Leitsatz (amtlich)

1. Der rechtzeitige Eingang einer in elektronischer Form eingelegten Beschwerde unter Angabe des zutreffenden Aktenzeichens auf dem Server des Handelsregisters wahrt auch ohne Zuordnung zur entsprechenden elektronischen Akte die Beschwerdefrist.

2. Die Gründung einer Ein-Personen-GmbH durch einen vollmachtlosen Vertreter ist als einseitige nicht empfangsbedürftige Willenserklärung nach § 180 Satz 1 BGB unheilbar nichtig.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 27.04.2011; Aktenzeichen 99 AR 1365/11 B)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten vom 27.5.2011 gegen den Beschluss des AG Charlottenburg vom 27.4.2011 wird zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Geschäftsführer der Beteiligten meldete diese mit Schreiben vom 26.1.2011 zur Eintragung in das Handelsregister an. Mit Beschluss vom 18.2.2011 hatte das AG Charlottenburg die Beteiligte darauf hingewiesen, dass es ein Eintragungshindernis in dem Umstand sehe, dass die Beteiligte als Ein-Personen-GmbH durch einen vollmachtlosen Vertreter gegründet worden sei, was aber nach § 180 BGB unzulässig sei. Der Aufforderung, die Anmeldung zurückzunehmen, folgte die Beteiligte nicht, sondern trug mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 10.3.2011 ihren gegenteiligen Standpunkt vor. Schließlich wies das Registergericht mit Beschluss vom 27.4.2011 die Anmeldung zurück. Es liege hier ein Fall des § 180 Abs. 1 BGB vor, da der Gründungsakt einer GmbH ein streng einseitiges Rechtsgeschäft sei. Eine Vertretung ohne Vertretungsmacht und eine nachfolgende Genehmigung seien daher ausgeschlossen.

Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 27.4.2011 in elektronischer Form zugestellten Beschluss hat die Beteiligte mit am 27.5.2011 beim Registergericht eingegangenem elektronischen Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich darauf, dass die Gründung einer Ein-Personen-GmbH eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung und diese der Genehmigung durch den vollmachtlos vertretenen Gründungsgesellschafter zugänglich sei. Insbesondere bestehe kein über die allgemeinen Haftungsregeln hinausgehendes Rechtsschutzbedürfnis. Die Erklärung des Gesellschafters über die von ihm übernommene Einlage sei dem Geschäftsführer gegenüber abzugeben und damit empfangsbedürftig, so dass die Ausdehnung der Eigenschaft der ersten drei zwingenden Anmeldungsvoraussetzungen (Firma, Sitz und Gegenstand) nicht auch auf diese Vierte erfolgen dürfe, sondern umgekehrt durch den Charakter der wesentlichen vierten Voraussetzung die gesamte Anmeldung als empfangsbedürftige Erklärung anzusehen sei. Der Rechtsverkehr sei während des Schwebezustandes bis zur Genehmigung der Erklärung des vollmachtlosen Vertreters durch den Gesellschafter hinreichend durch § 179 BGB geschützt.

Das AG Charlottenburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.6.2011 nicht abgeholfen.

B. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

I) Die Beschwerde ist zwar zulässig. Sie ist in der Frist des § 63 FamFG eingelegt worden. Die Beschwerde ist am 27.5.2011 - und damit am letzten Tag der Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG - in elektronischer Form auf dem Server des ITDZ eingegangen. Zwar erfolgte von dort die Auflösung zur elektronischen Akte beim Registergericht erst am 31.5.2011 und damit nach Fristablauf. Da dieser Ablauf jedoch vom Notar nicht beeinflusst werden kann, hat er mit der fristgerechten Absendung der Beschwerde in elektronischer Form an das Registergericht alles in seiner Macht Stehende getan. Die Beschwerde ist auch gem. § 64 FamFG formgerecht begründet worden.

Die Beteiligte besitzt auch die notwendige Beschwerdeberechtigung i.S.d. § 59 FamFG. Gegen die Zurückweisung der Anmeldung steht der GmbH die Beschwerde zu (BayObLG NJW-RR 1987, 1177; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl. 2009, § 59 Rz. 33).

II) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Bei der Beurkundung vom 26.1.2011 handelte es sich nicht um irgendeine Gesellschaftererklärung, sondern um die Schaffung des Gesellschaftsvertrages einer GmbH. Da alleinige Gesellschafterin die Firma G ...mit Sitz in Istanbul/Türkei, war somit die Errichtung einer sog. Ein-Personen-GmbH zu beurkunden. Die Beurkundung hatte unter Beachtung der Bestimmungen des GmbH-Gesetzes und des BGB zu erfolgen (vgl. OLG Schleswig, Beschl. v. 15.4.1993 - 9 W 26/93, zitiert nach juris, Rz. 15).

Denn die Beteiligte wurde ausdrücklich als "Gesellschaft mit beschränkte Haftung" mit dem Sitz in Berlin gegründet. In § 4 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages wurde ausdrücklich bestimmt, dass einzelnen Geschäftsführern durch Beschluss der Gesellschafterver-sammlung Einzelvertretungsbefugnis sowie Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden könne. Damit aber handelt es sich ausdrücklich um eine GmbH, auf die deutsches Recht Anwendung finden sollte und findet.

Die am 26.1.2011 notariell beurkundete GmbH-Gründung war unwirksam. Der Erklärende Ö.Y.handelte näml...

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