Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 19.11.1991; Aktenzeichen 85 T 25/91)

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 11.01.1991; Aktenzeichen 16 b/70 II 170/90)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) wird der Beschluß des Landgerichts Berlin vom 19. November 1991 – 85 T 25/91 – teilweise geändert und – wie folgt – neu gefaßt:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller zu 1) und 2) wird der Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 11. Januar 1991 – 16 b/70 II 170/90 – zu III seines Tenors dahin geändert, daß der in der Versammlung vom 5. April 1990 zu TOP 8 gefaßte Wohnungseigentümerbeschluß ungültig ist.

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zu 1) – 3) wird der zitierte Beschluß des Landgerichts Berlin weiter dahin geändert, daß die Antragsgegner auf den Antrag dieser Beteiligten verpflichtet werden, den Mauerdurchbruch zwischen den Wohnungen Nr. 1… und 1… wieder zu verschließen.

Die Gerichtskosten des Erst- und Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragsgegner zu tragen; die Gerichtskosten der ersten Instanz haben je zu 1/2 die Verwalterin und die Wohnungseigentümer zu Lasten des Verwaltungsvermögens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in keiner Instanz zu erstatten.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 15.000,– DM.

 

Gründe

Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat in der Versammlung vom 5. April 1990 zu TOP 8 mit Mehrheit beschlossen, den Antragsgegnern zu genehmigen, die ihnen gehörenden Wohnungen Nr. 1… und 1… mit einem Mauerdurchbruch im Bereich ihres Sondereigentums zu verbinden. Die Antragsgegner haben den Durchbruch von der Diele der Wohnung Nr. 1… zum Bad der Wohnung Nr. 1… durchführen lassen. – Die Antragsteller zu 1) und 2) haben mit ihrem Antrag vom 27. April 1990 den Wohnungseigentümerbeschluß rechtzeitig angefochten. Der Antragsteller zu 3) hat sich dem Verfahren mit dem am 3. September 1990 bei Gericht eingegangenen Antrag angeschlossen. Das Amtsgericht hat mit seinem Beschluß vom 11. Januar 1991 den Anfechtungsantrag der Antragsteller zu 1) und 2) zurückgewiesen. Das Landgericht hat mit seinem Beschluß vom 19. November 1991 die dagegen gerichtete Erstbeschwerde der Antragsteller zu 1) bis 3) und deren im Erstbeschwerdeverfahren erstmals verfolgten Wiederherstellungsantrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richten sich die sofortigen weiteren Beschwerden der Antragsteller zu 1) bis 3), mit denen sie ihre Erstbeschwerdeanträge weiter verfolgen.

An der Zulässigkeit der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerden bestehen keine Zweifel. Das Rechtsmittel der Antragsteller zu 1) und 2) ist auch begründet, das des Antragstellers zu 3) jedoch nur teilweise.

I. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1) bis 2):

Das Rechtsmittel dieser beiden Beteiligten ist begründet.

1. Zum Anfechtungsantrag:

Die Entscheidung des Landgerichts hierzu beruht auf einem Rechtsfehler.

Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht zwar ausgeführt, daß der Mauerdurchbruch eine bauliche Veränderung darstellt, die Vorschrift des § 7 Abs. 5 der Teilungserklärung hierauf jedoch nicht anzuwenden ist; denn mit der Genehmigung des Mauerdurchbruchs hat die Wohnungseigentümergemeinschaft eine ordnungsmäßige Bewirtschaftung des Gemeinschaftseigentums weder beabsichtigt, noch ist eine solche tatsächlich erfolgt. Der Mauerdurchbruch dient vielmehr allein dem Vorteil der Antragsgegner.

Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht jedoch den Begriff der Rechtsbeeinträchtigung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG verkannt. Hierunter ist nämlich jede konkrete und objektive, nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen (BGH NJW 1992, 978 = WE 1992, 105). Entscheidend ist, ob nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in entsprechender Lage sich verständlicherweise als beeinträchtigt fühlen kann (BGH a.a.O.).

Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne kann bei dem Durchbruch einer tragenden Wand, die zwei Eigentumswohnungen voneinander trennt, nicht verneint werden (BayObLG WE 1992, 171). Dieser Fall ist – entgegen der von den Antragsgegnern vertretenen Ansicht – dem von dem Senat entschiedenen Fall des Deckendurchbruchs vergleichbar (Senatsbeschluß vom 10.1.90 – 24 W 6746/89 – in NJW-RR 1990, 334 = WE 1990, 9). Eine Beeinträchtigung ist in solchem Fall in aller Regel schon deshalb zu bejahen, weil ein rechtlich ordnungswidriger Zustand geschaffen wird. Denn der Wohnungseigentümer hebt nachträglich die nach § 3 Abs. 2 WEG erforderliche Abgeschlossenheit der beiden Eigentumswohnungen auf, ohne die rechtliche Voraussetzung zu schaffen, beide Wohnungen auch rechtlich zu einer Sondereigentumseinheit zu verbinden. Es wird also durch die Verbindung der beiden Eigentumswohnungen durch einen Mauerdurchbruch der ordnungswidrige Zustand nicht abgeschlossenen Wohnungseigentums geschaffen. – Die Zusammenlegung der beiden Wohnungen durch den Mauerdurchbruch schafft außerdem die Möglichkeit einer intensiveren Nutzung der so entstandenen großen Wohnung. Allein das reicht als nicht ganz ge...

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