Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollständige Preisangabe in Angebot trotz Einheitspreis 0,01 Euro

 

Tenor

Das Nachprüfungsverfahren wird gem. § 124 Abs. 2 S. 1 GWB dem BGH vorgelegt.

 

Gründe

A. Der Antragsgegner betreibt im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung den Bau des Autobahnzubringers Dresden BAB A 113 (neu). Zum 23. Bauabschnitt gehören u.a. die Lose 4 - Tiefbau/Ingenieurbau zur Herstellung des Tunnels "Rudower Höhe" (BW TRH50) und 4 A und B - Tiefbau/Ingenieurbau zur Herstellung der Stützbauwerke im Einschnitt "Rudower Höhe" (BW TRH60) sowie Tiefbau/Ingenieurbau zur Herstellung der Fußgängerbrücke Gerosteig (TRH20).

In der Ausschreibung betreffend das Los 4 hat die "Bietergemeinschaft Rudower Tunnel", der die hiesige Antragstellerin und ein weiteres Unternehmen angehören, das günstigste Angebot abgegeben. Jene Ausschreibung ist Gegenstand des parallel beim Senat anhängigen Nachprüfungsverfahrens 2 Verg 17/03. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf Los 4 A und B. Die Antragstellerin hat unter Berücksichtigung eines wertungsfähigen Preisnachlasses das günstigste Hauptangebot mit einem Nettopreis von ... Euro abgegeben. Der Antragsgegner hat das Angebot ausgeschlossen und will den Zuschlag auf ein Angebot mit einem um rd. 668.000 Euro höheren Nettopreis erteilen.

In der Sache geht es bei dem Ausschluss des Angebots der Antragstellerin - wie beim Ausschluss des Angebots der Bietergemeinschaft "Rudower Tunnel" im Parallelverfahren - in erster Linie darum, dass die Antragstellerin bei mehreren Positionen des Leistungsverzeichnisses Einheitspreise eingesetzt hat, die von den durchschnittlichen Einzelpreisen aller Bieter akzentuiert entweder nach oben oder nach unten abweichen.

Die Position 1.10.10, Baustelleneinrichtung, etwa bietet die Antragstellerin zu einem Preis von rund 60.000 Euro an. Dieser Preis ist der zweitgünstigste aller Bieter. Von den sieben in den Preisspiegel (Vergabeakten grüner Stehordner Bl. 40) aufgenommenen Bewerbern bietet die Antragstellerin diese Position mit dem niedrigsten Preis an; die Preise der übrigen sechs Bieter aus diesem Kreis liegen zwischen dem knapp 4fachen bis zum 10fachen dieses Preises. Wie sich aus denn Aufklärungsgespräch ergeben hat, sind in dem in der Position 1.10.10 angeführten Preis der Antragstellerin nur Leistungen für die Tief- und Straßenbautitel kalkuliert; die Baustelleneinrichtung für die Rohbauleistungen hat sie im Baustellengemeinkosten-Leistungsverzeichnis kalkuliert und über das Gesamtangebot umgelegt (Vergabeakten, grüner Stehordner Bl. 152).

Für die Position 1.10.20 - Baustelle räumen - verlangt die Antragstellerin 0,01 Euro. Die tatsächlichen Aufwendungen für das Räumen der Baustelleneinrichtung hat sie innerhalb der Position 1.10.10 berücksichtigt. Die übrigen Positionen der Antragstellerin mit relativ deutlichen Abpreisungen sind:

Erdarbeiten: 1.11.240, 1.11.310, 1.11.320

Wasserhaltungsarbeiten: 1.15.10, 1.15.20

Beton-, Stahlbetonarbeiten: 1.18.50, 1.18.70, 1.18.150, 1.18.160, 1.18.180, 1.18.190, 1.18.200, 1.18.250, 1.18.350

Stahlbau-, Schmiedearbeiten: 1.19.20

Abdichtungsarbeiten: 1.22.20, 1.22.40

Korrosionsschutzarbeiten: 1.23.20

Straßenbauarbeiten: 2.12.10, 2.12.20

Abdichtungs- und ...: 2.22.70, 2.22.80

Mit Ausnahme der Positionen 1.15.10 und 1.15.20 handelt es sich dabei um Einzelpreise von 0,01 Euro. Die Antragstellerin erläuterte ihre Preisfindung im Schreiben vom 24.2.2003 (Vergabeakten grüner Stehordner Bl. 124 ff. = Anlage BG 8 zur Beschwerdeerwiderung) und, ergänzend, im Schreiben vom 20.3.2003 (Vergabeakten grüner Stehordner Bl. 150 ff.). Unter anderem ergibt sich daraus, dass die Position 1. 11.240 - Verbau für die Grabenbaugrube - auf den gesamten Titel 11 umgelegt wurde.

Den für die Positionen 1.11.310 und 1.11.320 - gelagerten Boden des Auftraggebers aufnehmen - eingesetzten Preis von jeweils 0,01 Euro erklärt die Antragstellerin damit, dass der in die Schadstoffbelastungsklassen Z1.1 und Z1.2 einzustufende Boden bei diesen beiden Positionen bestimmungsgemäß in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen soll und dass sie kalkulatorisch hat berücksichtigen können, dass dieser Boden bei anderen Bauvorhaben ihrer Niederlassung als Einbaumaterial verwendet werden kann, so dass die Aufwendungen für den Abtransport durch entsprechende Erlöse kompensiert werden könnten.

Die Aufwendungen für die Positionen 1.18.50 und 1.18.70 hat die Antragstellerin in der Position 1.18.40 berücksichtigt. Der Punkt 1.18.150 ist in der Hauptposition 1.18.130 berücksichtigt worden; die Positionen 1.18.180 bis 1.18.200 hat sie über das Gesamtangebot umgelegt. Die Straßenbauarbeiten in 2.12.10 und 2.12.20 sowie 2.22.70 und 2.22.80 sind auf die Leistungspositionen des Titels 11 umgelegt worden.

Mehr oder minder deutlich aufgepreist hat die Antragstellerin die Positionen 1.18.10, 1.18.30, 1.18.210 sowie 1.18.240. Wegen ihrer Erläuterungen im Einzelnen wird auf die beiden genannten Schreiben Bezug genommen.

Im Informationsschreiben gem. § 13 VgV hat der Antragsgegner a...

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