Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellungsanspruch des von Gläubigern der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Anerkennung von deren Teilrechtsfähigkeit erfolgreich in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch vor dem Hintergrund der Berliner Kommunalvorschriften betreffend Versorgungsunternehmen kommt es für die Frage, ob Vertragspartner des jeweiligen Versorgers die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die einzelnen Wohnungseigentümer wird bzw. werden, maßgeblich auf die Auslegung des betreffenden Vertrages an.

2. Falls die einzelnen Wohnungseigentümer aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung neben der weiterhin vertraglich verpflichtet bleibenden Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber deren Gläubiger nach außen haften, muss für die Frage, wer im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer untereinander die Lasten zu tragen hat, auf die innerhalb der Gemeinschaft geltenden Regelungen abgestellt werden. Dies gilt auch im Verhältnis der einzelnen Wohnungseigentümer zur Gemeinschaft.

3. Falls hiernach ein Freistellungsanspruch eines von einem Gläubiger der Wohnungseigentümergemeinschaft vor Anerkennung von deren Teilrechtsfähigkeit erfolgreich gerichtlich in Anspruch genommenen Wohnungseigentümers ggü. der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, führt die Geltendmachung dieses Freistellungsanspruchs nicht zu einer - unzulässigen - Durchbrechung der Rechtskraft des gegen den betreffenden Wohnungseigentümer erwirkten Titels.

4. Es besteht keine Vermutung dafür, dass eine unzureichende finanzielle Ausstattung der Gemeinschaft auf einer schuldhaften Pflichtverletzung der einzelnen Wohnungseigentümer beruht. Mit einem auf Zahlung gerichteten Schadensersatzanspruch kann die Gemeinschaft schon deshalb nicht wirksam gegen einen Freistellungsanspruch einzelner Wohnungseigentümer aufrechnen, weil es an der Gleichartigkeit der Forderungen fehlt.

 

Normenkette

BGB § 257; HGB § 110; WEG § 10 Abs. 6

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 24.07.2007; Aktenzeichen 85 T 118/06 WEG)

AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 53/05)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 14.717,83 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Antragsteller war für in Bezug auf das Grundstück der oben genannten Wohnanlage erbrachte Abfallentsorgungs- und Straßenreinigungsleistungen der Berliner Stadtreinigungsbetriebe und Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsleistungen der Berliner Wasserbetriebe aus dem Zeitraum 1999 - 2003 von diesen Versorgungsunternehmen erfolgreich vor dem AG Schöneberg (Urteil vom 20.0.2003 zu 12 C 34/03, vgl. Bd. I Bl. 29-33 d.A.), vor dem AG Tiergarten (Urteile vom 2.2.2004 zu 5 C 489/03, vgl. Bd. I Bl. 48-50R d.A. und vom 24.11.2004 zu 8b C 279/04, vgl. Bd. I Bl. 69-70R d.A.) und vor dem LG Berlin (Urteil vom 18.4.2004 zu 9 O 471/03, vgl. Bd. I Bl. 88-92R d.A.) in Anspruch genommen worden. Nachdem der Antragsteller im vorliegenden Verfahren ursprünglich einzelne Wohnungseigentümer, nämlich die weiteren Beteiligten zu III., in Anspruch genommen hatte, hat er später das Verfahren noch erstinstanzlich diesen gegenüber zurückgenommen und seine Ansprüche ggü. der (jetzigen) Antragsgegnerin geltend gemacht.

Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Antragstellers hat das AG mit Beschl. v. 16.2.2006 - 70 II 53/05 - die Antragsgegnerin erstinstanzlich verpflichtet, den Antragsteller bezüglich seiner Zahlungsverpflichtungen aus den genannten rechtskräftigen Urteilen freizustellen. Die hiergegen eingelegte sofortige Erstbeschwerde hat das LG mit Beschl. v. 24.7.2007 - 85 T 118/06 WEG - mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet worden ist, den Antragsteller hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der jeweiligen Hauptforderung, nicht aber in Bezug auf die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und zur Tragung von Kosten aus den genannten Urteilen freizustellen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde. Drittinstanzlich geht es daher noch darum, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den Antragsteller hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der jeweiligen Hauptforderung aus den genannten Urteilen freizustellen.

Ergänzend weist der Senat hinsichtlich der vom LG nicht anerkannten Verpflichtung der Antragsgegnerin in Bezug auf Zinsen und Kosten auf Folgendes hin: Zwar ist das LG im Beschluss vom 24.7.2007 davon ausgegangen, der Antragsteller habe nicht nur klargestellt, dass sich sein Freistellungsantrag nicht auf Kosten beziehe, sondern auch, dass sich sein Freistellungsantrag nicht auf Zinsen beziehe (vgl. S. 10 des Beschlusses vom 24.7.2007), während tatsächlich der Antragsteller eine derartige Erklärung nur in Bezug auf die Kosten abgegeben hat (vgl. das Protokoll der Sitzung vor dem LG vom 25.5.2007, dort S. 3 = Bd. II Bl. 20 d.A.)...

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