Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Tätigkeiten, für die ein Umgangspfleger Vergütung verlangen kann.

2. Nicht vergütungsfähig ist eine Begleitung des Umgangs, wenn dies vom Familiengericht nicht angeordnet wurde.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 27.04.2012; Aktenzeichen 173 F 14449/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Umgangspflegerin wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 27.4.2012 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:

Zu Gunsten der Beschwerdeführerin wird eine weiter gehende Vergütung von 1005 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird ihr Antrag zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Hälfte der Gerichtskosten zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2561,50 EUR.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 31.1.2011 zur Umgangspflegerin bestellt. Mit geänderter Rechnung vom 21.10.2011 (Blatt 145) begehrt sie für 93 geleistete Stunden nebst Auslagen eine Gesamtvergütung von 3251,50 EUR. Die Rechtspflegerin des AG hat mit Beschluss vom 27.4.2012 eine Vergütung nebst Auslagen von insgesamt 690 EUR festgesetzt und dabei insgesamt 20 Stunden als vergütungsfähig angesehen. Ein weiter gehender Zeitaufwand sei nicht gerechtfertigt, da es ausgereicht hätte, sich nach dem Umgang bei den Beteiligten über den Verlauf zu erkundigen und gegebenenfalls "Verbesserungsvorschläge" zu machen.

Gegen diesen ihr am 4.5.2012 zugestellten Beschluss wendet sich die Umgangspflegerin mit ihrer am 16.5.2012 bei dem AG eingegangenen Beschwerde. Sie habe lediglich in dem Umfang Zeit in Gespräche mit den Eltern und die Teilnahme an Aktivitäten des Vaters im Zuge der Ausübung seines Umgangsrechts investiert, in dem es erforderlich gewesen sei, die Eltern wieder in die Lage zu versetzen, den Umgang zum Wohle der Kinder untereinander zu regeln und die Kinder zu entlasten. Die Mutter habe massive Vorbehalte gegen die Ausübung des Umgangsrechts durch den Vater gehabt. Im Hinblick auf diese Vorwürfe habe der Vater von ihr beobachtet werden müssen, wodurch es ihr gelungen sei, Vorbehalte der Mutter abzubauen. Als sie sich an zwei Terminen der üblichen Vorbesprechung mit dem Vater und einer Anwesenheit während des Umgangs enthalten habe, habe es sogleich wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern, insbesondere hinsichtlich der pünktlichen Ablieferung der Kinder durch den Vater gegeben.

II. Die Beschwerde ist gem. § 58 FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.

Die Vergütung des Umgangspfleger bestimmt sich gem. § 1684 Abs. 3 Satz 6 BGB i.V.m. § 277 Abs. 2 FamFG nach § 3 VBVG, sofern die Pflegschaft berufsmäßig geführt wird. Davon ist hier auszugehen, da die Beschwerdeführerin vom AG ersichtlich aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation bestellt worden ist. Zwar hat das Familiengericht nach §§ 277 Abs. 2 Satz 1 FamFG, 1836 Abs. 1 BGB die Feststellung der Berufsmäßigkeit bei der Bestellung zu treffen. Es entspricht aber der ganz überwiegenden Praxis in Berlin, die auch sonst weit verbreitet ist (vgl. z.B. Fröschle in Prütting/Helms, 2. Aufl., § 277 FamFG Rz. 27 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung), dass diese Feststellung, auch konkludent, erst im Verfahren auf Festsetzung der Vergütung getroffen wird. Da die in Berlin tätigen Verfahrensbeistände und Umgangspfleger auf diese Praxis vertrauen, ist aus Vertrauensschutzgesichtspunkten auch im vorliegenden Verfahren eine abweichende Handhabung nicht gerechtfertigt. Die Rechtspflegerin des AG hat mit dem angefochtenen Beschluss konkludent die Berufsmäßigkeit der Führung der Pflegschaft festgestellt, indem sie teilweise eine Vergütung nach § 3 VBVG zuerkannt hat.

Mit Recht hat die Rechtspflegerin dem Vergütungsantrag nicht in voller Höhe stattgegeben. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VBVG ist die Vergütung nur für die für die Führung der Pflegschaft aufgewandte und erforderliche Zeit zu gewähren. Die Beschwerdeführerin hat ihrer Abrechnung Tätigkeiten zugrunde gelegt, die für die vom AG angeordnete Umgangspflegschaft nicht erforderlich waren und daher nicht vergütungsfähig sind.

Dem Umgangspfleger obliegt die Gewährleistung des Umgangs. Anlass für die Regelung in § 1684 Abs. 3 Satz 4 BGB war die auch bereits zuvor bestehende Praxis, bei schwerwiegenden Umgangskonflikten von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, den Eltern die elterliche Sorge für den Bereich des Umgangs nach § 1666 BGB zu entziehen und dafür einen Ergänzungspfleger einzusetzen (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 16/6308, 345). Daran hat sich der Aufgabenkreis des Umgangspflegers primär zu orientieren. Ihm obliegt daher vorrangig die Gewährleistung eines Rahmens, der die Durchführung des vom Familiengericht angeordneten bzw. hier zwischen den Eltern vereinbarten Umgangs ermöglicht. Er hat daher z.B. Regelungen zwischen den Eltern zu vermitteln oder notfalls selbst zu treffen, mit welchen Modalitäten (Abholen/Bringe...

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