Leitsatz (amtlich)

1. Wird im laufenden Zwangsvollstreckungsverfahren zur Durchsetzung des ausserordentlichen Informationsrechts des Kommanditisten gem. § 375 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 166 Abs. 3 HGB das Insolvenzverfahren über das Vermögen der der auskunftspflichtigen Kommanditgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, hat dies nicht die Unterbrechung des Zwangsvollstreckungsverfahrens zur Folge.

2. Der ausserordentliche Informationsanspruch des Kommanditisten gem. § 166 Abs. 3 HGB richtet sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG gegen den Insolvenzverwalter.

3. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die KG auskunftspflichtigen Komplementär zur Durchsetzung des vorgenannten Informationsanspruchs ist während des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 16.11.2012; Aktenzeichen 90 HRA 26081 B)

 

Tenor

1. Der Beschluss des AG Charlottenburg vom 16.11.2012 wird aufgehoben.

2. Die Gerichtskosten trägt der Beteiligte zu 3. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils allein.

3. Der Verfahrenswert wird auf 7.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Beteiligte zu 2. ist Komplementär, der Beteiligte zu 3. Kommanditist der Beteiligten zu 1.

Das LG Berlin hatte auf Antrag des Beteiligten zu 3. im einstweiligen Verfügungsverfahren - durch Urt. v. 5.9.2012 - 100 O 56/12 - dem Beteiligten zu 2. bis zur Entscheidung über die Hauptsache die Befugnis entzogen, die Geschäfte der Beteiligten zu 1. allein zu führen und ferner angeordnet, dass die Geschäfte der Beteiligten zu 1. bis zur Entscheidung in der Hauptsache nur noch von den Gesellschaftern gemeinsam geführt werden dürften.

Mit Beschluss vom 12.9.2012 ordnete das AG Charlottenburg auf Antrag des Beteiligten zu 3. vom 14.5.2012 an, dass die Beteiligte zu 1. bei Vermeidung eines vom Gericht gegen den Beteiligten zu 2. festzusetzenden Zwangsgeldes gem. § 166 Abs. 3 HGB dem Beteiligten zu 3. u.a. Summen- und Saldenlisten für die Jahre 2007 bis 2011 (lit. c es Beschlusses) sowie einen Nachweis über die Geschäfte, die zu den Einkünften aus ge-werblicher Tätigkeit in den Jahren 2007 bis 2011 geführt haben, welche von der Beteiligten zu 1. in den Feststellungserklärungen für die Gesellschaft erklärt wurden (lit. f), vorzulegen.

Da die Beteiligte zu 1. die vom Beteiligten zu 3. begehrten Unterlagen nach seinen Angaben nicht vorlegte, beantragte er mit Schriftsatz vom 29.10.2012 u.a. die Festsetzung von Zwangshaft gegen den Beteiligten zu 2. nach Anhörung der weiteren Beteiligten setzte das AG Charlottenburg mit Beschluss vom 16.11.2012 zur Durchsetzung der mit Beschluss vom 12.9.2012 angeordneten Informationsverpflichtung zu c) und f) ein Zwangsgeld i.H.v. 7.000 EUR gegen den Beteiligten zu 2. fest und erlegte ihm zugleich die Kosten auf.

Gegen diesen ihm am 22.11.2012 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz vom 5.12.2012 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führte er an, seiner ihn aus dem Beschluss vom 12.9.2012 treffenden Informationspflicht zu den Punkten c) und f) nachgekommen zu sein, soweit der Beteiligten zu 1. dies möglich gewesen sei. Da aber zu den Jahren 2007, 2010 und 2011 keine gewerblichen Einkünfte deklariert worden seien, sei dem Beteiligten zu 2. die Überreichung der im Beschluss vom 12.9.2012 zu f) genannten Unterlagen für diese Jahre schwerlich möglich.

Das AG Charlottenburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 30.5.2013 nicht abgeholfen, da der Beteiligte zu 2. dem Auskunftsanspruch des Beteiligten zu 3. nicht vollständig nachgekommen sei. So könne den dem Gericht vom Beteiligten zu 2. zur Verfügung gestellten Anlagen U1, V1 und W1 nicht der Stand der Summen und Saldenlisten entnommen werden (zu lit. c). Auch habe er für das Jahr 2008 und 2009 nicht die erforderlichen Auskünfte vorgelegt, obwohl für beide Jahre gewerbliche Einkünfte angefallen und gegenüber dem Finanzamt erklärt worden seien.

B. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. hat Erfolg.

I.) Fraglich ist hier bereits, nach welchen Vorschriften sich die Anfechtung des Zwangsgeldbeschlusses vom 12.9.2012 richtet.

1. Nach dem Willen des Gesetzgebers findet § 35 FamFG nur Anwendung auf Anord-nungen, die sog. "verfahrensleitenden Charakter" haben (BT-Drucks. 16/6308, 192), während die Vollstreckung verfahrensabschließender Entscheidungen in den §§ 86 bis 96a FamFG geregelt ist (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.3.2010 - 6 WF 55/10, juris Rz. 5; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 35 Rz. 3; Zöller/Feskorn, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 35 FamFG Rz. 1).

Hier geht es um die Durchsetzung des ausserordentlichen Informationsrechts des Komman-ditisten gem. § 166 Abs. 3 HGB (vgl. dazu K. Schmidt, Informationsrechte in Gesell-schaften und Verbänden, 1984, S. 72). Ob die Erzwingung der Vorlage von Büchern, Papieren, Bilanzen und sonstigen Aufklärungen vom Gericht im Wege der Vollstreckung gem. § 35 FamFG durchzusetzen ist (so: Bahrenfuss/Steup, FamFG, 2. Aufl. 2013...

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