Leitsatz (amtlich)

1. Von einem nachhaltig erwirtschafteten, dauerhaft gesicherten Erwerbseinkommen der betreuenden, nicht verheirateten Mutter, das der Berechnung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB zugrunde gelegt werden kann, ist auch dann auszugehen, wenn die betreuende Mutter nach erfolgreichem Abschluss ihrer Hochschulausbildung und der Beendigung einer fachlichen Weiterbildung ihre erste Stelle im erlernten Beruf antritt, soweit es sich dabei um eine unbefristete Stelle handelt und sie sich nicht mehr in der arbeitsrechtlichen Probezeit befindet. Dabei bleibt es auch dann, wenn sie bei Antritt der Stelle bereits mit dem zu betreuenden Kind schwanger ist und sie aufgrund von Krankheit und eines schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbots bis zum Beginn der Elternzeit effektiv nur eine Woche erwerbstätig sein kann.

2. Entscheidender Gesichtspunkt für die Frage, ob das erzielte Einkommen nachhaltig ist, ist weniger die tatsächliche Dauer der Tätigkeit, sondern maßgeblich ist vielmehr, ob erwartet werden kann, dass die Tätigkeit, aus der das zuletzt bezogene Einkommen generiert wurde, vom Berechtigten prognostisch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Dauer ausgeübt werden kann bzw. ohne die Geburt des zu betreuenden Kindes mit großer Wahrscheinlichkeit hätte weiter ausgeübt werden können.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 150 F 11212/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 3. Januar 2018 verkündete Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg - 150 F 11212/17 - unter gleichzeitiger Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin laufenden Unterhalt für den Monat Dezember 2017 in Höhe von 1.037 EUR/Monat sowie ab Januar 2018 bis zum 10. Oktober 2019 in Höhe von 1.031 EUR/Monat zu zahlen.

Der Antragsgegner wird weiter verpflichtet, an die Antragstellerin einen Unterhaltsrückstand aus dem Zeitraum von Dezember 2016 bis einschließlich November 2017 in Höhe von 4.492 EUR zu zahlen.

Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Die Kosten des Verfahrens - zugleich in Abänderung der Kostenentscheidung im Beschluss des Amtsgerichts vom 3. Januar 2018 - trägt die Antragstellerin zu 40% und der Antragsgegner zu 60%.

Der Beschwerdewert wird - zugleich in Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung - auf 25.737 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den am 3. Januar 2018 verkündeten Beschluss des Familiengerichts und die dort festgesetzte Höhe des von ihr geforderten laufenden und rückständigen Betreuungsunterhalts einer nicht verheirateten Mutter.

Die Beteiligten, die nicht miteinander verheiratet sind oder waren, sind die Eltern des am ... . Oktober 2016 geborenen R... . Die Eltern beendeten ihre Beziehung bereits vor der Geburt des gemeinsamen Sohnes, der im Haushalt der Mutter lebt.

Die Antragstellerin ist Psychologische Psychotherapeutin. Ihr Psychologiestudium beendete sie im Jahr 2009. Anschließend arbeitete sie - überwiegend in Teilzeit - in verschiedenen Kliniken als Psychologin. Ab Mai 2011 begann sie mit der Weiterbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin. Die Prüfung bestand sie mit der Note "gut"; die Approbation erhielt sie am ... September 2015. Im Jahr 2015 war sie neben ihrer Weiterbildung in Teilzeit erwerbstätig und zwar von Mitte Januar 2015 bis Oktober 2015 bei der G..., F... mit einem Nettolohn von ca. 1.207 EUR/Monat. Daneben war sie im Jahr 2015 für die Ambulanz des Klinikums der ... Universität ... als Honorarkraft sowie selbständig tätig. Zum 15. Februar 2016 trat sie eine unbefristete Stelle als Psychologische Psychotherapeutin im ... Klinikum B... mit einer Arbeitszeit von 36 h/Woche an. Ihr Nettogehalt im März 2016 betrug 2.595,39 EUR (ca. 2.600 EUR/Monat). Nach etwa einer Woche Arbeitstätigkeit, ab dem 22. Februar 2016, wurde sie krank; sie war zu diesem Zeitpunkt bereits mit R... schwanger. Das Gehalt wurde vom Klinikum zunächst fortbezahlt. Von April 2016 bis Anfang Juli 2017 bezog sie von der Krankenkasse Krankengeld. In der Folgezeit sprach die behandelnde Gynäkologin aufgrund der Schwangerschaft der Antragstellerin ein Beschäftigungsverbot aus, was dazu führte, dass die Antragstellerin ab Juli 2016 bis Oktober 2016 anstelle von Krankengeld (wieder) Lohnfortzahlung durch das Klinikum erhielt. Ab Dezember 2016 bezog die Antragstellerin "Elterngeld Plus" in Höhe von 370,78 EUR/Monat; das Elterngeld wurde ihr bis zum 10. August 2018 bewilligt. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2016 setzte ihr damaliger Bevollmächtigter den Antragsgegner in Verzug. In diesem Schreiben heißt es u.a.

"Den laufenden Unterhalt ab dem Monat Dezember 2016 betreffend gehen wir vorläufig von einem bereinigten Nettoeinkommen auf Seiten Ihres Mandanten in Höhe von (gerundet) 2.600 EUR aus. Hieraus resultiert [...] und ein Betreuungsunterhaltsanspruch unserer Mandantin in Höhe von 1.124 EUR gemäß § 1615l BGB ..."

Der An...

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