende Vermögen zwischen den Erben zu verteilen. Sie traf dazu ergänzende Anweisungen. Insoweit wird auf den Inhalt des Testamentes verwiesen (AG Schöneberg 68 IV 315/14, Bl. 2 und 3).

Zu Punkt 2 des Testamentes äußerte die Erblasserin ihre Wünsche zur Beisetzung.

Der Punkt 3 ist überschrieben mit den Worten:

"Jetzt zu der Verteilung meines Vermögens:"

Das Testament endete mit den Worten:

"Weitere mündliche Absprachen sind vorbehalten!

- auch mit dem Testamentsvollstrecker -"

Im Original folgt die Unterschrift und die Angabe "zu Berlin, 05.02.2012".

Die Erblasserin setzte an den Anfang des Testaments einen unterstrichenen Zusatz, der wie folgt lautet:

"mit Änderungen, Streichungen von mir am 25.2.14"

Es folgt vor dem ursprünglichen Testamentstext ihre Unterschrift.

In dem Testament sind zu Punkt 3 Änderungen und Streichungen eingefügt. Diese befinden sich auf der zweiten Seite des Testamentes mit der Unterschrift.

Ursprünglich hatte die Erblasserin zum Unterpunkt 3a angeordnet, dass die dort genannten drei Personen (Beteiligte zu 5), 7) und 9)) bestimmte Geldbeträge erhalten sollten. In der geänderten Fassung heißt es nunmehr am Ende:

"I-≫ oder 2/3 des Vermögens? Geteilt durch 3! = vorrangig!"

Zum Unterpunkt "3b - Restvermögen - je nach dem, was übrig ist:" nahm die Erblasserin Streichungen vor. In der geänderten Fassung heißt es am Ende:

"= I-≫1/3 des Vermögens für 6. Positionen gleiche Anteile!"

Der Testamentsvollstrecker beantragt einen gemeinschaftlichen Erbschein mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt. Auf die Urkunde des Notars ...vom 3.12.2015 - Urkundenrolle-Nr. 777/2015 - wird verwiesen (Bl. 29 ff. d.A.).

Die Beteiligten zu 1), 4), 5), 7) und 9) streiten mit den Beteiligten zu 3) und 11) um die Wirksamkeit der Änderungen des Testamentes. Das Nachlassgericht hat den Antrag des Testamentsvollstreckers auf Erteilung des Erbscheins durch Beschluss vom 19.7.2016 (Bl. 152 ff. d.A.) mit der Erwägung zurückgewiesen, die Änderungen seien unwirksam, weil sie nicht unterschrieben sind. Die Unterschrift am Anfang des Testamentes sei nicht ausreichend.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Beteiligten zu 4), 5) und 9).

Das Nachlassgericht hat der Beschwerden mit Beschluss vom 20.9.2016 (Bl. 186 d.A.) nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerden der Beteiligten zu 4), 5) und 9) sind zulässig und haben in der Sache Erfolg. Es ist gemäß § 352e Abs. 1 FamFG festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Erbscheins vorliegen.

1) Die Erblasserin hat ein formwirksames Testament errichtet.

a) Zwar ist eine untrennbare Verbindung der zwei Seiten des Testamentes nicht erkennbar. Gleichwohl genügt die Unterschrift der Erblasserin auf der zweiten Seite für die Einhaltung der Form des §§ 2247 Abs. 1 BGB, denn die Zusammengehörigkeit des Textes auf den beiden Seiten ergibt sich aus der fortlaufenden Nummerierung im Text und den angegebenen Seitenzahlen auf dem Testament (vgl. OLG Hamm, ZErb 2013, 14 ff -zitiert nach juris: Rdnr. 9 m. w. Nachw.).

b) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass alle Änderungen in der Testamentsurkunde von der Erblasserin selbst vorgenommen worden sind. Diese hatte in ihrem ursprünglich geschriebenen Testament bereits Änderungen angekündigt, wie sich aus dem Eingangssatz und dem abschließenden Satz vor der Unterschrift ergibt. Sie hat dann am 25.2.2014 Änderungen und Streichungen auf der Originalurkunde vermerkt und diesen Vermerk unterschrieben. Die dann vorgenommenen Streichungen und Änderungen entsprechen von der Strichstärke und Farbe der Schrift dem Vermerk über die Änderungen. Inhaltlich sind die Änderungen und Streichungen in sich stimmig und verteilen das gesamte Vermögen der Erblasserin, so dass keine Wid...

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