Leitsatz (amtlich)

1. Bedarf ein Vergleich der Zustimmung aller Wohnungseigentümer und signalisiert nur ein Eigentümer in der Versammlung von vornherein seine Ablehnung, widerspricht der Mehrheitsbeschluss über die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit Vergleichsverhandlungen ordnungsmäßiger Verwaltung.

2. Es widerspricht Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Eigentümergemeinschaft beschließt, einem Verwaltungsbeirat dessen gerichtliche und außergerichtliche Kosten zu erstatten, die ihm entstanden sind, nachdem er durch gegen zwei Miteigentümer gerichtete Aushänge in der Anlage seine Kompetenzen überschritten hat.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 18.06.2002; Aktenzeichen 85 T 474/01 WEG)

AG Berlin-Neukölln (Beschluss vom 18.10.2001; Aktenzeichen 70-II 23/01 WEG)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zu 1), 2) und 3) wird der angefochtene Beschluss teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die Erstbeschwerde der Antragsteller zu 1), 2) und 3) wird unter Zurückweisung der Erstbeschwerde der Beteiligten zu 2) der Beschluss des AG Neukölln vom 18.10.2001 - 70 23/01 WEG - teilweise geändert:

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 16.1.2001 zu TOP 5 Nr. 2a, TOP 4 Nr. 3a und TOP 8 Nr. 5 werden für unwirksam erklärt.

Die Gerichtskosten aller Instanzen haben die Beteiligten zu 2) zu tragen. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.

Der Geschäftswert wird für die erste und zweite Instanz auf 6.061,80 Euro und für die dritte Instanz auf 4.297,84 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten bilden die Eigentümergemeinschaft der im Rubrum genannten Wohnanlage. Diese liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Gropiuspassagen, einem Einkaufszentrum, dessen Erweiterung bereits seit 1994 geplant wird. Zwischen der Eigentümergemeinschaft, vertreten durch den Verwalter, und der H. I. GmbH (im Folgenden GmbH) existiert ein Nachbarschaftsvertrag. Die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft erwogen, dass jeder Miteigentümer persönlich, soweit sein Sondereigentum betroffen ist, durch nachbarrechtliche Zustimmungserklärung gegen Geldleistungen der GmbH auf eine Anfechtung einer Baugenehmigung zugunsten der Erweiterung verzichten könnte. Die Antragsteller waren gegen einen solches Verzicht.

In der Eigentümerversammlung vom 16.1.2001 beschlossen die Wohnungseigentümer u.a.:

zu TOP 5 Nr. 2a

Rechtsanwalt ... mit der Verhandlung eines außergerichtlichen Vergleichs mit der GmbH vorbehaltlich der Genehmigung durch die Wohnungseigentümerversammlung (einfache Mehrheit) zu beauftragen, sofern ein Beschluss über die Finanzierung gefasst wird,

zu TOP 4 Nr. 3a

die Kosten des Rechtsanwalts ... auf Grund der Beauftragung zur Verhandlung des Vergleichs aus der Gerichtskostenrücklage zu nehmen und

zu TOP 8 Nr. 5

den Mitgliedern des Verwaltungsbeirats im aktuellen Rechtsstreit der Antragsteller zu 1), 2) und 3) gegen die Verwaltungsbeiräte die notwendigen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu erstatten; die Kosten trägt die Gemeinschaft mit Ausnahme der Antragsteller zu 1), 2) und 3), da der Verwaltungsbeirat gem. seiner Informationspflicht die Interessen der Eigentümergemeinschaft vertreten habe (Hausaushang vom 11.10.2000).

Der Verwaltungsbeirat hatte ein Rundschreiben vom 11.10.2000 in den Treppenhäusern der Wohnanlage ausgehängt, welches u.a. das Abstimmungsverhalten und die rechtlichen Schritte der Antragsteller zu 1), 2) und 3) in der Frage der Sanierung der Grünanlage kritisierte.

Das AG hat mit Beschluss vom 18.10.2001 den Beschluss Nr. 5 zu TOP 8 aufgehoben und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1), 2) und 3) unter teilweiser Änderung des Beschlusses des AG den Beschluss zu TOP 5 Nr. 2a insoweit für unwirksam erklärt, als darin beschlossen worden ist, sich die Genehmigung des ausgehandelten Vergleichs durch Beschluss mit einfacher Mehrheit vorzubehalten, und den weiter gehenden Antrag zurückgewiesen.

Die Antragsteller zu 1), 2) und 3) rügen mit ihrer sofortigen weiteren Beschwerde:

Was TOP 5 Nr. 2a und TOP 4 Nr. 3a betreffe, sei ihre Beschwer durch einen etwaigen Honorarverzicht der Rechtsanwälte nicht berührt, weil es auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung ankomme. Es entspreche nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, einen Rechtsanwalt mit Vergleichsverhandlungen zu beauftragen, die sich im Wesentlichen auf die Höhe einer Ausgleichszahlung beschränkten, wenn bereits mit Sicherheit klar gewesen sei, dass diesem Vergleich weder der Antragsteller zu 1) 1. noch sie zustimmen würden, weil sie auf der Durchsetzung des Abwehranspruchs ggü. der Nachbarbebauung bestanden hätten und sich diesen nicht hätten abkaufen lassen. Deshalb sei es auch nicht sachgerecht, die verursachten Kosten umzulegen.

Von dem Beschluss zu TOP 8 Nr. 5 seien sie schon deshalb betroffen, weil er in die Waffengleichheit des Parallelverfahrens eingreife. Außerdem könnten sie verlangen, dass Maßnahmen rückgängig gemacht werden...

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