Leitsatz (amtlich)

Die Voreintragung des Berechtigten ist nicht gemäß § 40 GBO entbehrlich, wenn der Erbe ohne gleichzeitigen Eigentumsübergang eine Belastung des Grundstücks eintragen lassen will.

Anderes gilt, wenn nicht der Erbe, sondern ein Bevollmächtigter aufgrund einer von dem noch als Eigentümer eingetragenen Erblasser erteilten transmortalen Vollmacht über das Grundstück verfügt (Fortführung von Senat, Beschluss vom 2. August 2011, - 1 W 243/11 - FGPrax 2011, 270).

 

Normenkette

GBO §§ 39-40

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 43 TH 6448)

 

Tenor

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die eingetragene Eigentümerin des im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungseigentums ist am 29. Dezember 2019 verstorben. Sie hatte zu notarieller Urkunde vom 16. Mai 2014 (UR-Nr. X/2014 des Notars W.) ihrer Schwiegertochter B.G. umfassende Vollmacht erteilt, sie in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Die Vollmacht sollte nach Ziffer I der Urkunde nicht durch den Tod der Vollmachtgeberin erlöschen.

B.G. verkaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. Mai 2020 (UR-Nr. X/2020 des Notars W...) unter Bezugnahme auf die Vollmacht vom 16. Mai 2014 das Wohnungseigentum an den Beteiligten zu 2. Sie bewilligte die Eintragung einer Eigentumsvormerkung zugunsten des Beteiligten zu 2 und erteilte diesem die Vollmacht, das Wohnungseigentum schon vor seiner Eintragung als Eigentümer mit Grundpfandrechten zu belasten. Zu notarieller Urkunde desselben Tages (UR-Nr. X2/2020 des Notars W...) bewilligte der Beteiligte zu 2 unter Bezugnahme auf die Belastungsvollmacht die Eintragung einer Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3. Die Eigentumsvormerkung ist am 9. Juni 2020 im Grundbuch eingetragen worden. Nunmehr beantragen die Beteiligten die Eintragung der Grundschuld.

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 13. Juli 2020 darauf hingewiesen, dass vor der Eintragung der Grundschuld zunächst die Erben nach der eingetragenen Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden müssten, wofür es eines entsprechenden Antrags der Erben und des Nachweises der Erbfolge bedürfe.

Die Beteiligten sind unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des OLG Celle vom 16. August 2019 (FamRZ 2020, 131) und des OLG Stuttgart vom 2. November 2018 (Rpfleger 2019, 189) der Ansicht, die Erben müssten nicht voreingetragen werden. Ihrer Beschwerde vom 30. Juli 2020 hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Für den Vollzug der beantragten Eintragung ist die Voreintragung der Erben nicht erforderlich.

Gemäß § 39 GBO soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Die Vorschrift soll einerseits dem Grundbuchamt die Legitimationsprüfung erleichtern, andererseits den eingetragenen Berechtigten dagegen sichern, dass ungeachtet der Vermutungswirkung des § 891 BGB ein anderer unbefugt über das Recht verfügt (Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Band 5, S. 163). Gemäß § 40 Abs. 1 GBO ist § 39 GBO nicht anzuwenden, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder die Aufhebung des Rechts eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlasspflegers begründet wird. Das gleiche gilt gemäß § 40 Abs. 2 GBO für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers, sofern die Bewilligung gegen den Erben wirksam ist.

1. Zutreffend ist das Grundbuchamt davon ausgegangen, dass keiner der gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle des § 40 GBO erfüllt ist. § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO ist auch nicht deshalb entsprechend anwendbar, weil es sich bei der einzutragenden Grundschuld augenscheinlich um eine Finanzierungsgrundschuld handelt. Allerdings ist nach nahezu allgemeiner Ansicht eine Voreintragung der Erben analog § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO entbehrlich, wenn statt der Übertragung des Rechts zunächst nur eine Eigentumsvormerkung eingetragen werden soll (BGH NJW 2018, 3310; Senat, JFG 7, 328, FGPrax 2011, 270; Böttcher in Meikel, GBO, 11. Aufl., § 40 Rdn. 26 Demharter, GBO, 31. Aufl., § 40 Rdn. 17; Zeiser in Hügel, GBO, 4. Aufl., § 40 Rdn. 20; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rdn. 142c). Diese Analogie rechtfertigt sich daraus, dass die Vormerkung allein dazu dient, die endgültige Übertragung vorzubereiten und zu sichern, und sie in ihrem rechtlichen Bestand von dem Bestand des gesicherten Übertragungsanspruchs abhängig ist (Senat, FGPrax 2011, 270). Der historische Gesetzgeber hat befunden, im Falle der Übertragung oder Aufhebung des ererbten Rechts sei die Voreintragung der Erben weder zur Vereinfachung der Buchführung noch durch die Interessen Dritter geboten, weshalb die dem Erben entstehenden Eintragungskosten ohne Zweck seien (Hahn/Mugdan a.a.O. S. 164 zum damaligen § 39 GBO). Dies ist bei der Eigentumsv...

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