Leitsatz (amtlich)

1. Die gerichtliche Bestellung von Nachtragsliquidatoren für eine nach Beendigung gelöschte Personenhandelsgesellschaft entsprechend § 273 Abs. 4 AktG kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, die jedenfalls bei einer aus drei Gesellschaftern bestehenden OHG nicht gegeben sind.

2. Die Abwicklung hat vielmehr durch die bisherigen Gesellschafter (gemeinschaftlich) bzw. durch ihre Erben zu erfolgen.

 

Normenkette

AktG § 273 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen HRA 69466)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 03. April 2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 19. März 2018, Az. HRA 69466, wird zurückgewiesen. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ein Antrag der Beteiligten zu 2) vom 01. November 2016 und - insoweit gleichlautend - vom 09. Februar 2018 auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragliquidators für die Beteiligte zu 1).

Die Beteiligte zu 1) wurde nach dem Tod des einzigen Kommanditisten B K von der O W K, Kommanditgesellschaft in O, zum 01. Mai 1932 in eine Offene Handelsgesellschaft (OW oHG) mit den Gesellschaftern H K, P H und K N umgewandelt. Die Gesellschaft wurde nach Anmeldung durch alle Mitgesellschafter im Jahre 1936 aufgelöst und die Gesellschaft aus dem Register gelöscht.

Die Beteiligte zu 1) ist unter "O W K, Kommanditgesellschaft in O" als Eigentümerin des Flurstücks 3137/207, eingetragen im Grundbuch von O, Blatt 2440, aufgeführt. Das 60 qm große Flurstück ist gefangenes Grundstück der dieses umschließenden Flurstücke 207/2 und 207/3, deren Eigentümerin die Beteiligte zu 2) seit dem Jahr 2015 ist.

Mit Beschluss vom 19. März 2018, der Beteiligten zu 2) am 27. März 2018 zugestellt, hat das Amtsgericht Charlottenburg den Antrag der Beteiligten zu 2) vom 1. November 2016 und - insoweit gleichlautend - vom 09. Februar 2018 kostenpflichtig zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 2) mit ihrer Beschwerde vom 03. April 2018, bei Gericht am 04. April 2018 eingegangen. Das Amtsgericht Charlottenburg hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft gem. § 375 Nr. 3, 58 ff. FamFG und innerhalb der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG beim Amtsgericht eingelegt worden. Die Beteiligte zu 2) ist durch den ihren Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators zurückweisenden Beschluss unmittelbar beschwert im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG.

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Der Beteiligten zu 2) steht kein Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators für die Beteiligte zu 1) zu.

a) Es gibt für Personenhandelsgesellschaften keinen gesetzlich normierten Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators; die Vertretungsbefugnis der ursprünglichen Liquidatoren lebt im Falle von weiterem Abwicklungsbedarf - vorliegend durch das Vorhandensein von Vermögen in Form des Grundstücks - wieder auf gem. §§ 146 ff., 157 i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB. Liquidatoren der Beteiligten zu 1) sind damit grundsätzlich die Erben der drei letzten Gesellschafter gem. § 145 Abs. 1 HGB geworden.

b) Der Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Nachtragsliquidators ergibt sich auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG. Danach hat das Gericht bei Aktiengesellschaften auf Antrag eines Beteiligten die bisherigen Abwickler neu zu bestellen oder andere Abwickler zu berufen, wenn nach Löschung der Gesellschaft noch weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind.

aa) Einer Ansicht zufolge ist § 273 Abs. 4 AktG analog auf alle Personenhandelsgesellschaften anzuwenden. Eine solche generelle Analogie wird gefordert im Hinblick darauf, dass die Nachtragsliquidation nach der vollständigen Abwicklung der Gesellschaft stattfinde. Es bestünden so die Gesellschaftsorgane wie etwa der Aufsichtsrat nach Liquidation nicht mehr oder seien zumindest nicht mehr handlungsfähig. Daher bestehe die Gefahr, dass der ursprüngliche Liquidator im eigenen Interesse tätig werde, denn die ursprüngliche Liquidation sei nicht hinreichend sorgfältig durchgeführt worden, was die erforderliche Abwicklungsmaßnahme nach Schluss der Liquidation zeige. Ferner sehe § 146 Abs. 2 HGB eine gerichtliche Bestellung eines Liquidators vor, dies jedoch nur für Beteiligte der Gesellschaft. Eine solche Möglichkeit müsse daher auch Dritten eingeräumt werden (Riehm, Gerichtliche Bestellung des Nachtragsliquidators - ein Modell für alle Handelsgesellschaften, NZG 2003, 1054 (1055); Neumann, Die Bestellung eines Nachtragsliquidators für Personenhandelsgesellschaften, NZG 2015, 1018 (1019f.)).

bb) Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Eine analoge Anwendung des § 273 Abs. 4 AktG scheidet mangels struktureller Vergleichbarkeit der oHG im Allgemeinen und anhand der konkreten Ausgestaltung der Gesellschaft aus. Der vorliegende Sachverhalt ist...

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