Leitsatz (amtlich)

1. Der Geschäftswert für das Verfahren zur Ergänzung des Aufsichtsrats nach § 104 Abs. 2, 3 AktG bestimmt sich nach § 30 Abs. 1, begrenzt durch den Höchstwert des § 30 Abs. 2 S. 2 KostO.

2. Dadurch, dass das Registergericht in langjähriger Praxis den Verfahrenswert nur auf den Regelwert gem. § 30 Abs. 2 S. 1 KostO festgesetzt hat, ist keine Selbstbindung oder Ermessensreduzierung eingetreten.

3. Die Gesellschaftssteuerrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/335/EWG i.d.F. der Richtlinie vom 10.6.1985, 85/303/EWG) findet keine Anwendung.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 27.10.2011; Aktenzeichen 81 HRB 70200 B)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 21.11.2011 gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 27.10.2011 zurückgewiesen.

2. Der Geschäftswert wird auf 100.000,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Beteiligte zu 1. beantragte am 21.10.2011 beim AG Charlottenburg, den Beteiligten zu 2. als Arbeitnehmervertreter in ihren Aufsichtsrat zu bestellen. Das Registergericht nahm mit Beschluss vom 27.10.2011 die beantragte Bestellung vor und setzte zugleich den Geschäftswert der Bestellung auf 100.000,- EUR fest. Der Beschluss wurde an die Beteiligte zu 1. am 28.10.2011 formlos versandt und dem Beteiligten zu 2. am 5.11.2011 zugestellt.

Mit Schreiben vom 21.11.2011 legte die Beteiligte zu 1. Beschwerde gegen "die Wertfestsetzung" ein und beantragte, den Geschäftswert auf 3.000,- festzusetzen. Der vom Registergericht angenommene Geschäftswert sei völlig überhöht und widerspreche der bislang üblichen Gerichtspraxis des AG Charlottenburg, das in der Vergangenheit für diese Eintragung stets einen Verfahrenswert von 3.000,- EUR angenommen habe. Ausserdem verstoße die angefochtene Entscheidung gegen EU-Recht.

Mit Schreiben vom 12.3.2012 hat das AG Charlottenburg dargelegt, dass bislang routinemäßig der Geschäftswert auf 3.000,- EUR festgesetzt worden sei, seit geraumer Zeit aber eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Praxis stattfinde. Im Wege einer Schätzung entspräche es billigem Ermessen, den Geschäftswert auf 100.000,- EUR festzusetzen, was 2 % des Stammkapitals i.H.v. 5.000.000,- EUR der Beteiligten zu 1. entspreche.

Nachdem die Beteiligte zu 1. sich dagegen verwahrte hat das AG Charlottenburg der Beschwerde mit Beschluss vom 26.3.2012 nicht abgeholfen und sie dem KG zur Entscheidung vorgelegt.

B. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat keinen Erfolg.

I. Die sich gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes richtende Beschwerde ist zulässig. Sie ist gem. § 31 Abs. 3 S. 1 KostO statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- EUR.

Gemäß § 31 Abs. 3 S. 5 KostO richtet sich das weitere Verfahren nach § 14 Abs. 4, 5, 6 S. 1, 2 und 4 sowie Abs. 7 KostO. Gemäß § 14 Abs. 4 S. 2 KostO i.V.m. § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b) ist das KG zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die angefochtene Entscheidung des AG Charlottenburg berufen und eben dort gem. § 14 Abs. 7 S. 1 2. HS KostO der Einzelrichter, nachdem das Registergericht durch eine Einzelrichterin entschieden hat und die Voraussetzungen einer Übertragung der Angelegenheit auf den Senat gem. § 14 Abs. 7 S. 2 KostO nicht vorliegen. Die hier zu klärende Rechtsfrage der Verfahrenswertbestimmung ist gesetzlich eindeutig geregelt und durch entsprechende obergerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl. z.B. BayObLG, Beschl. v. 29.3.2000 - 3Z BR 11/00; BayObLG, Beschl. v. 9.7.2004 - 3Z BR 099/04; BayObLG, Beschl. v. 20.8.1997 - 3Z BR 193/97). Der Umstand, dass das AG Charlottenburg dies bislang in ständiger Rechtsprechung anders gesehen hat, macht die Sache weder in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besonders schwierig, noch erlangt damit die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.

Die Beschwerde ist in der Frist des § 31 Abs. 3 S. 3 i.V.m. Abs. 1 S. 3 KostO und in der Form des § 31 Abs. 3 S. 5 i.V.m. § 14 Abs. 6 S. 1 Alt. 1 KostO eingelegt und begründet worden. Die Beteiligte zu 1. besitzt auch die notwendige Beschwerdeberechtigung, da sie gem. § 2 Nr. 1 KostO die Kostenschuldnerin des auf der Grundlage der angefochtenen Wertfestsetzung ermittelten Rechnungsbetrages ist.

II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

1. Gemäß § 121 Abs. 1 KostO wird das Doppelte der vollen Gebühr für die Erledigung u.a. im GmbHG den Gerichten zugewiesenen Angelegenheiten erhoben. Dem Registergericht zugewiesen ist u.a. gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) i.V.m. § 104 Abs. 2, 3 AktG die durch den angefochtenen Beschluss erfolgte Ergänzung des Aufsichtsrates, um die nötige Zahl von Mitgliedern zu erreichen. Das damit vorliegende unternehmensrechtliche Verfahren gem. § 375 Nr. 3 FamFG zählt nicht zu den klassischen Handelsregistersachen gem. § 374 FamFG (vgl. Darstellung bei Keidel/Heinemann, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 374 Rz. 9 ff.). Es war bis zum In-Kraft-Treten des FamFG im Jahr 2009 in § 145 FGG geregelt und unterfiel damit - wie auch nach In-Kraft-Treten des FamFG im Jahr 2009 -...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge